Bochum. Wegen extremem Personalmangel hat eine Bochumer Kita Eltern gebeten, Kinder nicht zu bringen. Es handelt sich dabei nicht um einen Einzelfall.

Wegen Personalmangel wurden die Eltern der Bochumer Kita St. Johannes in Wiemelhausen gebeten, ihre Kinder nicht zu bringen. „Es sind nur noch vier Erzieher da“, hieß es in einer E-Mail des Elternrates. Der Appell der Kita: Kinder sollen wenn möglich zuhause bleiben. Es handelt sich dabei nicht um einen Einzelfall.

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„Es ist unglaublich: Erst Schließungen durch Corona und nun wegen krankheitsbedingtem Personalmangel. Frühkindliche Bildung und Entlastung der Eltern: Wo bitte löst die Politik hier ihr Versprechen ein?“, fragt eine Mutter, die sich an unsere Redaktion gewandt hat.

Personalmangel: Kita und Elternrat bitten darum, dass Kinder zuhause bleiben

Lina Strafer, Sprecherin des Trägers Kita Zweckverband, bestätigt den Appell von Kita und Elternrat: „Gemeinsam wurde beschlossen, dass alle Familien gebeten werden, zu prüfen, ob sie für den Freitag eine alternative Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder finden können.“ Sie macht aber auch deutlich: Alle Kinder haben grundsätzlich die Möglichkeit, das Betreuungsangebot der Einrichtung regulär wahrzunehmen, die Kita war regulär geöffnet.

„Aufgrund des krankheitsbedingt hohen Personalmangels ist das Kita-Team vertrauensvoll mit dem Elternbeirat in den Austausch gegangen, um über diese Ausnahmesituation zu beraten“, erklärt Strafer weiter. „Gemeinsam wurde beschlossen, dass alle Familien gebeten werden, zu prüfen, ob sie für den Freitag eine alternative Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder finden können.“ Im Mittelpunkt der Überlegungen hätten zu jeder Zeit die Kinder gestanden.

Auch andere Träger sind betroffen

Der Kita Zweckverband ist nicht allein betroffen. „Angesichts der aktuellen Krankheitswelle (...) kommt es auch in unseren Kitas zu personellen Engpässen“, erklärt Hannah Praetorius für die evangelischen Kitas in Bochum. Je nach Situation werden dann verschiedene Maßnahmen ergriffen.

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Teilweise würden sich die personellen Ausfälle und die Anzahl kranker Kinder, die nicht in die Einrichtung kommen, ausgleichen. „Ist das nicht der Fall, kann es beispielsweise zu Stundenreduzierungen kommen oder zu einer Reduzierung der Anzahl der zu betreuenden Kinder“, so Praetorius weiter. Möglich seien Gruppenschließungen oder die Abfrage innerhalb der Einrichtung, ob Eltern ihre Kinder für eine gewisse Zeit zuhause betreuen können.

Rund 80 freie Stellen in Bochums 190 Kitas

Wie hoch in den Bochumer Kindertageseinrichtungen der aktuelle Fachkräftemangel derzeit ist, kann von Seiten des Jugendamtes nicht genau beziffert werden, da diese Daten an keiner Stelle erhoben werden.

Derzeit gibt es nach einer Schätzung des Fachamtes rund 80 freie Stellen in den rund 190 Bochumer Kitas. Hierbei handelt es sich sowohl um Vollzeit als auch Teilzeitstellen. Genauere Angaben liegen dem Jugendamt hierzu trägerübergreifend nicht vor

Praetorius betont: „Diese Maßnahmen erfolgen immer aus einer Notwendigkeit heraus, nämlich krankheitsbedingte personelle Ausfälle ausgleichen zu müssen, damit die Aufsichtspflichten eingehalten werden können.“

Personalmangel macht Kitas zu schaffen

Personalmangel in Bochums Kitas ist schon länger ein großes Problem. Die neugebaute Kita-Einrichtung an der Neuhofstraße in Weitmar konnte Ende 2020 nur drei von fünf Gruppen öffnen, weil Erzieherinnen und Erzieher fehlten. Unter anderem in der Kita Spem in Höntrop mussten in den Sommerferien zeitweise die Öffnungszeiten reduziert werden.

Derzeit und auch in den nächsten Jahren fehlen im Stadtgebiet mehr als tausend Kita-Plätze, Besserung ist nur langsam in Sicht. Zum fehlenden Personal kommt auch die steigende Zahl an Kindern: Inzwischen leben laut Stadt knapp 9650 Kinder unter drei Jahren in Bochum – fast 1200 Kinder mehr als noch im Dezember 2015.

In Bochum fehlen mehr als tausend Kita-Plätze. Der Hauptgrund: Personalmangel.
In Bochum fehlen mehr als tausend Kita-Plätze. Der Hauptgrund: Personalmangel. © picture alliance/dpa | Philipp Schulze

Nach einem Kita-Gipfel im Februar dieses Jahres hat das Jugendamt gemeinsam mit anderen Kita-Trägern die „Arbeitsgruppe Personal“ gegründet. Das Ziel: Dem Mangel entgegen wirken und eine trägerübergreifende, zukunftssichere Personalbeschaffung zu erwirken. Um krankheitsbedingte Ausfälle zu kompensieren, gibt es einen Springerpool, der noch erweitert werden soll.