Bochum. Am Sonntag stimmen die Bochumer darüber ab, wer künftig ihr Oberbürgermeister ist. Die WAZ fragt die Kandidaten: Wie binden Sie Bürger mit ein?
Um das richtige Kreuzchen auf dem Wahlzettel buhlen Politiker immer eifrig. Doch nach der Wahl ist von all dem Werben oft nicht mehr viel übrig, die wichtigen Entscheidungen treffen die hohen Herrschaften im Rathaus gern unter sich.
Allein: Viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich mehr Beteiligung. Vor der Wahl fragt die WAZ die OB-Kandidaten: Demokratie ist mehr als wählen – Wie binden Sie Bürger ein?
OB-Wahl in Bochum – Das sagen die Kandidaten zur Bürgerbeteiligung:
Thomas Eiskirch, Kandidat von SPD und Grünen:
„Die Zusammenarbeit und der Dialog mit den Bürgern war in den vergangenen Jahren schon ein wichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit. Die Bürgerkonferenzen haben wertvolle Ergebnisse zu Stadtentwicklung und Mobilität gebracht. Die Gespräche in den Bürgerstunden haben meine Arbeit nachhaltig beeinflusst. Darüber hinaus gibt es mit dem Jugenddialog, dem Sommerdialog, den Stadtteilspaziergängen und weiteren Angeboten so viel Bürgerbeteiligung wie nie. Das möchte ich weiter ausbauen. In Kürze mit einer Vorhabenliste, auf der früh sichtbar ist, was kommt und wann und wo man sich einbringen kann. Nur dann, wenn wir Bochum gemeinsam denken, kommt auch eine Stadt für alle dabei heraus.“
Christian Haardt, CDU:
„Der niederschwellige Austausch ist ganz wichtig. Wir haben bereits sehr gute Erfahrungen gemacht, vor Ort die Anwohner und Bürger früher in unsere Überlegungen mit einzubeziehen. Neben den gesetzlichen Vorgaben der Beteiligung, z.B. im Rahmen eines Bebauungsplans, werde ich mich dafür einsetzen, freiwillig möglichst früh die Ideen und Anregungen der Bürger vor Ort mit in die Planungen einzubeziehen. Wir werden sicherstellen, dass alle städtischen Vorhaben mit dem jeweiligen Planungsstand, den voraussichtlichen zeitlichen Abläufen und der beabsichtigten Form der Bürgerbeteiligung in eine Vorhabenliste eingestellt werden, die online einsehbar ist. Als Oberbürgermeister werde ich außerdem Bürgersprechstunden anbieten.“
Amid Rabieh, Die Linke:
„Ein Demokratieverständnis, nach dem allein die Ratsmehrheit für die Menschen entscheidet, beeinflusst von Verwaltung und Beratungsagenturen, ist nicht mehr zeitgemäß. Wenn Wählengehen bedeutet, die Stimme für die nächsten fünf Jahre abzugeben, sorgt das zu Recht für Politikverdrossenheit. Wir treten an für mehr Mitbestimmung, gemeinsame Planung, direkte Demokratie, Beteiligung auf allen Ebenen und mehr Transparenz. Dafür wollen wir einen Beteiligungsbeirat mit Mitgliedern aus der Zivilgesellschaft gründen, der Mitbestimmungsformate für alle städtischen Planungen entwickelt. Wichtig ist uns, dass die Menschen bereits über die Planungsziele mitbestimmen können – und nicht nur über irgendwelche Details.“
Felix Haltt, FDP:
„Die Vergangenheit hat gezeigt, dass gerade Planungs- und Bauvorhaben einen Ausgleich verschiedener Interessen benötigen. Daher müssen bei solchen Vorhaben, aber auch bei weiteren wichtigen strategischen Entscheidungen in Bochum alle betroffenen Akteure frühzeitig einbezogen werden, um eine größtmögliche Transparenz und Beteiligung zu ermöglichen. Bürgerbefragungen – am besten digital per App – müssen häufiger eingesetzt werden. Zudem sollen die Bochumer direkten Einfluss auf die Finanzierung von Maßnahmen und Projekten bekommen. Mit bezirks- und stadtweiten Bürgerhaushalten soll die Bürgerschaft direkt über die Mittelvergabe abstimmen können. Außerdem setze ich mich für ein Kinder- und Jugendparlament ein.“
Günter Gleising, Soziale Liste:
„Die Bochumer Kommunalpolitik braucht mehr Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger.
Ich unterstütze dabei die Forderungen des Netzwerkes für Bürgernahe Stadtentwicklung, insbesondere die nach der Bildung eines Bürgerforums, Bürgerbeirates und der Schaffung von Leitlinien für die Bürgerbeteiligung. Seit Jahren setzte ich mich für die Videoübertragungen von Rats- und anderen wichtigen Sitzungen ein, was von den Parteien der Ratskoalition (SPD und Grüne) stets abgelehnt wurde.
Die Möglichkeiten sich mit Anträgen, Beschwerden und Ideen direkt an den Rat und die Ausschüsse wenden zu können, sollten erweitert und entbürokratisiert werden. Außerdem sollten die Verwaltung und die Politik stärker ,vor Ort’ Präsenz zeigen.“
Volker Steude, Die Stadtgestalter:
„Die Bürgerbeteiligung soll auf eine neues Niveau gehoben werden. Verbindliche Verfahren zur Beteiligung und Mitentscheidung der Bürger in festgelegten Bereichen sollen in der Hauptsatzung der Stadt festgeschrieben werden. Die Bürger sollen über einen Teil der städtischen Ausgaben selbst entscheiden (Bürgerhaushalt). Die Bürger sollen ein neues, vereinfachtes Vorschlagsrecht bekommen, nach dem Bürgervorschläge von der Politik ernsthaft behandelt bzw. den Bürgern zur Abstimmung gestellt werden müssen, sobald die Vorschläge von einem bestimmten Quorum aus der Bürgerschaft unterstützt werden. Die Bürgerbeteiligung und die umfänglichen Informationen über alle relevanten städtischen Vorhaben soll über eine neue digitale Plattform erfolgen, wie diese bereits in Madrid und Paris genutzt wird (Software: Consul).“
Jens Lücking, UWG: Freie Bürger:
„Die gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsformate reichen oft nicht aus. Deshalb sollte vor einer Maßnahme die Kompetenz der Bürger vor Ort genutzt werden und Ideen in Bürgerkonferenzen gesammelt werden. Durch die Einbindung der Menschen vor Ort sind Entscheidungen nachvollziehbarer und finden mehr Akzeptanz. In Ausschüssen sollten die Bürger die Gelegenheit haben, zu Themen kurz vorzutragen. Die Bedeutung der Bezirksvertretungen muss gestärkt und diese mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden.“
Nils-Frederick Brandt, Die Partei:
„Bürger dürfen aktiv an unserer Politik und unseren Themen teilhaben und mitarbeiten. Aber vorerst am 13.9. das Kreuz bei der Partei ,Die PARTEI’ machen.“
Außerdem kandidiert Ariane Meise für die NPD.