Bochum. Heizpilze gelten als klimaschädlich. In der Corona-Krise bleiben sie in Bochum dennoch erlaubt: Die Stadt will so die Gastronomie unterstützen.

Die Gastronomie setzt in Corona-Zeiten mehr denn je auf Heizpilze, um die Herbst- und Wintersaison zu überstehen. Stadt und Politik werden dabei nicht den Aus-Schalter drücken. Zwar müsse nach der Pandemie über ein Verbot geredet werden. „Aktuell ist das bei uns aber kein Thema. Auch wir wollen ja, dass die Gastronomie nach der Krise noch da ist“, sagt Sebastian Pewny, Sprecher für Verkehr und Umwelt der Ratsfraktion der Grünen, auf WAZ-Anfrage.

Die Umsätze: klein. Die Sorgen: groß: Nach dem Lockdown ist das Geschäft in Lokalen und Kneipen nur schwerfällig angelaufen. Spürbar sei die Angst zahlreicher Gäste vor einer Infektionsgefahr, berichten die Wirte – gerade in den Innenräumen.

Corona in Bochum: Heizpilze sollen Freiluft-Saison verlängern

Heizpilze sollen vielerorts die Open-Air-Saison verlängern, zumal Decken unter Hygiene-Gesichtspunkten kritisch sind. „Für die Übergangszeit im Oktober/November und im Frühjahr wurden sie für die Branche immer wichtiger, gerade nach dem Nichtraucherschutzgesetz“, sagt Christian Bickelbacher, Vorstandsmitglied der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Bermudadreieck.

In diesen Wochen hätten manche Kollegen die Heizpilze „wieder aus dem Keller und der Garage geholt“, so Bickelbacher. Es gilt, sich für die kalte Jahreszeit zu rüsten – und dank der Gas-Wärmer möglichst viele Gäste in den Biergärten (bald: „Glühgärten“), auf den Außenterrassen und Freisitzen bedienen zu können.

Geräte gelten als klimaschädlich

Das ist zwar schädlich fürs Klima. Stündlich verbraucht ein Gerät 0,4 bis ein Kilogramm Gas und setzt dabei 1,2 bis drei Kilogramm Kohlendioxyd frei. „Aktuell brauchen wir sie aber für die Außengastronomie. Nicht alle Betriebe verfügen dort über einen Stromanschluss für einen Elektrostrahler“, betont Bickelbacher.

Umsätze gehen dramatisch zurück

Verheerende Zahlen für die Gastronomie in NRW meldet das Statistische Landesamt auch nach dem Ende des Lockdowns.

Die Umsätze im Juli fielen um 26,7 Prozent geringer aus als im Vorjahresmonat. In der „ausschankgeprägten Gastronomie“ (so die Wortschöpfung der Statistiker) waren es sogar 43 Prozent.

Noch schlimmer erwischte es die Hotels mit minus 50,9 Prozent.

Einziger Lichtblick: Im Vergleich zum Juni ging es in den Gaststätten und Restaurants nach oben: um 16 Prozent.

Die seien „natürlich die bessere Alternative“, sagt Sebastian Pewny. Weil die Strom-Heizer zuletzt deutlich auf dem Vormarsch waren, habe die Politik darauf verzichtet, eine Obergrenze für Heizpilze im Dreieck aufzustellen. Dazu werde es auch jetzt nicht kommen, ebenso wenig wie zu einem Verbot, versichert Pewny. „Wir sind mitten in einer Krisenphase. Da muss man flexibel sein und auch Dinge erlauben, die umweltschädlich sind.“

Stadt: Neuregelung nach Notlage

Das sieht die Verwaltung ebenso. „Das Aufstellen von Heizstrahlern ist in Bochum nicht verboten. Rein unter Klimaschutz-Aspekten betrachtet, ist ihr Einsatz aber natürlich nicht vertretbar“, erklärt Sprecher Peter van Dyk. Wäge man den Umweltschutz jedoch mit der Notlage ab, in die viele Gastronomen durch die Pandemie geraten seien, „so scheint der Einsatz von Heizstrahlern geeignet, einen noch größeren Umsatzeinbruch in der kühleren Jahreszeit zu verhindern und damit gegebenenfalls den Fortbestand von Betrieben zu ermöglichen“.

In Zukunft, so die Stadt, werde aber „auf jeden Fall über eine Neuregelung im Sinne des Klimaschutzes zu sprechen sein“. Christian Bickelbacher bekräftigt: „Auch ich bin für die Abschaffung der Heizpilze.“ Aber: „Bitte nicht jetzt!“