Bochum. Der Schauspieler gehört zu den Top-Kräften am Theater. Aber er hat auch Qualitäten als Fotokünstler. Die stellt er nun im Museum unter Beweis.

Stefan Hunstein ist viel unterwegs, zurzeit vor allem in Bochum. Der in München lebende Bühnen- und Fotokünstler nähert sich gerade verstärkt wieder jener Stadt an, die er seit langem kennt, und die ihn in seinem künstlerischen Schaffen immer schon begleitet hat. „Dass ich jetzt wieder einen Lebensschwerpunkt in Bochum habe, freut mich sehr“, sagt der 63-Jährige.

Lesung mit Musik und Lorca-Texten

Hunstein kennt man als starken Schauspieler am Schauspielhaus. Mit Johans Simons gelangte er an die Königsallee, wo er in herausfordernden Rollen von „King Lear“ bis zu „Die Befristeten“ Ausrufezeichen seiner Kunst setzte. Doch damit nicht genug: Kürzlich absolvierte er gemeinsam mit Musikern einen Lorca-Abend. „Dieses Theater hat mein Leben seit Anfang meiner Laufbahn bestimmt“, sagt er. Nun bestimmt es sie wieder.

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Mit Andrea Breth nach Bochum

Als Jugendlicher sei er mit seinem theaterverrückten Vater aus der Heimatstadt Kassel nach Bochum gefahren, um sich Inszenierungen der Zadek-Ära, später der Peymann-Jahre anzusehen. „Das hat meinen Bühnenhunger geweckt“, erinnert sich Stefan Hunstein, der nach seiner Schauspielerausbildung ab 1985 Ensemblemitglied während der Intendanz Steckel war. Mit Andrea Breth, heute eine der größten Regiemeisterinnen überhaupt, kam er damals von Freiburg ins Ruhrgebiet.

Zur Person

Stefan Hunstein absolvierte seine Schauspieler-Ausbildung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart. Der 63-Jährige zählt zu den arriviertesten Bühnenkünstlern Deutschlands und gehört seit dem Amtsantritt von Johan Simons fest zum Ensemble des Schauspielhauses.

Hier war er u.a. in Simons’ Houellebecq-Inszenierungen „Plattform“ und „Unterwerfung“ zu erleben sowie als Claudius in der gefeierten Shakespeare-Aufführung „Hamlet“, die zum Berliner Theatertreffen eingeladen war. Mit Dieter Dorns „Schlußchor“ von Botho Strauß an den Münchner Kammerspielen war Stefan Hunstein 1991 erstmals beim Berliner Theatertreffen zu Gast.

Ähnlich wie beim Intendanten Johan Simons, wurde das Schauspielhaus ein Kulminationspunkt für Stefan Hunsteins Entwicklung. Dass beide nun an ihrer„Lieblingsspielstätte“ zurück sind, mag Zufall sein. Für Bochum, das Theater, das Publikum und die Kritiker ist es ein Glücksfall. In vielen gefeierten Simons-Inszenierungen, von King Lear bis Hamlet, ist Hunstein mit dabei.

„Wunderbare Beziehung mit Johan Simons“

„Mit Johan verbindet mich eine wunderbare Arbeitsbeziehung“, sagt der Schauspieler. Die Art, Stücke zu entwickeln, aber auch das grundsätzliche Theaterverständnis – die Bühne als Teamwork – verbinde die Beiden. Simons selbst soll auf die Frage „Wann erfolgt das Vorsprechen für Stefan Hunstein?“ geantwortet haben: „Gar nicht. Einen Stefan Hunstein verpflichte ich so, auch ohne Vorsprechen.“ Ein riesiger Vertrauensbeweis.

2019 wurde Stefan Hunstein mit dem Bochumer Theaterpreis in der Kategorie „Arrivierte Schauspieler“ ausgezeichnet.
2019 wurde Stefan Hunstein mit dem Bochumer Theaterpreis in der Kategorie „Arrivierte Schauspieler“ ausgezeichnet. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Doch Bochum hat für den Darsteller, der für seine Kunst im letzten Jahr mit dem Bochumer Theaterpreis geehrt wurde, noch einen weiteren, ganz anderen Wert, denn hier begann auch seine fotografische Karriere. Kaum jemand weiß, dass Hunsteins Anfänge, sowohl darstellerisch als auch bildnerisch, in unserer Stadt liegen.

Gewinner des Deutschen Photopreises

Wenn er in seinen Rollen stets klar Stellung bezieht, gilt dies auch für seine Fotografie gilt, die sich an Marshall McLuhans Kommunikations-These „Das Medium in die Botschaft“ orientiert. „Ich stehe dem Fotografieren eigentlich skeptisch gegenüber“, sagt der Fotokünstler Hunstein. Ihn interessiere nicht so sehr das Abbilden der Welt, sondern die mediale Untersuchung dessen, was Fotografie kann – und was nicht. Deshalb sei er auch kein Dokumentarfotograf geworden, „ich fokussiere mich eher auf das Innere der Fotografie selbst“, sagt Hunstein, der in den 80er Jahre auch seine erste Ausstellung hierzulande hatte: in der Galerie „Die Halle“ an der Adolfstraße.

Mit den dort gezeigten Arbeiten heimste der aufstrebende Künstler dann 1991 bereits den renommierten Deutschen Photopreis ein.

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Ausstellung im Kunstmuseum Bochum

In zwei Wochen knüpft Hunstein an seine ganz private Bochumer Tradition an. Im Kunstmuseum laufen bereits die Vorbereitungen auf die große Foto-Schau, die ab 7. November neue Arbeiten von ihm präsentiert. Auch in „Abbild und Wirklichkeit“ stehen die Auslotung der Ausdrucks- und Darstellungsmöglichkeiten des Mediums Fotografie im Fokus. „Das fotografische Bild bewirkt unabhängig von seinen Inhalten eine Veränderung der Wahrnehmung und des Denkens“, sagt Stefan Hunstein. Es stellt neue Wirklichkeiten her.

Hier schließt sich ein Kreis, denn auf dem Theater gilt dasselbe. Auch der Schauspieler stellt an jedem Abend neue Wirklichkeiten her, die sich das Publikum erobern muss.

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