Bochum-Stahlhausen. Weil der Radschnellweg RS1 durch Bochum-Stahlhausen führen soll, werden zwei Straßen zu Fahrradstraßen umgebaut. Anwohner sehen das skeptisch.

Dicke Luft herrscht seit einigen Wochen in Bochum-Stahlhausen, denn ein Gerücht macht die Runde: Müssen die Eigentümer für den Ausbau ihrer Straßen zahlen, wenn diese zu Fahrradstraßen umgebaut werden? „Es kann doch nicht sein, dass wir dafür zur Kasse gebeten werden, nur damit hier bald ungestört ein paar Radfahrer entlang radeln können“, sagt Anwohner Jürgen Hemmer. Sein Nachbar Dirk Sirkuttor sieht das genauso: „Die Straßen wurden erst vor zwei Jahren frisch asphaltiert und sind top in Schuss. Und jetzt soll alles wieder neu gemacht werden? Das ist doch völlig unnötig.“

Beide wohnen seit Jahrzehnten an der Stahlhauser Straße, deren südlicher Teil ebenso wie die benachbarte Windhausstraße zum Teil des geplanten Radschnellwegs RS1 werden soll. Dafür sollen beide Straßen zu Fahrradstraßen umgewidmet werden, die sich Autos und Radler künftig gleichberechtigt teilen sollen. Radler haben auf Fahrradstraßen allerdings Vorrang, sie dürfen auch nebeneinander fahren.

Straßen werden zum Teil des Radschnellwegs RS1

Gegen etwas mehr Radverkehr vor ihrer Haustür haben die Anwohner nichts einzuwenden: „Das ist eine absolute Bereicherung für unsere Gegend“, meint Jürgen Hemmer. Was ihn allerdings stört ist die ungeklärte Frage, welche Beiträge für sie damit verbunden sein könnten. Denn dass sich die Eigentümer der anliegenden Grundstücke an den Kosten für den Umbau beteiligt müssen, gilt wohl als sicher: „Aber keiner bei der Stadt kann uns sagen, wie hoch die Kosten sein werden und ob das manchen hier womöglich in den Ruin treibt.“

Denn die finanzielle Lage sei bei manchen in der Siedlung nicht gerade üppig, erzählt Jürgen Hemmer. „Die Häuser waren früher den Menschen vorbehalten, die bei Krupp arbeiteten. Einige haben ihre Häuser 2005 vom Immobilienunternehmen Viterra gekauft, obwohl manche nur eine kleine Rente bekommen. Wenn sie jetzt womöglich Tausende Euro für eine Fahrradstraße ausgeben müssen, wäre das für einige hier echt bitter.“

Viel Lärm und Dreck in der Siedlung

Zudem sei die Siedlung von Dreck und Lärm ohnehin gebeutelt genug, ergänzt Nachbar Oliver Müller. „Als hier ganz in der Nähe die großen Hallen von Thyssen-Krupp abgerissen wurden, lag ewig der ganze Sahara-Staub auf den Autos“, erzählt er. Ende 2019 startete das Tiefbauamt auf der Stahlhauser Straße und der Windhausstraße mit dem Kanalbau unter anderem zur Straßenentwässerung. Daneben wurde hier eine Baustraße für das Bauvorhaben „Grüner Rahmen“ eingerichtet, damit der Radschnellweg RS1 weitergebaut werden kann.

Jetzt naht mit dem Umbau zur Fahrradstraße direkt die nächste Baustelle. Die Straße soll laut Stadtverwaltung einen etwa 2,50 Meter breiten Gehweg bekommen, auch eine neue Beleuchtung ist vorgesehen. „Es ist eine richtige Straße, kein Radweg, in der es auch Stellplätze für Autos geben wird“, betont Stadtsprecher Peter van Dyk. Diese soll direkt an den RS1 angebunden werden.

Vollausbau kostet fast eine Million Euro

Laut Beschlussvorlage der Verwaltung Mitte 2019 sind für den Vollausbau beider Straßen Kosten von 971.800 Euro vorgesehen. Allerdings sollen die förderfähigen Kosten für die Straßenbaumaßnahme über das Förderprogramm Nahmobilität zu 85 Prozent bezuschusst werden. Der Bewilligungsbescheid dafür sei bereits Mitte 2018 erteilt worden. Doch heißt es auch: „Für die Maßnahme werden Straßenbaubeiträge nach Paragraf 8 des Kommunalabgabegesetzes erhoben.“ Sprich: Die Eigentümer müssen sich beteiligen.

In welcher Höhe dies geschieht, mag die Stadtverwaltung auf Nachfrage nicht mitteilen: „Eine genaue Aussage zu den Baukosten kann erst nach Abschluss der Baumaßnahme gemacht werden“, so der Stadtsprecher.

Info: Nachbarn kritisieren mangelnde Informationspolitik

Die Nachbarn an der Stahlhauser Straße und Windhausstraße vermissen vor allem eins: mehr Bürgernähe. „Von einem kleinen Zettel des Tiefbauamtes Mitte 2019 einmal abgesehen, haben wir nie irgendwelche Informationen bekommen“, kritisiert Jürgen Hemmer.

Dass zu einem solchen Bauvorhaben keine Bürgerversammlung angeboten werde, kann er nicht verstehen. „Da könnte man doch alles in Ruhe besprechen“, meint er. „Aber so etwas scheint im Rathaus nicht mehr gewünscht zu sein.“

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