Bochum. Die WAZ-Redaktion Bochum hat sich zerstreut. Doch virtuell vereint behält sie die Stadt im Auge und berichtet aktuell über alle Entwicklungen.

Das hatte ich mir irgendwie ganz anders ausgemalt. Nach der Kur wollte ich mit neuem Elan ins Team zurückkehren, mit neuen Vorsätzen alte Laster besiegen und mich mit vollen Akkus meiner Leidenschaft, dem Journalismus in dieser so spannenden Stadt widmen, die mir – als gebürtigem Essener – längst zur neuen Heimat geworden ist. Und jetzt: Homeoffice Bochum und die Welt im Ausnahmezustand.

Dem Nano-Zwerg ins Gesicht schauen

Das Virus, dieser Zwerg mit seinen rund 120 Nanometern Größe, darum geht es jetzt. Ein Nanometer, das ist ein Millionstel Millimeter.Dagegen ist der einst von Robert Koch entdeckte Tuberkel-Bazillus ein richtiger Riese!

Erinnerung an Tubi, der Tuberkel-Bazillus


Gar nicht lächerlich, sondern sehr ernst ist die Situation. Da ich nun als Journalist einen Großteil meiner Zeit mit diesem Virus verbringen werde, mache ich es mir mit den Mitteln der Sprache klein. Wie Otto Waalkes einst dem bösen, und da schon lange enttarnten Tuberkel-Bazillus, mit der niedlichen Anrede „Tubi“ seinen Stachel nahm, taufe ich Corona (lat. Kranz) für mich im Stillen auf „Coro“ (von Corolla, lat. Kränzchen) um.

Doch jetzt ist es meine Aufgabe, den Leserinnen und Lesern, neudeutsch Usern, einen Blick ins Homeoffice zu gewähren. Gegen 8 Uhr morgens habe ich zwei Laptops, ein I-Phone, ein I-Pad und ein Festnetztelefon auf dem viel zu kleinen Schreibtisch im Arbeitszimmer platziert. Nachdem ich mich durch diverse Mails mit Anweisungen zu allerlei Richtlinien für das Arbeiten in den eigenen vier Wänden gequält habe, steht das Homeoffice. Das hoffe ich jedenfalls optimistisch.

Unterm Dach eingerichtet

Ich darf verraten, dass dieses Zimmer sonst eher das Reich meines Sohnes ist, befindet sich doch hier unterm Dach die Playstation und ein Fernseher zum Streamen von allerlei Filmen. Doch er hat das Feld bereitwillig geräumt. Jetzt ist es, jedenfalls zu den Arbeitszeiten, mein Reich. In dem richte ich mich gerade ein.

Aus irgendeinem Grund habe ich einen alten Globus hier oben. Der verstaubt einsam in einer Ecke. Jetzt steht er, ein analoges pädagogisches Gerät aus längst vergangener Zeiten, direkt neben dem digitalen Kram, der es erst möglich macht, Journalismus sozusagen in Pantoffeln zu betreiben.
Ja, ich gebe zu, da ich diese Zeilen schreibe, sitze eben noch mit Pantoffeln und im Schlafanzug am Rechner und malträtiere den Laptop. Ja der Globus, irgendwie gibt er Sicherheit und das Bewusstsein, dass wir alle auf dieser Erde nun besonders gefordert sind.

Kreativität in der Krise

In wenigen Minuten ist die Redaktion, verstreut über das halbe Ruhrgebiet und doch konzentriert auf die eine Aufgabe, aus Bochum und über Bochum zu berichten, einsatzbereit. Neue Arbeits- und Kommunikationswege gilt es einzuüben. „Wir sind kreative Menschen und in der Krise zeigen wir erst recht Kreativität und Corona, äh 'Coro', eine lange Nase, in dem wir uns nicht unterkriegen lassen und zusammen stehen“, sage ich mir hier allein unterm Dach vor der Telefonkonferenz.

Irgendwie komme ich mir übrigens mittlerweile im saloppen Nachtoutfit nicht mehr so ganz angemessen gekleidet vor, obwohl wir ja jetzt keine Video-Konferenz haben. Also sitze ich in Jeans, T-Shirt und Jacke (aber immer noch mit Pantoffeln) am Schreibtisch. Hinter mir im Regal reihen sich Bücher und allerhand Dinge, die das Leben so in dieses Zimmer gespült hat. Darunter eine Zeichnung meines Sohns und ein Fotoapparat aus den frühen 50er Jahren, den mein Vater einst geschenkt bekommen hat.

Eine spannende Erfahrung


Dies ist eine ungewohnte Arbeitsumgebung aber eine spannende Erfahrung und eine Herausforderung, denn eine Redaktion ist nicht nur ein Team, das gemeinsam Nachrichten bearbeitet, kommentiert, reportiert und beleuchtet. Nein, sie lebt gerade und vor allem von der Kommunikation untereinander, der direkten vor allem, und mit Menschen, die sich idealerweise in die Augen schauen.

Ich bin gespannt, wie es uns als erfahrenes Team gelingt mit dieser Ausnahmesituation umzugehen.
Mein Handy klingelt. Konferenz. Die Themen des Tages werden besprochen, natürlich steht 'Coro' im Zentrum. Doch es gibt sie dennoch, die Dinge des Alltags, wie "Straßenausbesserungsarbeiten am Ruhrpark". Irgendwie tröstlich, denn an diesen kleinen Dingen, ja sogar den Unannehmlichkeiten, halten wir uns fest. Und natürlich berichtet die Redaktion darüber. Wir packen das! Gemeinsam!

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