Bochum/Argentinien. In Bochum hätte sie sich eine Wohnung leisten können, in Argentinien lebt Meike Schäfer im Haus am Fluss. Wie sie es sie dorthin verschlug.
Bevor Meike Schäfer auswanderte, hatte sie noch nie einen Apfelstrudel gebacken. Auch Vollkornbrot und Schwarzwälder Kirschtorte gehörten nicht gerade zu ihren Künsten. Aber kaum in Argentinien angekommen, war Schäfer erkorene Expertin in allen Brot- und Süßgebäckangelegenheiten. „Mittlerweile kann ich zumindest das Brotbacken ganz gut“, sagt die 44-Jährige, die mit ihrer Familie in der Provinz Mendoza lebt.
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Aufgewachsen ist sie in Bochum Ehrenfeld, hat dort die Don-Bosco-Grundschule und später das Graf-Engelbert- Gymnasium besucht. Dass Schäfer einmal in Argentinien leben würde, in der Weite zwischen Olivenbäumen, Pferden und Weingütern – das kam nicht überraschend. „Ich habe mit 15 einen Schüleraustausch nach Argentinien gemacht“, erzählt sie. Ein Jahr verbrachte sie in einer erzkatholischen, slowenisch-argentinischen Familie mit sechs Kindern, lernte Land und Leute lieben – für ihre Gastfreundschaft, ihr Interesse an Ausländern und für ihre Kunst, auch aus etwas Kleinem Großes zu machen.
Bochumerin wanderte nach Argentinien aus - weniger materielle Werte
„Hier präsentiert jemand auch einen kleinen Fiat voller Stolz. Und wenn man eingeladen ist, ist der Tisch immer voll gedeckt – egal, wie viel jemand besitzt“, sagt Schäfer, die einst im TC Südpark Basketball und Tennis spielte. Doch Schäfer lernte in Argentinien nicht nur üppige Asados (Grillabende), chaotische Zustände im Straßenverkehr und beeindruckende Landschaften kennen, sondern auch ihren jetzigen Ehemann Rodrigo. Er wurde schließlich einer der Gründe, warum Schäfer nach vielen weiteren Reisen dauerhaft blieb.
„Ich habe dann in Köln eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht und danach in Kiel internationale Betriebswirtschaftslehre studiert“, sagt Schäfer, die in den Bochumer Sommern viel im Schwimmbad „Blau Weiß“ unterwegs war. Nach dem Studium verschlug es sie erneut für ein Jahr nach Argentinien und es dauerte nicht lange, da war Tochter Franka unterwegs. „Wir sind dann zunächst noch einmal nach Deutschland zurückgekommen. Mein Mann ist Basketballer und hat hier ein Angebot von den heutigen VfL Astrostars bekommen“, erzählt die mittlerweile vierfache Mutter, die während dieser Zeit in Bochum Englisch als Weiterbildungsmaßnahme unterrichtete.
Bochum neu schätzen lernen
Doch auf lange Sicht wollte sie in Deutschland keine Kinder großziehen: Zu viel Leistungsdruck empfand sie im deutschen Schulsystem. „Ich habe den Eindruck, dass sich Kinder in Argentinien freier entwickeln können“, sagt Schäfer. Für sie hat das Leben 12.000 Kilometer von Bochum entfernt noch weitere Vorzüge: „Ich hätte mir in Deutschland vielleicht eine Wohnung leisten können, hier leben wir auf zwei Hektar Land direkt am Fluss und unsere Kinder können Pferde haben“, sagt Schäfer. Sie könne Rasenmähen wann sie wolle und ihre Hecke schneiden, wie es ihr gefalle.
Im Winter zum Ski-Urlaub in die Schweiz zu fahren, den Cottonclub zum Dartspielen zu besuchen, Abende in der Zeche oder auf der Fliegenkirmes zu verbringen – all das fehlt Schäfer trotzdem. Auch gibt es Dinge, die sie in Argentinien stören: „Zum Beispiel der viele Plastikmüll“, sagt sie. So weiß sie bei ihren Bochum-Besuchen plötzlich Sachen ganz anders wertzuschätzen – Waldspielplätze, Musical-Besuche oder Tierparks zum Beispiel.
Liebt die argentinische Küche
Das Leben in Argentinien zieht sie dem Bochumer Leben dennoch vor: „Wir haben auf unserem Grundstück ein Haus renoviert, das wir an Touristen als Unterkunft vermieten“, sagt Schäfer. Es trägt den Namen „Casa La Omama“ – nach Schäfers Oma benannt. Außerdem verkauft die Familie Wein, kaltgepresstes Olivenöl und Weintrauben. „Dennoch fehlen mir die deutsche Familie und meine alten Freunde sehr, sie wären ein Grund zurückzukommen“, sagt Schäfer.
Nicht nur das Brotbacken hat sie inzwischen perfektioniert, sie ist auch in der argentinischen Küche heimisch geworden. „Dazu zählt zum Beispiel Innereien vom Rind oder Zickleinfleisch“, sagt Schäfer. Besonders gerne aber macht sie gefüllte Teigtaschen, genannt „Empanadas“, und gebackene Gemüsepasteten, bekannt als „tartas“. „Außerdem esse ich gerne einen argentinischen Eintopf mit Mais“, sagt Schäfer. Deutsches Brot schmeckt sicherlich gut dazu.
Bekannt für den Weinbau
Mendoza ist eine Provinz in Argentinien, die bekannt ist für ihren Weinbau. Die gleichnamige Provinz-Hauptstadt hat etwa 115.000 Einwohner. Mendoza grenzt an die Provinzen San Juan, San Luis, La Pampa, Río Negro, Neuguén und an das Nachbarland Chile. Die Provinz Mendoza liegt im zentralen Westen des Landes, am Fuß der Anden. Die Landschaft ist eine karge Trockensteppe mit einigen Oasen.