Bochum-Werne. Nachbarn eines Gewerbegebietes in Bochum-Werne blicken auf einen Erdwall mit einer Plastikplane. Sie fühlen sich wie an der Chinesischen Mauer.

Zugegeben: Der Vergleich hinkt. Die Mauer vor Manfred Pegams Haustür ist nicht über 6000 Kilometer lang, und in China liegt sie sowieso nicht. Vielmehr in Bochum-Werne, genauer an der Von-Waldthausen-Straße, die parallel zum Werner Hellweg liegt. Trotzdem spricht Pegam aus Spaß von der „Chinesischen Mauer“, die sich seit Kurzem vor seiner Haustür erstreckt.

Bochum: Nachbarn von Gewerbegebiet fühlen sich wie an der „Chinesischen Mauer“

„Wir Anwohner gucken auf eine weiße Plastikplane, das ist nicht wirklich schön“, sagt Pegam. Etwa vier Meter hoch und fast 200 Meter lang ist der Wall, der sich hinter dem Zaun an der Von-Waldthausen-Straße entlangzieht. „Es handelt sich um das ehemalige Zechengelände Robert Müser“, so der 73-Jährige, der seit Jahrzehnten in Werne wohnt. So hat er miterlebt, wie das Gelände jahrelang brachlag und vor kurzem Bulldozer kamen.

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In den letzten Jahren wurde jedoch wieder Industrie angesiedelt – der Getränkelieferant „Flaschenpost“ zog beispielsweise auf das Gelände, welches nahe der Willy-Brandt Gesamtschule, dem USB-Wertstoffhof und dem Werner Holz liegt. Einst gehörte der „Harpen AG“ das Gelände, zuletzt war eine Gesellschaft für Vermögensverwaltung Eigentümer. „Mich interessiert einfach, ob diese Plastikmauer ein Dauerzustand ist. Da war es schöner, auf eine brachliegende Fläche zu gucken“, sagt Pegam. Es sei doch viel schöner, wenn der Wall begrünt wäre.

Das Gebilde an der Von-Waldhausen-Straße in Bochum-Werne soll nicht dauerhaft  sein, versichert die Spedition Graf.
Das Gebilde an der Von-Waldhausen-Straße in Bochum-Werne soll nicht dauerhaft sein, versichert die Spedition Graf. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Der neue Eigentümer, Spedition Graf, hat gute Nachrichten für Pegam. „Es handelt sich nur um eine Übergangslösung“, so Gerard Graf. Mehrere Anwohner hätten an der Baustelle bereits gefragt, was auf dem Gelände passiere.

Mauer ist „Landschaftsbauwerk“

Eigentlich wollte man das sogenannte „Landschaftsbauwerk“ schon weitergebaut haben, doch das Wetter habe einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Der Boden ist zu weich, um weiterzuarbeiten“, erklärt der neue Eigentümer. Dass etwas auf der Erde wächst, soll die Plastikplane derzeit aber tatsächlich verhindern.

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„Es soll dort nichts wachsen, damit wir zeitnah eine Sandschicht auftragen können, eine Folie und weiteren Boden. Wir hätten die Pflanzen sonst sowieso wieder herausreißen müssen“, erklärt Graf. Das habe man entweder mit chemischem Mittel lösen können, oder mit einer Plastikplane. „Pflanzenmittel wäre einfacher und billiger gewesen, aber wir haben uns für die umweltfreundlichere Variante entschieden“, so Graf.

Wall wird begrünt

Diese Linie soll sich fortsetzen: „Wenn das Landschaftsbauwerk fertig ist, wird es begrünt“, kündigt der Spediteur an. Aufseiten des Firmengeländes sollen Bienenstöcke aufgestellt werden, für die Mitarbeiter solle das Bauwerk sogar begehbar sein und Sitzmöglichkeiten bieten. Von der Von-Waldthausen-Straße aus gesehen werde das Bauwerk maximal fünf Meter hoch. „Außerdem legen wir einen fast 4000 Quadratmeter großen Teich an“, sagt Graf.

Früheres Zechengelände

Die Zeche Robert Müser war ein Steinkohlen-Bergwerk im Bochumer Stadtteil Werne, das in den 1920er-Jahren als Verbundbergwerk aus mehreren älteren, bis dahin selbstständig betriebenen Zechen der Harpener Bergbau AG entstand.

Dazu zählen zum Beispiel Zeche Heinrich Gustav, Zeche Caroline und Zeche Prinz von Preußen. Benannt wurde die Zeche nach dem langjährigen Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden Robert Müser. Die Stilllegung der Zeche erfolgte 1968.

Man hoffe, noch dieses Jahr einziehen zu können. Auch weitere Unternehmen würden angesiedelt. „Die Arbeiten gehen weiter, sobald die Baugeräte wieder fahren können“, sagt Graf. Man rechne mit August oder September, denn für Raupenfahrzeug, Radlader und Co. dürfe der Boden nicht zu weich sein.

Wohl kaum Touristenmagnet

„Der vorherige Eigentümer hat die Pflanzen, die auf dem Gelände gewachsen sind, alle paar Jahre komplett herunterschneiden lassen“, sagt Graf. Der Hintergrund: Wären die Pflanzen zu lange und zu hoch gewachsen, hätte man sie irgendwann aus baumschutzrechtlichen Gründen nicht mehr entfernen lassen dürfen. Das Gelände habe fast 90.000 Quadratmeter. „Dadurch ist der Boden wie eine Art Humus, er wird zusammengeschoben und in dem Landschaftsbauwerk verdichtet“, erklärt Graf.

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Für die Anwohner hat das „Landschaftsbauwerk“ einen weiteren positiven Effekt: Es dient als Lärmschutzwall. Und trotz der attraktiven Bienenstöcke und kommenden ansehnlichen Bepflanzung – zu einer Touristenattraktion dürfte die Werner „Chinesische Mauer“ wohl eher nicht werden.