Bochum. Keine andere Veranstaltung in Bochum hat ein so betagtes Publikum wie die Gesundheitsmesse. Klappt ein Digital-Format? Antworten gibt’s im Juni.

Mit jährlich mehr als 10.000 Besuchern zählt die Gesundheitsmesse zu den erfolgreichsten Veranstaltungen in Bochum. Nach der Absage 2020 soll die Messe in diesem Jahr zwar stattfinden – allerdings als virtuelles Format. Das heißt: Die meisten Angebote gibt es im Internet. Das, glaubt Andreas Kuchajda, Geschäftsführer der Bochumer Veranstaltungs-GmbH (BOVG), wird auch nach Corona Standard sein.

Kalt erwischt wurde das Medizinische Qualitätsnetz (MedQN) Bochum im Frühjahr 2020. Mehr als 70 Aussteller hatten sich für die Gesundheitsmesse im März angemeldet, die der Ärzte-Verbund seit 2012 organisiert. Doch dann kam Corona. „Wir können nicht vertreten, dass die meist älteren Besucher Gesundheitsgefahren ausgesetzt wären. Der finanzielle Schaden darf dabei kein Argument sein“, erklärte MedQN-Vorsitzender Dr. Michael Tenholt.

Corona in Bochum: Messe-Veranstalter müssen umdenken

Im Sommer war klar: Die Pandemie lässt auch den für September vorgesehenen Nachholtermin nicht zu. Neuer Anlauf, neues Jahr, neues Datum: der 26. April 2021. Doch das Virus durchkreuzt auch diesmal alle Pläne. Eine Großveranstaltung mit Tausenden Senioren erscheint nach wie vor undenkbar. Hinzu kommt: Der Ruhrcongress dient noch mindestens bis zum Sommer als Impfzentrum.

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Anlass für das MedQN, die Leistungsschau der Bochumer Gesundheitsbranche komplett neu zu denken. Ergebnis: eine virtuelle Messe. Damit hat die Hallengesellschaft BOVG gute Erfahrungen gesammelt. Etwa bei der Berufsbildungsmesse 2020, die im Herbst als „BIM Digital“ nachgeholt wurde. Oder beim „Barcamp“ im Spätsommer, als sich Stadt, Lehrer, Eltern und Schüler an einem Tag vernetzten, um über die Digitalisierung der Schulen zu diskutieren. 100 Teilnehmer waren in der Jahrhunderthalle dabei. Noch einmal so viele schalteten sich daheim zu.

Das „Barcamp“ 2020 in der Bochumer Jahrhunderthalle zeigte, wie ein Kongress in Coronazeiten erfolgreich funktionieren kann. Lehrer, Eltern und Schüler vernetzten sich, um über die Digitalisierung in Schulen zu diskutieren.
Das „Barcamp“ 2020 in der Bochumer Jahrhunderthalle zeigte, wie ein Kongress in Coronazeiten erfolgreich funktionieren kann. Lehrer, Eltern und Schüler vernetzten sich, um über die Digitalisierung in Schulen zu diskutieren. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Aussteller präsentieren sich im Netz

Ein PC, Tablet oder Smartphone sowie eine funktionierende Internetverbindung: Das reicht auch am Sonntag, 13. Juni, aus, um die Bochumer Gesundheitsmesse virtuell zu besuchen. Kliniken, Krankenkassen, Pflegedienste, Sanitätshäuser, Selbsthilfegruppen und weitere Gesundheitsdienstleister sind aufgerufen, sich in Online-Beiträgen zu präsentieren und mit den Nutzern in Kontakt zu treten. „Die Messestände kommen quasi zu den Menschen nach Hause“, wirbt Michael Tenholt. Auch die beliebte Vortragsreihe mit vielfältigen medizinischen Themen wird ins Netz transferiert – „auch hier mit der Möglichkeit für Rückfragen“, betont Tenholt.

Wie groß ist die Sorge, dass die ältere Zielgruppe der Gesundheitsmesse technisch überfordert sein könnte? „Natürlich gibt es Bedenken“, sagt Tenholt. Aber: Längst seien auch die meisten Senioren mit dem Internet vertraut. Und bei Bedarf könnten die Kinder und Enkel am Messetag helfen.

Hybrid-Formaten gehört die Zukunft

Für das Ärztenetzwerk steht fest: Die virtuelle Messe ist keine Notlösung, sondern „ein wegweisendes Projekt für die Zeit nach der Pandemie“, so Tenholt - dann allerdings als Hybrid-Format. Heißt: mit einer Mischung aus Angeboten in der Halle und im Netz.

Ärzte-Verbund ist in sozialen Medien aktiv

Das Medizinische Qualitätsnetz (MedQN) Bochum verstärkt über die Gesundheitsmesse hinaus seine Aktivitäten im Internet.

Um eine größere Zielgruppe zu erreichen, bedient sich der Zusammenschluss von 150 Haus- und Fachärzten Facebook, Twitter und Instagram.

Von Neuigkeiten rund um das Coronavirus über Stellenanzeigen bis hin zu Artikeln aus der Patientenzeitung „BOgesund“ gibt es jetzt Infos in den sozialen Medien.

Darin liegt auch für Andreas Kuchajda die Zukunft. „Das Kongressgeschäft wird sich durch Corona fundamental verändern“, glaubt der BOVG-Chef. Um für wenige Stunde vor Ort zu sein, würden künftig deutlich weniger Teilnehmer lange Anfahrten in Kauf nehmen. Für rein virtuelle Angebote sieht Kuchajda bei den Publikumsmessen jedoch keinen Markt. „Sie sind eine Brückentechnologie, hin zu Hybrid-Formaten als langfristiges Geschäftsmodell.“

„Ruhrsummit“ geht an die frische Luft

Der „Ruhrsummit“ liefert dafür ein Beispiel. Das NRW-Treffen für Jungunternehmer („Start-ups“) lockt jährlich bis zu 5000 Teilnehmer in die Jahrhunderthalle. Am 29. und 30. Juni ist der Gründergipfel zwar erneut im Westpark geplant – diesmal jedoch unter freiem Himmel, mit einer Bühne und Streaming-Vorträgen und -Diskussionen im Netz.

Im Oktober 2020 war die Messe komplett ins Internet verlegt worden. Das sei zwar erfolgreich gewesen, sagt Veranstalterin Svenja Tietje (Ruhrhub). „Dennoch wünschen wir uns, wieder mit Menschen direkt in Kontakt zu kommen.“

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