Bochum. Eine Bürgeranfrage in Bochum fordert, den Vertrag mit Schauspielhaus-Intendant Johan Simons 2023 nicht zu verlängern. Was steckt dahinter?

Die Intendanz Johan Simons hat dem Schauspielhaus Bochum künstlerisches Renommee und überregionale Aufmerksamkeit beschert – vom Berliner Theatertreffen bis zum Linzer-Theaterpreis für ausgezeichnete Ensembleleistungen. Aber es gibt auch kritische Stimmen, was eine Bürgeranregung beweist, die dem Kulturausschuss vorliegt. Darin wird gefordert, den Vertrag mit Simons nicht über die aktuelle Laufzeit (bis Spielzeit 2022/23) zu verlängern.

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Frust über das Schauspielhaus kommt zum Ausdruck

Ein Bochumer hat die Anregung gemäß Paragraf 24 der Gemeindeordnung NRW, mit dem Bürger/innen Kritik an der Kommunalpolitik üben können, formuliert. Es geht um grundsätzliche Unzufriedenheit mit der Arbeit von Simons & Team. „Überwiegend bleiben die Stücke im Schauspielhaus hinter den Erwartungen des Publikums zurück“, heißt es in dem Schreiben, das in deutlichen Worten Frust über die Tätigkeit des Niederländers formuliert.

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Inszenierungen nur für „Theater-Intellektuelle“?

Kritisiert werden unter anderem die Inszenierung zum 100. Theatergeburtstag „O, Augenblick“, das Familienstück „Alle Jahre wieder“ und Herbert Fritschs „Die Philosophie im Boudoir“ nach Marquis de Sade, die tatsächlich höchst umstritten waren. Das Familienstück erschien vielen Theatergängern als wenig kindgerecht, der de-Sade-Abend als zu obszön, das Jubiläumsstück als „durchgeknallt”. Weiter wird beklagt, dass das Schauspielhaus im Lockdown zu unbeweglich sei und zu wenig Produktionen ins Internet gebracht hat.

Mit Sandra Hüller und Jens Harzer - hier in einer Szene aus Johan Simons’ „Penthesilea“ - sind zwei der aktuell angesagtesten schauspieler Deutschlands regelmäßig in Bochum auf der Bühne.
Mit Sandra Hüller und Jens Harzer - hier in einer Szene aus Johan Simons’ „Penthesilea“ - sind zwei der aktuell angesagtesten schauspieler Deutschlands regelmäßig in Bochum auf der Bühne. © Handout | Monika Rittershaus

„Es scheint, dass Simons auf Theaterpreise spezialisiert ist, nicht aber auf das Bochumer Publikum“, heißt es in dem Bürger-Brief. Gefordert wird „ein Theater, das dem breitgefächerten Publikum, insbesondere der Masse, die es finanziert, etwas bieten sollte. Und nicht nur den wenigen Theater-Intellektuellen“.

Kulturausschuss formell nicht zuständig

Dass sich der Kulturausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. März 2021 (15 Uhr, Ratssaal), mit der Eingabe – außer ihrer Kenntnisnahme – inhaltlich beschäftigen wird, ist eher unwahrscheinlich. „Der Ausschuss ist formell dafür gar nicht zuständig”, hat Kulturdezernent Dietmar Dieckmann (SPD) bereits klargestellt.

Theater-Verwaltungsrat entscheidet

Begründung: Da das Schauspielhaus eine eigenständige Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) ist, ist für die Bestellung und Abberufung von leitenden Mitarbeiter deren Verwaltungsrat zuständig. „Dessen Entscheidung unterliegt zwar einer nachträglichen Genehmigung durch den Rat, aber erst nach dem Votum des Gremiums“, so Dieckmann.

Die Bürgeranregung sei also an den Kulturausschuss fehl adressiert. Sie an den Verwaltungsrat des Schauspielhauses, dessen Vorsitzender Dieckmann ist, weiterzuleiten, kommt für den Dezernenten nicht in Betracht: „Die Eingabe müsste dort neu gemacht werden.“

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Zur Zukunft von Johan Simons in Bochum möchte sich der Kulturdezernent auch in anderer Hinsicht nicht äußern. Der Vertrag mit dem Theatermacher (74) läuft bis Juli 2023, über eine Verlängerung bzw. Nichtverlängerung müsste der Verwaltungsrat des Schauspielhauses frühestens 24 Monate vorher in Gespräche eintreten, das wäre in diesem Sommer.

Wohin die Reise geht, darüber will Dietmar Dieckmann nicht spekulieren. Nur so viel: „Die Stadt ist mit der Arbeit von Johan Simons und dem Renommee, das er dem Schauspielhaus und damit Bochum einbringt, sehr zufrieden.“

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