Bochum-Stiepel/Westenfeld. Im Zuge der Coronakrise boomen regionale Lebensmittel. Auch der Eierautomat von Hühnerzüchterin Inga Koralewski aus Bochum findet regen Zulauf.

4,50 Euro in den Eierautomaten geschmissen, schon kommt ein Paket mit 10 frischen Stiepeler Freilandeiern aus dem Automaten: „Ich bin seit Anfang an Kunde und komme wöchentlich“, sagt Rainer G., der gerade mit seiner Tochter am Eierautomat „Im Haarmansbusch“ einkauft. Er sei bereit, den höheren Preis zu zahlen, weil die Eier geschmacklich nicht mit denen aus dem Supermarkt vergleichbar seien.

Die Nachfrage ist groß

Landwirtin Inga Koralewski dürfte das freuen. Dazu hat sie derzeit Gründe genug: „Die Coronakrise hat mir viele neue Kunden gebracht“, sagt sie 38-Jährige, die in Stiepel einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb führt. Es fing mit 30 Hühnern im Bauwagen an, fünf Jahre später leben 1100 Legehennen auf Koralewskis Hof. Namen gibt sie ihnen längst nicht mehr – nur die gehandicapte Henne „Chika“ lebt noch handzahm nahe dem Hause.

Hofverkauf boomt

Die regionalen Produkte haben ihren Preis: Bei Koralewski (Im Haarmannsbusch 142) kosten 10 Eier 4,50 Euro, Eiernudeln 3,80 Euro, Hühnerfond 4 Euro.

Beim Hof Schulte-Schüren (Kemnader Straße 197) gibt‘s drei Grillwürste für 2,50 Euro und zwei Nackensteaks für 4 Euro. Der Hofladen Westerhoff liegt an der Westenfelder Straße 155 in Wattenscheid. Unter www.mein-mobil-ei.de können Kunden nahegelegene Hühnerställe finden.

„Ich habe drei mobile Ställe, meine Hühner legen täglich 900 Eier“, sagt die Landwirtin. Die sammelt sie bis zu zwei Mal am Tag ein, und vertreibt sie ausschließlich über den Eierautomaten. Ein typisches Bild zu Beginn der Coronakrise: Als Koralewski um 5 Uhr morgens den Eierautomaten auffüllte, warteten die Kunden schon seit 4.30 Uhr – um 6 Uhr waren die Eier bereits ausverkauft.

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Anstoß durch Pandemie

„Ich will nicht überproduzieren und kaufe nur neue Hühner, wenn der Bedarf da ist“, sagt Koralewski. Und der ist gewachsen: „Normalerweise haben wir nach Ostern und in den Sommerferien ein Loch, das wir mit der Herstellung von Eiernudeln, Likör oder Hühnersuppe überbrücken“, sagt die 38-Jährige, deren liebste Eierspeisen Pfannkuchen und Rührei sind. Zu Zeiten der Coronakrise sei die Sommerflaute sehr gering ausgefallen, die Kunden weitergekommen. „Der Zulauf ist groß, besonders jetzt fragen sich die Leute, wie sie gesund bleiben können“, sagt Koralewski.

Inga Koralewski zeigt die Eier-Ablage ihres Hühnermobils in Bochum-Stiepel.
Inga Koralewski zeigt die Eier-Ablage ihres Hühnermobils in Bochum-Stiepel. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Aus Gesprächen mit Kunden habe sie außerdem erfahren, dass die Pandemie den Anstoß zur Beschäftigung mit regionaler Versorgung gegeben habe. „Bei mir können die Leute sich die Hühner auch angucken, ich nehme sie gerne mit auf den Hof und zeige alles“, sagt die Hühnerzüchterin. Denn die Tiere sitzen bei Koralewski noch in richtigen Nestern mit Spelzen, anstatt auf Gummimatten und Abrollnestern. „Ein Huhn hat bei mir 2,5 Quadratmeter Grünauslauf – in der Bodenhaltung teilen sich neun Hennen einen Quadratmeter Stallfläche“, sagt die Bäuerin und zeigt gackernde Scharen von Hennen.

Jedes Ei sieht anders aus

Jedes Ei sieht hier anders aus: große, kleine, helle, dunkle. „Wir sortieren nur Eier mit Kot aus, verkaufen aber im Automaten auch Zwillingseier mit zwei Eigelben“, sagt sie. Das Geheimnis des, wie Koralewski behauptet, besten Eiergeschmacks in Bochum: „Meine Hühner ziehen alle ein bis drei Wochen um und haben frisches Grün zu fressen.“ Außerdem viel Scharr-Raum, hochwertiges Futter und Vitamine. Wer sich in der Coronakrise einmal davon überzeugen konnte, sei Kunde geblieben.

Ein Drittel mehr Kunden

Ähnliches erfährt man vom Stiepeler Hof Schulte-Schüren. „Der Zulauf besonders am Anfang der Krise war rege, jetzt gehen die Zahlen wieder etwas zurück. Bei uns sind die Kunden nicht an Öffnungszeiten gebunden“, sagt Guido Schulte-Schüren, der in auch Automaten Grillwürste, Milch und Nudeln verkauft. Er habe auch beobachtet, dass eine größere Breite der Produktpalette gekauft worden sei. Seit kurzem steht auch Desinfektionsmittel mit im Automaten.

Eierautomat an der Straße Im Haarmannsbusch in Bochum-Stiepel: Er gehört zum Hühnerhof von Inga Koralewski.
Eierautomat an der Straße Im Haarmannsbusch in Bochum-Stiepel: Er gehört zum Hühnerhof von Inga Koralewski. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Landwirte zufrieden

Ernst-Wilhelm Westerhoff, Betreiber des Hofladens in Wattenscheid-Westenfeld, hofft, die meisten der gewonnenen Neukunden zu halten: „Ich schätze, dass wir ein Drittel mehr Kunden hatten und hoffe, mindestens zehn Prozent zu halten“, so der Landwirt von der Westenfelder Straße. Im Hofladen dürften sich aktuell drei Menschen gleichzeitig aufhalten, das sei ein ganz anderes Bild als im Supermarkt – nette und motivierende Gespräche inklusive. „Bei uns gab es außerdem zu Hamsterzeiten Mehl – ohne Rationierung. Das hat viele angelockt.“ Auch Kartoffeln, Eier und saisonale Produkte wie Erdbeeren und Spargel seien gut gefragt gewesen. Dass die Nachfrage so bleibt, hoffen alle drei Landwirte.

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