Bochum-Linden. Konditor Johannes Blum aus Bochum hat im Ruhestand eine neue Leidenschaft entdeckt: Im Netz zeigt er mit Puppe Karl Rezepte zum Nachmachen.
Als Johannes Blum 2016 eine große Handpuppe auf dem Weihnachtsmarkt sah, da war es um ihn geschehen. Wo nur könnte er die Stoffpuppe, die es sogar in Konditor-Kleidung gab, zum Einsatz bringen? „Ich habe erst überlegt, sie in einem Café zu bespielen, aber mich dann doch nicht getraut, weil ich nicht Bauchreden kann“, erinnert sich der 66-jährige Konditormeister, der jahrelang Produktionsleiter in der Konditorei Overbeck in Essen war.
Nach Stationen als Produktentwickler in der Confiserie Bittner in Duisburg und in der Lehrbackstube der Bäckerei Büsch in Kamp-Lintfort erschuf Blum im Ruhestand dann schließlich seine Figur Karl. „Seit Oktober letzten Jahres zeige ich mit Karl bei YouTube Rezepte zum Nachmachen“, sagt der Konditor-Meister, der einst mit 14 Jahren in die Lehre ging. „Ich möchte mein Wissen und meine Erfahrung weitergeben und meine Rezepte in die nächste Generation tragen“, sagt Blum.
Bochumer entwickelt die Rezepte selbst
Auf seinem Kanal „Jo und Karl die Zuckerbäcker“ lädt er deshalb mit roter Konditormütze aus seiner Küche in Bochum-Linden zum Mitmachen ein: Zum Beispiel bei Quark-Mousse mit Grand-Marnier-Sauce, Trüffeln mit Kokos- und Karamellfüllung, Apfelstrudel, Christstollen und Schokokuchen. Auch wie man Fondant selber herstellt oder einen Weihnachtsmann aus Marzipan formt, erklärt Blum auf seinem Kanal.
„Die Rezepte habe ich größtenteils selbst entwickelt, sie sind über viele Jahre erprobt und klappen immer“, verspricht der Rentner. Die Rezepte würden ohne professionelle Geräte und ohne besonderes Geschick gelingen. Teilweise ist das ein Kontrast zu seinem früheren Arbeitsleben, denn eine Top-Ausbildung auf hohem Niveau war ihm bei seinen Lehrlingen immer besonders wichtig. Einige davon arbeiten inzwischen in Patisserien in Dubai.
Jeder kann bei Videos mitmachen
„Bei meinen Videos soll aber jeder mitmachen können – ob Hausfrauen, Hausmänner, Kinder oder Großeltern“, sagt er. Anders als in einem Rezeptbuch können Zuschauer jeden Schritt als Video mitverfolgen. „Sie können mir und Karl dabei auf die Hände und in die Rührschüsseln gucken“, sagt Blum, der sich das technische Wissen zum Erstellen der Videos selbst angeeignet hat. „Ich filme mich in meiner eigenen Küche, vorher schreibe ich die Texte für Karl und bespreche diesen Filmteil extra“, erklärt der 66-Jährige.
„Jo und Karl die Zuckerbäcker“
Der YouTube Kanal von Johannes Blum heißt „Jo und Karl die Zuckerbäcker“. Aktuell sind 14 Videos verfügbar, weitere folgen.Blum ging 1969 bei der Konditorei Overbeck in die Lehre und errang 1979 seinen Meistertitel. In Deutschland macht das Konditorenhandwerk einen Umsatz von rund 1,9 Milliarden Euro, es gibt etwa 3200 Fachbetriebe, 71.000 Beschäftigte und mehr als 4400 Auszubildende.
Ein wenig Unterstützung hat er von seinen Enkelkindern Lina und Dominik bekommen, die mächtig stolz auf ihren Großvater sind. In den Videos, die im Schnitt 15 Minuten dauern, assistiert Lehrling Karl nicht nur bei Pralinencreme und Spritzgebäck, sondern sorgt zusätzlich für Unterhaltung – beispielsweise mit einer Flugshow, einer Entführung oder jeder Menge witzigen Kommentaren.
Besonderes Video in Planung
„Hast du zugenommen? Das ist mir beim letzten Backen schon aufgefallen“, will er in einem Video beispielsweise von Blum wissen, dessen Lieblingsrezept die Kokos-Trüffel sind. „Ich habe mein Gewicht schon oft verloren, aber es findet mich immer wieder“, scherzt der daraufhin. Damit die Ausmaße der Nascherei aber im Rahmen bleiben, verteilt Blum seine Kreationen auch gerne an die Nachbarschaft. „Das kommt immer gut an“, so Blum, dessen Frau ebenfalls Konditorin ist. Genauso wie seine Videos: Manche haben schon hunderte Aufrufe, über Kommentare freut sich Büsch besonders.
„Gerade in der Zeit des Lockdowns haben viele das Backen für sich entdeckt“, ist er sich sicher. Geldverdienen oder großer YouTuber werden will Blum aber bei Weitem nicht. „Ich mache das aus reiner Freude und investiere ja sogar Geld in die ganzen Zutaten“, sagt der Konditor.
Mehrere Tage Arbeit an einem Beitrag
Etwa alle zwei Wochen will er ein neues Video hochladen, an einem Beitrag arbeitet er mehrere Tage. „So wird der Ruhestand nicht langweilig“, sagt er. Ein ganz besonderes Video ist schon in Planung: „Zu Karneval wird Karl eine Büttenrede halten und es gibt ein Rezept für Käsegebäck“, kündigt Blum an. YouTube ist übrigens nicht das einzige Hobby von Blum. „Ich fahre auch gerne Motorrad“. Der 18-jährige Enkel fände das „etwas cooler“.
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