Bochum. Was hat der glitzernde Eurovision Song Contest mit einer unscheinbaren Gaststätte in Gerthe zu tun? Antworten gibt’s am „ESC-Stammtisch Bochum“.
Dutzende Fahnen und Flaggen schmücken den Saal der Gaststätte „Kalinka“ am Castroper Hellweg. Mittendrin mit der Startnummer 1: Milan Clemens, der trotz überschaubarer Sangeskünste und starker Erkältung sein Bestes gibt und später zum Sieger gewählt wird. Spaß macht’s Milan und seinen Mitstreitern auch ohne Punkte und Pokale, hier in Gerthe, am „ESC-Stammtisch Bochum“.
Der Eurovision Song Contest (kurz: ESC) hat Millionen Fans. Andreas von Reth ist einer der größten. Dabei geht die Leidenschaft des Vertriebsmitarbeiters aus Holzwickede weit über den kontinentalen Lieder-Wettstreit hinaus. „Uns eint nicht nur die Begeisterung für den ESC, sondern die Liebe zur Musik – in all ihren Spielarten“, sagt der 50-Jährige.
ESC-Liebhaber kommen aus der gesamten Region nach Bochum
Vor sechs Jahren hat er den ESC-Stammtisch gegründet. Der trägt zwar Bochum im Namen. „Aber wir kommen aus der gesamten Region, haben sogar Mitglieder in Österreich und Ungarn“, erzählt Andreas von Reth. Warum also Bochum? „Weil die Stadt so zentral liegt. Und weil wir uns im ,Kalinka’ (früher: Katholisches Vereinshaus) richtig wohl fühlen.“
An jedem zweiten Samstag im Monat kommen die ESC-Enthusiasten in Gerthe zusammen. Von Anfang 20 bis weit über 60. Alle sind willkommen. Offen auch und gerade für die queere Bewegung. Eine wunderbar bunte Mischung, die niemanden ausgrenzt, alle einbindet, ganz so, wie es der ESC Jahr für Jahr mehr gesellschaftlich und musikalisch vorlebt.
Die „Nacht in Bochum“ ist der jährliche Höhepunkt
Stoff für angeregte Diskussion ist bei den Treffen reichlich geboten. Jeder Abend hat ein Programm. In Quizrunden stellen die bis zu 40 Teilnehmer ihr Wissen über den einstigen Grand Prix Eurovision de la Chanson auf die Probe. Sie schicken selbst ausgesuchte Musikvideos ins Rennen – ESC-gerecht mit eigenen Trailern.
Höhepunkt ist die „Nacht in Bochum“, die im Oktober zelebriert wird. Dann ist im „Kalinka“ ein Rollenwechsel zu bestaunen. Einige Mutige aus der Stammtisch-Runde werden von Konsumenten zu Künstlern und tragen Songs aus der ESC-Geschichte vor. Dass dabei mitunter nicht jeder Ton sitzt: komplett egal! Was zählt, ist die Freude am Singen. Der Applaus ist in jedem Fall gewiss.
Preis ist nach der Sängerin Joy Fleming benannt
Drei Männer (die Erkältungswelle sorgte für einige Absagen) wagten sich am vergangenen Samstag ans Mikro: Milan mit einer Norwegen-Nummer, Klaus „Witti“ Wittlich mit einem finnischen ESC-Beitrag und Michal Perlinski, der hier als Sprachgenie gilt, mit „etwas Serbischem“.
Online-Quiz auf der Internetseite
Der ESC-Stammtisch Bochum wartet mit einer umfangreichen Internet-Seite auf.Auf www.der-esc-stammtisch.de kann man u.a. bei einem Online-Quiz sein Musikwissen testen.Hier gibt es auch ausführliche Informationen über alle Aktivitäten. Neue Mitglieder sind stets willkommen.
Der „Joy Contest“, benannt nach der unvergessenen Grand-Prix-Interpretin Joy Fleming, wird stilgerecht aufgezogen. Jeder Besucher gibt als Juror per Stimmzettel seine Punkte ab. In der anschließenden Finalrunde wird erneut gevotet. „Bochum, twelve points.“ Auf den Sieger wartet ein schmucker Pokal.
Gesangstalente sind außer Konkurrenz am Start
Anschauungsunterricht erhalten die „Joy“-Starter regelmäßig von jungen Talenten, die Andreas von Reth außer Konkurrenz einlädt. Am Samstag waren es Florian Alexander Kurz („The Voice of Germany“) und die 19-jährige Popsängerin Marie aus Gelsenkirchen, die die „Nacht in Bochum“ bereicherten.
Letzte Frage an den Stammtisch-Koordinator: Was machen Sie und Ihre ESC-Freundinnen und -Freunde eigentlich zur Hoch-Zeit des Jahres, wenn der „echte“ Song-Contest stattfindet? „Die meisten sind dann gar nicht da“, sagt Andreas von Reth. „Wenn’s irgendwie möglich ist, sind wir in der Festival-Woche immer vor Ort.“ 2022 in Turin.