Bochum. Das Bochumer Bündnis gegen Nazis wollte in der Stadt große Plakate aufhängen. Der Vermieter Ströer hat erst zu- und dann plötzlich abgesagt.

Mit einer neuerlichen Kampagne will das Aktionsbündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit in Bochum vor der Bundestagswahl am 26. September Bürger zur Wahl und für ihre Stimme gegen Nazis, Rassisten und andere extrem rechte Gruppierungen aufrufen. Große Plakate an der Castroper Straße und an der Universitätsstraße sollten für entsprechende Aufmerksamkeit sorgen. Allerdings: Plakatflächenvermieter Ströer hat eine Produktsperre verhängt und wird die Plakate an den beiden Standorten nicht zeigen.

Unterstützung von 100 Organisationen

Dementsprechend groß ist die Empörung im Bündnis, dem u.a. der Deutsche Gewerkschaftsbund Ruhr-Mark und der Kinder- und Jugendring Bochum angehören und dessen Kampagne von bereits mehr als 100 Organisationen unterstützt wird. „Wir haben die Flächen rechtzeitig reserviert und dafür auch eine Bestätigung bekommen“, sagt Rolf Geers vom Kinder- und Jugendring.

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Die kurzfristige Absage irritiert die Initiatoren die Macher aus zwei Gründen: Schon im Mai wurden Plakate an gleicher Stelle mit der markanten Hand und mit ähnlicher Aussage gezeigt – ohne dass die Firma Ströer Bedenken geäußert habe. Zugleich hat das Unternehmen bundesweit seine großen Wände für von vielen Seiten als „Schmutzkampagne“ gewertete Kampagne „Grüner Mist“ gegen die Grünen gezeigt. Die Rede ist nun von politischer Einflussnahme.

Initiatoren wähnen Ungleichbehandlung

Dass das Unternehmen trotz der aus Sicht des Bochumer Bündnisses ungleichen Behandlung nun argumentiert, politisch neutral zu sein, bringt die Macher in Bochum ebenso auf die Palme wie ein anderer Umstand. „In einem offenen Brief an alle im Bundestag vertretenen Fraktionen wirft Ströer unsere offene und transparente Kampagne in einen Topf mit der Schmutzkampagne gegen die Grünen, deren Initiatoren sich nicht klar zu erkennen geben“, sagt Bettina Gantenberg vom DGB Bochum. „Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“ An einem Rechtsstreit mit Ströer sei man nicht interessiert; wohl aber daran, dass die vermeintliche Ungleichbehandlung publik werde.

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Fragwürdig ist aus Sicht von Kampagnenkoordinator Stefan Nölle; Rolf Geers,  Geschäftsführer des  Kinder- und Jugendring Bochum;  Bettina Gantenberg, Vorsitzende des DGB Bochum, und Stefan Marx, DGB-Chef Ruhr-Mark und Sprecher des Bochumer Bündnis, die Produktsperre für zwei Plakate.
Fragwürdig ist aus Sicht von Kampagnenkoordinator Stefan Nölle; Rolf Geers, Geschäftsführer des Kinder- und Jugendring Bochum; Bettina Gantenberg, Vorsitzende des DGB Bochum, und Stefan Marx, DGB-Chef Ruhr-Mark und Sprecher des Bochumer Bündnis, die Produktsperre für zwei Plakate. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Für Erstaunen hat in Bochum derweil eine nachträgliche Erklärung sowie ein „Friedensangebot“ von Ströer gesorgt. Nachdem zunächst zwei Alternativstandorte für die Plakate angeboten wurden, hieß es plötzlich, die Produktsperre resultiere aus einer Beschränkung. An den zunächst gewünschten Standorten dürfe mit politischen Botschaften nur sechs Wochen vor einer Wahl geworben werden. Dass im Mai bereits dort mit einer ähnlichen Botschaft geworben werden durfte, sei auf einen organisatorischen Fehler zurückzuführen. Und: Das Bündnis dürfe seine Plakate nun zusätzlich kostenfrei an zwei weiteren Standorten in der Stadt zeigen. Zu sehen sein werden die Botschaften „Sozial statt Hass“ und „Bundestag nazifrei“ nun an den Alternativstandorten Bessemer Straße und Kohlenstraße sowie an der Herner Straße und der Bochumer Straße in Wattenscheid.

Ströer weist Kritik zurück

Die Initiatoren haben das Angebot angenommen. Denn: „Das Wichtigste für uns ist, dass wir unsere Kampagne transportieren können“, so Kampagnenkoordinator Stefan Nölle. Erledigt sei das Thema damit aber noch nicht. „Wir werden natürlich genau darauf achten, welche Plakate an der Castroper Straße und an der Universitätsstraße in dem Zeitraum hängen, den wir ursprünglich gebucht haben“, so Stefan Marx vom DGB. Und auch vor der Landtagswahl im nächsten Jahr werde das Bündnis wieder für eine Kampagne starten. Außerdem stehe noch eine Antwort der Stadt aus. Die nämlich wurde als Eigentümer der Fläche, auf der die Großleinwandflächen stehen, gefragt, ob die Einschränkungen der Ströer-Gruppe rechtens sind.

Ein Sprecher von Ströer weist derweil darauf hin, dass sich das Unternehmen bei Produktsperren an Werbebeschränkungen halte, die der Eigentümer einer Fläche vorgebe. Der Vorwurf, politisch parteiisch zu sein, sei ungerechtfertigt. Es würden Botschaften aus allen Lagern transportiert, „sofern sie nicht gegen Recht und Ordnung verstoßen“. Im Fall der angeprangerten Kampagne „Grüner Mist“ seien einige Plakate genau aus diesem Grund abgelehnt worden.