Bochum. Videokonferenzen können verräterisch sein. Ein Bochumer TV-Moderator erklärt, welche subtilen Botschaften Mimik und Gestik aussenden können.
Wer sich beim Reden an die Nase fasst, ist entlarvt. Auch der Griff ans Ohr kann verräterisch sein. „Beides sind Indizien dafür, dass man nicht die Wahrheit sagt“, erklärt Thomas Gerres. Der Bochumer Moderator und Medien-Coach ist ein Experte auf dem Feld der nonverbalen Kommunikation. Anhand von Mimik und Gestik zu entschlüsseln, wie der Chef und die Kollegen wirklich ticken: Das ist in Corona-Zeiten mit Homeoffice und Videokonferenzen spannender denn je.
Thomas Gerres weiß um die Wirkung von Sprache und Auftritt. Seit mehr als 30 Jahren ist der freiberufliche Journalist für den Hörfunk (als einer der Pioniere der „Ruhrwelle“) und für das Fernsehen tätig, wo er u.a. Oldtimer- und Kochsendungen moderiert. „Reden – Überzeugen – Präsentieren“: So wirbt der 57-Jährige für seine Seminare für Führungskräfte, die – so seine Beobachtung – zwar top im Job sind, vielfach aber große Probleme haben, als selbstsichere Redner zu überzeugen.
Mimik-Seminare in Bochum: Auf Augenhöhe mit der Kamera
Corona macht dem Coaching-Geschäft seit Monaten den Garaus. Zeit für Gerres, sich den Konferenzen zu widmen, die täglich Millionen Beschäftigte virtuell an einen Tisch holen: Video-Schalten. „Mimik-Resonanz-Training“ nennt der Stiepeler sein kostenloses Angebot an Unternehmer und leitende Angestellte. Sein Versprechen: Ich zeige euch, was man vor der PC-Kamera daheim alles falsch machen kann – und wie es richtig geht.
Bevor das Meeting beginnt: Auf den Hintergrund und die Sitzposition achten! Der Anblick des Abwasches neben dem Küchentisch oder der Bügelwäsche im Arbeitszimmer sollte der Belegschaft ebenso erspart bleiben wie die halbleere Whisky-Flasche vom Vorabend. Die Kamera sollte sich auf Augenhöhe, besser noch leicht erhöht befinden: „Das öffnet automatisch die Augen.“ Keinesfalls von unten nach oben filmen, warnt Gerres: „Das hat oft einen dämonischen Effekt und macht ein Doppelkinn.“
Augenrollen zeigt: „Die schon wieder...“
Geht’s ins Gespräch, zähle eine Eigenschaft bei Videokonferenzen noch mehr als in analogen Runden: Empathie. Und zwar eine, die authentisch rüberkommt. Das wiederum transportieren Mimik und Gestik, meist mit kleinen, aber aufschlussreichen Signalen (der Fachmann spricht von „subtilen Expressionen“). Sehr wohl erkenne das geübte Auge, ob der Vorturner auf dem Bildschirm es ehrlich meint. Das Augenrollen bei den Ausführungen des Kollegen X gehört ebenso dazu wie der genervte Blick nach links oben oder rechts unten beim täglichen Monolog der Kollegin Y. Motto: „Die schon wieder...“ Besser als unterbewusste Botschaften: Das direkte Gespräch unter vier Augen suchen.
Lustlosigkeit (Fläzen im Bürostuhl) oder Zweifel (Stirnfalten, Augenmimik) seien gleichfalls an der Körpersprache abzulesen. Und ein Chef, der sich – siehe oben – beim Loblied auf die Verdienste des ruhmreichen Kollegen Z ständig ins Gesicht fasst, könnte es nicht ganz mit der Wahrheit halten.
Inhalte sind bei der Wahrnehmung unwichtig
„Noch verheerender ist es, wenn man sich in ewig langen Videokonferenzen verliert, zum Beispiel plötzlich anfängt zu popeln. Auch das passiert“, sagt Thomas Gerres. Dabei sei Souveränität (oder zumindest der glaubwürdige Anschein davon) zu lernen und zu üben. Feste Körperhaltung. Feste Stimme. Fester Blick in die Kamera. Übereinstimmung zwischen Mimik, Gestik und Gesagtem. Das Ganze möglichst nicht im ollen Jogginganzug: Das sind die Regeln, um sich den Respekt der lebenden Lügendetektoren auf dem Display zu verdienen und zu bewahren.
Mimik-Seminare sind kostenlos
„Der Profi-Blick hinter die Maske“: So wirbt Thomas Gerres für sein Mimik-Resonanz-Training, das er für Unternehmer und Führungskräfte anbietet.
Dabei geht es u.a. um den Umgang mit mimischen Signalen, ein „Empathie-Muskeltraining“ und die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Lüge.
Die Teilnahme ist kostenlos. Infos und Anmeldungen unter 0234/41 40 06 24 und info@tgmedien.de.
Was der Chef oder die Kollegen dabei Schlaues von sich geben, ist laut Thomas Gerres vergleichsweise unwichtig. Die Wissenschaft, schildert er, habe untersucht, welche Elemente die Wahrnehmung bei einer Videokonferenz bestimmen. Ergebnis: 55 Prozent Körpersprache, 38 Prozent Stimme und ganze sieben Prozent Inhalt.
Also: Hände weg von Nase und Ohr!