Bochum-Harpen. Eine grandiose Idee: Statt Alltagsgegenstände teuer zu kaufen, kann man sie ausleihen. In Bochum gibt es dafür die erste „Bibliothek der Dinge“.
Bibliotheken kennt jeder. Dort kann man gegen eine geringe Nutzungsgebühr so viele Bücher, Spiele und Filme ausleihen, wie gerade eben in die Tasche passen. Die „Bibliothek der Dinge (Bib)“ hingegen ist neu: Auch hier kann man nach Herzenslust Dinge ausleihen – doch die Bandbreite ist riesig.
Knapp 1000 Gegenstände des Alltags finden sich derzeit in der „Bibliothek der Dinge“ in Bochum-Harpen. Vom Badminton-Schläger bis zum Einrad, vom Klappgrill bis zum Fahrradhelm: Mittlerweile gibt es dort kaum noch etwas, was es nicht zum Ausleihen gibt, und viele Tausende sollen noch folgen.
In Bochum kann man Dinge des Alltags praktisch leihen
Akkuschrauber, Brotbackautomat, Beamer, Campingstuhl: Statt all solche Dinge, die man meist ohnehin nur selten braucht, für viel Geld anschaffen zu müssen, kann man sie auch bequem leihen. „Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern spart auch Ressourcen, und man tut etwas für die Umwelt“, sagt Najine Ameli, die das ambitionierte Projekt mit ins Leben rief.
Infos und Öffnungszeiten
Die Bibliothek der Dinge (Auf dem Anger 1) ist geöffnet: Mo., Mi., Fr. und Sa. von 9 bis 12 Uhr, Mi. und Fr. auch von 16 bis 20 Uhr. Für die Ausleihe braucht man ein Nutzerkonto.
Ein Monatsabo kostet 15 Euro, ein Jahresabo 100 Euro. Schüler, Studenten, Schwerbehinderte und Bezieher von Sozialleistungen zahlen die Hälfte. Alle Infos: Tel. 0157/36 29 89 81 und bib-der-dinge-bochum.de
Jeder einzelne Gegenstand ist auf der Website fotografiert und katalogisiert und liegt in der „Bib“ zum Abholen bereit. „Wir werden auch kleine Youtube-Videos online stellen, in denen die Gegenstände unterhaltsam erklärt werden.“ Sogar an einem Lieferservice wird schon gearbeitet, damit auch all jene, die nicht nach Harpen fahren können, an der Idee teilhaben.
Neuer Standort in einer Lagerhalle in Harpen
Die „Bibliothek der Dinge“ ging im vergangenen Oktober in der Bücherei in Langendreer (Unterstraße 71) an den Start. Dort füllt jetzt ein großes Regal mit diversen Alltagsgegenständen den Raum – und das Interesse daran ist groß. Ihren Hauptstandort hat die „Bib“ ganz neu in einer Lagerhalle nahe der A40 in Harpen eröffnet. Barrierefrei erreichbar, sieht es dort aus wie in einem XXL-Kaufhaus: Es gibt einen Sport-, einen Werkzeug-, einen Elektro- und einen Küchenbereich, in denen man sich aus einem riesigen Fundus bedienen kann. Ausgeliehen werden kann all dies für sieben Tage, eine Verlängerung ist möglich.
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Und das Inventar soll stetig wachsen: „Wir freuen uns immer über Spenden von Bochumer Bürgern in guter oder besserer Qualität“, sagt Najine Ameli. Viele Menschen nutzten den Corona-Lockdown, um ihre Keller aufzuräumen: „Statt all die Sachen beim Wertstoffhof zu entsorgen, kann man sie besser zu uns bringen, damit noch andere etwas davon haben“, meint sie.
Vorbild USA: Dort werden Werkzeuge und Gartengeräte schon lange getauscht
Hinter dieser Idee stecken vier junge Leute, die allesamt an der Ruhr-Uni und der Hochschule Bochum arbeiten und ihr Projekt mit viel Herzblut nahezu ehrenamtlich vorantreiben. Najine Ameli hat zur Einsparung von Ressourcen ihre Promotion geschrieben und mehrere Jahre im Ausland geforscht.
In den USA und Kanada sind sogenannte Tool Libraries (also Werkzeugbibliotheken) weitaus verbreiteter als hier. „Dort ist es ganz normal, dass Werkzeuge oder Gartengeräte untereinander in Gemeindezentren getauscht werden“, sagt Najine Ameli. „Bei uns ist das weitgehend Neuland. Da kauft lieber jeder für sich allein, statt auch andere daran teilhaben zu lassen, was doch wirklich Unsinn ist.“
Von der Bibliothek zum Bürgertreff
Auch die „Bibliothek der Dinge“ in Harpen soll sich weiter entwickeln: Nicht nur werden viele neue Gegenstände zum Ausleihen gesammelt. Auch der Raum selber soll künftig stärker genutzt werden: „Wir würden uns total freuen, wenn unsere Bibliothek bald zu einer Art Bürgertreff wird“, sagt Ameli. „Ob für Workshops, Basteltreffen oder Geburtstagsfeiern.“ Weitere Pick-up-Standorte sind geplant: Auf dem Campus der Ruhr-Uni sowie in der Zentralbücherei am Rathaus kann man bald zuvor reservierte Gegenstände abholen.