Bochum. Schöne Aussichten für Schönheitschirurgen: Die Zahl der Operationen und Behandlungen steigt in Corona-Zeiten an. Männer sind auf dem Vormarsch.
Die Zahl der Schönheitsoperationen nimmt in Corona-Zeiten deutlich zu. Das bestätigten drei Bochumer Chirurgen im WAZ-Gespräch. Im St.-Josef-Hospital ist von einem „sprunghaften Anstieg“ die Rede. Das Privatärztliche Zentrum von Dr. Darius Alamouti meldet bei einzelnen Eingriffen ein Plus bis zu 200 Prozent. Dr. Michaela Montanari bestätigt: „Viele Menschen wollen sich in der Krise etwas Gutes tun.“
Das Geschäft mit der Schönheit boomt. Und das schon weit vor Corona. Immer mehr Frauen und Männer legen sich unters Messer, um jünger, vitaler, attraktiver zu wirken. Mehr als 83.000 Schönheitseingriffe weist der Jahresbericht 2019 der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen aus: ein Zuwachs von 7,5 Prozent. Männer machen einen Anteil von 14 Prozent aus. Tendenz: steigend.
Schönheits-OPs in Bochum: Augenlider und Fettabsaugungen liegen vorn
„Trotz des sechswöchigen Lockdown im Frühjahr werden wir die hohen Vorjahreszahlen an Behandlungen 2020 wieder erreichen“, sagt Dr. Klaus Hoffmann, Leiter der Schönheitsmedizin in der Hautklinik des Katholischen Klinikums Bochum mit seiner Abteilung für ästhetisch-operative Medizin und kosmetische Dermatologie. „Durch die Reisebeschränkungen mussten viele Menschen daheim bleiben. Das eingesparte Geld für den Urlaub wird für die Schönheitsmedizin eingesetzt.“
Bei den Operationen im St.-Josef-Hospital liegen Augenlidplastiken sowie Fettabsaugungen und -entfernungen weit vorn. Auch Filler und Botox sind stark gefragt. „Schon in der Vergangenheit hatten wir jährliche Zuwächse von 20 Prozent. In den letzten zwölf Monaten haben sich die Zahlen nochmals verdoppelt“, so Hoffmann. Dabei könne die Universitäts-Hautklinik mit ihrem Laserzentrum auf 60 hochmoderne Geräte zurückgreifen. „Mit den dadurch erreichten Patientenzahlen dürften wir in Bochum eindeutig Marktführer sein.“
Hygiene-Maßnahmen wurden verstärkt
Sorgen sich Patienten um mögliche Ansteckungsgefahren? „Die Hygienemaßnahmen wurden massiv verstärkt. Sämtliche Kontakte können nachverfolgt werden. Wir nutzen virusdichte Filter und sind rund um die Uhr auch für Notfälle erreichbar. Mehr kann man für die Sicherheit nicht tun“, betont Klaus Hoffmann.
Hohe Hygiene-Standards sind auch bei Dr. Michaela Montanari ein Muss. Gleichwohl sah sich die Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie in ihrer Praxis an der Humboldtstraße zuletzt auch mit Absagen konfrontiert: „Manche halten eine Schönheits-OP zum jetzigen Zeitpunkt für zu gefährlich, andere sind in Kurzarbeit oder müssen um ihren Job bangen.“
Dr. Alamouti: Das Leben rosig machen
Zunehmend spürbar sei auf der anderen Seite die Sehnsucht zahlreicher Menschen, „in sich selbst zu investieren“, so Montanari. Längst hat sie wieder alle Hände voll zu tun, um allen Patientenwünschen gerecht zu werden. Fettabsaugungen stehen auch bei ihr ganz oben auf der OP-Liste, gefolgt von ihrem Fachgebiet, der Intim-Chirurgie, Lippenunterspritzungen („Unter der Maske fällt das in den ersten Tagen weniger auf“), Brust-OPs und der Anti-Falten-Behandlung. Dabei seien es vor allem Alleinstehende, die nach Wochen und Monaten des Homeoffice „endlich wieder raus dürfen und wollen und dabei gut aussehen möchten“.
Das wollen auch die Patienten von Darius Alamouti. „Die Menschen sagen sich in der Corona-Krise: Wir sehen schwarz – und machen uns das Leben rosig“, meint der Facharzt, der mit seinem Privatärztlichen Zentrum seit 2019 im ehemaligen Nordbahnhof am Ostring praktiziert. Auf 20 bis 200 Prozent beziffert er die Zuwachsraten während der Pandemie. Die OP-Säle seien auf Wochen ausgebucht.
Warnung vor Behandlungen im Ausland
Hautstraffung per Laser, Botox und Filler vor allem für die Augenpartie, die über der Maske derzeit besonders zur Geltung kommt, Lipödem-Absaugungen bei den Frauen, Fettreduktion an Brust und Bauch sowie Haartransplantationen nach dem Vorbild von Jürgen Klopp bei den Männern: „Die Leute haben Zeit und wegen der ausgefallenen Ferienreisen vielfach auch mehr Geld“, sagt Alamouti.
Klinik nimmt neues Gerät in Betrieb
Als erste Universitätsklinik in Europa hat das St.-Josef-Hospital in dieser Woche das Medizingerät „Emsculpt Neo“ in Betrieb genommen.
Nach Angaben von Hautklinik-Leiter Dr. Klaus Hoffmann ist es in der Lage, mittels Magnet- und Radiofrequenztechnologie gleichzeitig Muskeln aufzubauen und Fettzellen im Unterhautgewebe abzubauen.
In der Regel seien vier bis sechs Behandlungen notwendig, um zu sichtbaren Ergebnissen zu kommen, teilt der Hersteller mit. Die Kosten bewegen sich zwischen 300 und 600 Euro pro Behandlung.
Dringend warnt er – ebenso wie seine Kollegen – vor Sparsamkeit am falschen Ende. Alamouti: „Pro Tag sehen wir hier ein bis zwei Patientinnen und Patienten, die nach missglückten Eingriffen zu uns kommen. Viele haben sich im Ausland behandeln lassen, weil es dort billiger ist. Doch oft fehlt es diesen Ärzten an Ausbildung und Erfahrung, deshalb muss ich dringend davon abraten. Letzteres gilt im Übrigen leider auch für Deutschland.“