Bochum. In einer Jugendwohngruppe in Bochum ist Zyankali gefunden worden. Am Freitag lief deshalb ein Großeinsatz – in einem ehemaligen Heizkraftwerk.
Bei der verdächtigen Substanz, die am Donnerstagnachmittag in einem mehrstöckigen Gebäude an der Wittener Straße/Ecke Bruchspitze in Altenbochum gefunden worden ist , handelt es sich tatsächlich um ein Gift, sogar ein extrem gefährliches. Wie die Polizei am Freitag auf Anfrage mitteilte, hatte ein junger Mann in einer verschlossenen Dose im Schrank seines Zimmers 100 Milligramm Kaliumcyanid aufbewahrt, auch als Zyankali bekannt.
Der 21-jährige Mann gehört laut Polizei zu einer therapeutischen Wohngemeinschaft für psychisch kranke Jugendliche und junge Erwachsene. Er kam nach der Entdeckung des Giftes vorsorglich wegen leichter Symptome in ein Krankenhaus, wurde aber wieder entlassen.
Polizei Bochum weiß um die Herkunft des Giftes
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Das Gift war laut Polizei bereits vor rund einer Woche in seinen Besitz gelangt, aber erst am Donnerstag von einem Mitarbeiter der Gruppe entdeckt worden. Dieser alarmierte gegen 14.15 Uhr die Polizei und diese dann die Feuerwehr. Die Einsatzkräfte evakuierten das Gebäude und holten die Substanz mit Schutzanzügen aus dem Zimmer. Das Behältnis war bereits durch den Hausmeister in Gummihandschuhen und einer Plastiktüte gesichert worden.
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Nach WAZ-Informationen hat der junge Mann erzählt, dass er die Dose auf einem stillgelegten Betriebsgelände in Bochum gefunden habe. Auf Anfrage bestätigte die Polizei, dass es sich um das alte RWE-Heizkraftwerk an der Wohlfahrtstraße handele. In einem Gebäudeteil soll der junge Mann mit anderen Leuten unterwegs gewesen sein. „Ihm war zunächst nicht bewusst, was er da mitgenommen hat“, sagt Polizeisprecher Volker Schütte. Das umzäunte Gelände zu betreten, ist Unbefugten verboten.
Feuerwehr fährt Großeinsatz im ehemaligen Heizkraftwerk
Weitere Hintergründe teilte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mit. Ob eine Straftat vorliegt, wird zurzeit noch geprüft.
Am Freitagnachmittag bis in den Abend hinein lief ein Großeinsatz der Feuerwehr wegen des Giftes. 56 Kräfte fanden in einem alten Gebäudeteil des Kraftwerkes, in einem ehemaligen Labor, weitere „diverse undefinierbare Pulver und Flüssigkeiten“, wie es heißt. Die Feuerwehr trug wie schon tags zuvor in Altenbochum erneut Chemikalienschutzanzüge. Dabei waren auch 20 Kräfte einer „Analytischen Task Force“ (ATF) aus Köln und Dortmund mit einem mobilen Labor, sagte Feuerwehrchef Simon Heußen am frühen Abend.
Kurz nach 20 Uhr kam dann das Ergebnis. Heußen: „Die Analyse der Proben hat ergeben, dass es sich bei den meisten aufgefundenen Stoffen um ungefährliche Chemikalien handelte. Dennoch werden diese sowie mehrere Milliliter ausgelaufenes Quecksilber durch eine Spezialfirma fachgerecht entsorgt.“
Dose mit Zyankali war fest verschraubt
Wie der Leiter der Jugendwohngruppe, Peter Schnieders, am Freitag der WAZ sagte, geht es dem jungen Mann, der das Zyankali gefunden hatte, gut. Aufgefallen war das Gift bei einer Zimmerkontrolle, die in der Wohngruppe routinemäßig vorgenommen wird. Dass die Substanz lebensgefährlich ist, war schnell erkennbar: Der Name Kaliumcyanid und die Menge hätten auf der Dose gestanden, so Schnieders. Sie sei aber mit einem Schraubverschluss gesichert gewesen – „Gott sei dank“.
In der Wohngruppe leben auf zwei Etagen je fünf junge Männer.
Apothekerin aus Bochum: Selbst kleinste Mengen können tödlich sein oder schwerste Schäden verursachen
Wie die Dose auf das Betriebsgelände kam, welche Funktion sie hatte oder haben sollte, ist völlig unbekannt. An Kaliumcyanid sei nur sehr schwer heranzukommen, sagt die Bochumer Apothekerin Dr. Inka Krude . Ihre eigene Apotheke würde so etwas nicht haben und sie werde so etwas auch nie verkaufen. Selbst kleine Mengen könnten zum Tod oder schwersten Schädigungen führen. Apotheker seien verpflichtet, bei der Abgabe von Gefahrstoffen genau zu hinterfragen, ob eine Berechtigung zum Erwerb vorliege und ob der Kunde gewerblich oder privat sei. Auch die Adresse der ausgebenden Apotheke müsse am Produkt hinterlassen werden.
Die Ermittlungen der Polizei dauern an.