Bochum. Auf den Dächern Bochums fühlt sich Chiara Monteton wohler als am Schreibtisch, trotz Höhenangst. Auf Instagram wirbt sie für Frauen im Handwerk.

„Noch ein Tag Schlechtwetter und ich drehe durch“ — Freitagmorgen, kurz vor sieben. Chiara Monteton macht ihrem Ärger auf Instagram Luft. Sie möchte zurück aufs Dach und bloß nicht zu lange im Büro sitzen. Seit zweieinhalb Jahren macht sie eine Ausbildung zur Dachdeckerin im Betrieb in ihrer Familie in Wattenscheid. Nebenbei führt sie den Instagram Account @dachdeckerin_chiara (Externer Link). Während andere Internet Stars Mode bewerben oder Sport-Tipps geben, nimmt Monteton ihre 30.000 Follower mit aufs Dach und räumt mit Klischees über Frauen im Handwerk auf.

Auszubildende aus Bochum: Viele Vorbehalte gegenüber Frauen im Handwerk

Auch interessant

Sie zeigt auf Instagram, wie es ist, in einer Domäne zu arbeiten, in der Männer in der Überzahl sind. Der Blick hinter die Kulissen ist gespickt mit Momenten, in denen auch mal etwas schief geht. Besonders diese Nähe und Authentizität machen ihr Profil erfolgreich: „Auf Instagram gibt es zu viel Glattgebügeltes“, schildert sie ihren Eindruck. Sie möchte realistische Einblicke aus ihrem Alltag geben und auch die anstrengenden, nicht glamourösen Momente zeigen.

Dabei nimmt sich selbst nicht zu ernst. Dass sich mehr Frauen in handwerkliche Berufe trauen, ist ihr ein großes Anliegen. Mit ihrem Internetauftritt möchte sie daher Barrieren abbauen. „Es ist schade, dass wir so wenige Frauen haben“, meint Monteton ernst. Ein Großteil der Arbeit könnte effizienter ablaufen, ist sie sich sicher. „Frauen sind häufig sorgfältiger. Auch beim Thema Arbeitssicherheit wäre das nicht schlecht“, sagt sie. „Da würden auf Baustellen sicher weniger Leute ohne Helm rumlaufen“.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Bochum verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter für Bochum abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Oft ist sie mit Vorurteilen auf der Baustelle konfrontiert. „Bei uns im Betrieb kommt das zwar nicht mehr wirklich vor, aber auf Großbaustellen schon“, erzählt Monteton. „Die anderen Gewerke gucken halt. Ich frage mich dann immer ‚worauf wartet Ihr? Ob ich überhaupt irgendwas mache?‘“

Bochumerin tauscht Studium gegen Ausbildung zur Dachdeckerin

Auch interessant

Dass sie einmal Dachdeckerin wird, überrascht sie selbst. Die 25-Jährige lernt ihren Beruf über Umwege kennen und lieben. Nach dem Abitur geht es für sie zunächst an die Ruhr-Universität, wo sie Bauingenieurwesen und Management studiert. Nach drei Semestern ist Schluss. „Mir hat ein fester Tagesablauf gefehlt. Mal um 10 eine Vorlesung zu haben und mal um 12, das war nichts für mich“, erinnert sie sich.

So tauscht sie den Hörsaal gegen eine Ausbildung zur Bürokauffrau im Dachdeckerbetrieb ihres Vaters. Die Ausbildung besteht sie mit Bravour, doch längst hat sie ein neues Ziel im Visier: selbst auf dem Dach arbeiten. „Das ist spannender als ein Bürojob“, berichtet sie. „Mein Vater hat mir das zunächst gar nicht zugetraut. Kein Wunder, ich hab früher kein einziges Bild selbst an die Wand gebracht. Außerdem hatte ich Höhenangst“, witzelt Monteton.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

@Dachdeckerin_Chiara auf Instagram

Seit 2019 betreibt Chiara Monteton ihr Instagram-Profil. Unterstützt wird sie von ihrem jüngerem Bruder Luca Monteton, der ihre Fotos macht. Lange dauert das nie. „Wir machen zehn Fotos und dann muss ein gutes dabei sein“, berichtet Luca Monteton.

Unternehmen aus dem Handwerk setzen zunehmend auf Social-Media-Kooperationen, um ihre Produkte zu bewerben. Zu viele Produkte möchte die 25-Jährige Azubine jedoch nicht bewerben, um ihre Authentizität zu bewahren. Sogar Red Bull schickte ihr eine Anfrage — die lehnte Monteton ab.

Dennoch konnte sie den Dachdeckermeister überzeugen. „Es war kein glorreicher Start“, gibt sie zu. Gerade die körperliche Umstellung sei herausfordernd gewesen. „Trotzdem ist der Beruf als Frau machbar“, meint sie. Den Familienbetrieb möchte sie später gemeinsam mit ihrem Bruder Luca Monteton übernehmen. Wer dabei im Büro bleibt und wer die Baustellen unsicher macht, ist auch schon klar: „Ich gehe ins Büro und Chiara auf die Baustelle“, versichert der jüngere Bruder.

Weitere Nachrichten aus Bochum lesen Sie hier.

Kennen Sie schon den Instagram-Account der WAZ Bochum?