Bochum-Hamme. Kreatives Team in Bochum-Hamme präsentiert nachbarschaftliches Konzept des Kunst- und Kulturgartens. Im Mittelpunkt steht ein „Bochumer Blau“.

Neben Haus Fey entsteht aktuell der Kunst- und Kulturgarten „True Blue“. Dort werden Kräuter, Blumen und Gemüse wachsen, um daraus Farben zu gewinnen. Im Zentrum steht ein „Bochumer Blau“ aus der Pflanze Färberwaid – gezogen in Bochumer Erde und von den Menschen im Viertel hergestellt. Wieso das denn? Faszinierende Antworten bekamen am Samstagabend rund 20 Besucher der Vernissage „True Blue: Kosmopolitische Übungen für ein Bochumer Blau“.

Die im Viertel ansässige Künstlergruppe „Palamutproduktion“ stellte in den Räumen der Galerie Provinz und des Schubladenmuseums an der Schmechtingstraße ihr nachbarschaftliches Kunstprojekt vor. Die Kernfrage ist: Wie könnte eine nachhaltige künstlerische Produktion aussehen?

Die Liebe zur Farbe Blau

Ausgangspunkt ist der Text „Bluets“ (2009) der amerikanischen Autorin Maggie Nelson, in dem sie der Liebe zu der Farbe Blau nachsinnt. Die künstlerische Leiterin und Regisseurin Michaela Kuczinna und ihr Team begeben sich mit „True Blue“ auf eine gemeinschaftliche Entdeckungsreise, um den Text als Inszenierung nachhaltig auf die Bühne zu bringen.

Demnächst im „True Blue“

Die Ausstellung „True Blue: Kosmopolitische Übungen für ein Bochumer Blau“ (Schmechtingstraße 38) ist bis zum 28. August täglich von 18 bis 20 Uhr geöffnet, für Interessierte auch nach Absprache per E-Mail: info@true-blue.world.Der Kunst- und Kulturgarten „True Blue“ befindet sich auf dem Grundstück neben Haus Fey (Hofsteder Straße 17). Das Programm zur Finissage am kommenden Samstag (28.) startet dort um 17 Uhr mit Musik und endet ab 20 Uhr mit einem Special-Guest-Konzert. Immer sonntags gibt es ein offenes Treffen mit Yoga. Infos gibt es auch bei Facebook und Instagram.

Das heißt: Sie gewinnen die Farben für Kostüme und Bühnenbild selbst aus Pflanzen, die sie vorher im Kunst- und Kulturgarten aussäen. Dabei geht es darum, die Menschen im Viertel zusammenzubringen und gemeinsam „die Hände in die Erde zu stecken“, wie Michaela Kuczinna bei der Begrüßung sagte.

Partnergarten in Südafrika

Das Projekt „True Blue“ überspringt Denkgrenzen, indem es Nachhaltigkeit nicht nur wie üblich in künstlerischen Werken thematisiert, sondern praktisch erforscht. Gleichzeitig setzen „Palamutproduktion“ den Fokus auf die Gemeinschaft. Durch den Kontakt der künstlerischen Leiterin zu Nomatlou Mahlangu in Südafrika entsteht zu gleicher Zeit ein Partnergarten im dortigen Winterveldt. Ein Bruchteil der Fördergelder des Fonds Darstellende Künste von Bundesregierung und dem Land NRW fließe auch dorthin, erläuterte Kuczinna.

Bei der Vernissage gab es eine Lesung und eine Videoinstallation, der die Besucher draußen per Kopfhörer folgen konnten.
Bei der Vernissage gab es eine Lesung und eine Videoinstallation, der die Besucher draußen per Kopfhörer folgen konnten. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Durch die Pandemie ist das Projekt „True Blue“ zunächst ins Stocken geraten. Doch seit Februar konnte erste Farbe hergestellt und verarbeitet werden, wenn auch noch nicht aus Bochumer Erde. Farbmaler Uwe Siemens fertigte ein Diptychon (Gemälde zum Aufklappen), in dem sich das Pigment als lebendiges Grau entfaltet.

Stoffproben für das Einfärben von Kostümen

„Ich bin ja kein Färber. Bis das Pigment die blaue Farbe färbt, das ist ein Prozess. Normalerweise trage ich Farbe auf und sie ist da. Jetzt hatte ich das reine Pigment“, so Siemens. Die Ausstellung ist vielschichtig wie das Projekt selbst: Fotografien und Video von Carsten Schecker, Stoffproben in Blau mit Kostümbildnerin Hsin Hwuei Tseng, Exponate aus einem Färber-Workshop mit Bewohnern des Viertels.

Besucherin Hannah Pfister (21) zeigte sich fasziniert: „Super inspirierend – das Projekt schafft ein Gemeinschaftsgefühl und regt zu einer künstlerischen Sichtweise an auf Dinge, die dich täglich umgeben“, sagte sie. Etwas schade war, dass die Künstler deutlich verspätet begannen und dann zeitgleich eine Live-Lesung und eine Videoinstallation, für die sie draußen Kopfhörer verteilten, präsentierten. Dadurch verloren die Besucher ein wenig den Fokus. Das änderte aber nichts an der enormen kreativen und sozialen Kraft von „True Blue“, die deutlich wurde.

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