Bochum. Foto-Fahndungen der Polizei werden oft erst viele Monate nach der Tat in Medien veröffentlicht. Das hat rechtliche Gründe.

Foto-Fahndungen der Polizei werden meist erst viele Monate nach der Tat veröffentlicht. Das stößt in der Öffentlichkeit oft auf Unverständnis. Doch das ist der Rechtslage geschuldet, der vorgeschriebenen Unschuldsvermutung und dem Schutz der Identität eines Tatverdächtigen.

Vor einer Woche hatte die Polizei Bochum das Foto eines Mannes veröffentlicht, der in einem Bus in Bochum eine 22-jährige Frau sexuell belästigt haben soll. Den Angaben zufolge wollte er sie umarmen und küssen. Eine Überwachungskamera zeigt sein Gesicht.

Der Vorfall hatte sich bereits am Morgen des 9. Februar 2019 ereignet. Dass zwischen Tat und Veröffentlichung von zwei Fotos des Verdächtigen diesmal sogar fast zwei Jahre liegen, soll das individuelle Versäumnis eines den Fall bearbeitenden Polizeibeamten gewesen sein. Gegen den Mann wurde deshalb sowohl ein strafrechtliches als auch disziplinarisches Verfahren eingeleitet, wie die Polizei auf Nachfrage mitteilte.

Meist nur nach schweren Straftaten werden Fotos sofort veröffentlicht

In der WAZ-Meldung vom 15. Januar zu der Foto-Fahndung konnte aufgrund einer unglücklichen Formulierung der Eindruck entstehen, dass das Amtsgericht die Verzögerung zu verantworten hat. Dem ist aber nicht so.

Bei schweren Verbrechen wie Mord und Totschlag werden Fotos von flüchtigen Tatverdächtigen meist zeitnah zur Tat veröffentlicht. Bei vergleichsweise kleineren Straftaten wie Ladendiebstahl oder EC-Karten-Betrug werden Fotos von Tatverdächtigen aber nicht sofort an die Medien freigegeben. Das soll unter anderem verhindern, dass Tatverdächtige wegen relativ kleinerer Straftaten in der Öffentlichkeit bloßgestellt werden; das könnte soziale und berufliche Existenzen zerstören, zumal die Betroffenen ja vielleicht unschuldig sind.

Deshalb schreibt die Rechtslage vor, dass die Polizei erst alle anderen Mittel ausschöpfen müssen - ohne Veröffentlichung - , um eine Identität zu ermitteln. Dabei darf ein Foto durchaus verwendet werden, zum Beispiel beim Abgleich mit bereits im Polizeisystem vorhandenen Fotos von Straftätern oder bei Befragungen von Zeugen am Tatort und im Umfeld.

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Wird die Identität des Verdächtigen trotzdem nicht ermittelt, kann die Polizei einen Antrag bei der Staatsanwaltschaft stellen, dass das Foto aus der Überwachungskamera veröffentlicht wird. Wird das schlüssig begründet, entscheidet am Ende das Amtsgericht im Regelfall ein bis drei Tage nach Antrag - fast immer positiv.

Dieser ganze Vorgang dauert meist mehrere Monate. Trotzdem ist die Erfolgsquote solcher Foto-Fahndungen relativ hoch, auch wenn die Qualität der Bilder meist mäßig ist. Entweder melden sich schnell Zeugen bei der Polizei oder die Gesuchten melden sich selbst. Im Fall der sexuellen Belästigung im Bus gibt es bisher aber noch keinen Erfolg.

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