Bochum. Am 13. September wählen die Bochumer ihren Oberbürgermeister. Die WAZ fühlt den Kandidaten auf den Zahn. Hier: Klimanotstand. Was folgt daraus?
Ein Temperaturrekord jagt den nächsten, ein Dürrejahr folgt aufs andere: Dass die globale Klimaerwärmung weiter voranschreitet und die Hitze-Phänomene im Rekordtempo zunehmen, weiß mittlerweile wohl jedes Kind.
Doch was plant die Politik dagegen zu unternehmen? Wie könnte sich unser aller Leben ändern, um das Klima vielleicht in erträgliche Bahnen zu lenken?
Kurz vor der Kommunalwahl hat die WAZ-Lokalrektion den Bochumer Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters genauer auf den Zahn gefühlt – und sie gefragt: Was bedeutet der Klimanotstand für uns?
Das sagen die OB-Kandidaten in Bochum:
Jens Lücking (UWG: Freie Bürger):
„Symbolpolitik ist nicht mein Ding. Angst war noch nie ein guter Berater bei der Lösung von Problemen. Kluge Strategien in den einzelnen Entscheidungen, die Klimabilanz zu verbessern, helfen weiter. Mehr Grün und Wasser in der Stadt sind ein Anfang. Bei Neubaugebieten sollte es Quartiersgaragen geben, wo die Fahrzeuge abgestellt werden, um die Straßen und Wege von Fahrzeugen frei zuhalten. Aufklärung und Überzeugung sind besser als Verbote. Und eine Zielvorgabe zur Vernichtung von Parkraum ist keine Politik, die kluge Entscheidungen trifft, sondern pure Ideologie.“
Nils-Frederick Brandt (Die Partei):
„Unsere Aufgabe ist es, Bochum Klima-positiv zu bekommen, indem wir die Innenstadt autofrei bekommen mit Hilfe des ausgebauten ÖPNV. Hinzu kommt der Bau eines Fusionsreaktors bis 2030 aus geheimen Gründen, denn ,Teile der Antwort würden die Bevölkerung verunsichern’ (Zitat Thomas de Maizière).“
Amid Rabieh (Die Linke):
„Die Zeit drängt. Bochum ist mit seinen Hitzeinseln und zu wenigen Kaltluftschneisen besonders anfällig. Abgesehen von Köln hat sich die Temperatur in keiner anderen NRW-Innenstadt so stark erhöht wie in Bochum. Gegensteuern heißt für uns: Grünflächen erhalten, Leerstände aktivieren vor neuer Flächenversiegelung. Industriebrachen renaturieren und nachhaltig nutzen statt Bäume fällen, Baumschutzsatzung überarbeiten. Dachflächen wollen wir stärker zur Strom- und Wärmeerzeugung nutzen und begrünen. Zwar hat die Stadt Klimamanager eingestellt, aber Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und seine Verwaltung hören nicht auf ihre Ratschläge. Wir wollen sie an allen Beratungen beteiligen und die Umweltverwaltung ausbauen. Die Stadtwerke wollen wir zum klimaneutralen echten Ökostrom-Anbieter machen.“
Christian Haardt (CDU):
„Weitaus wichtiger, als einen Notstand symbolisch bloß auszurufen, wäre es meiner Meinung nach, konkrete Maßnahmen zu beschließen, wie wir in unserer eigenen Verantwortung zu einem besseren Klima beitragen können. Die CDU hat dazu zum Beispiel im vergangenen Jahr bereits 26 Maßnahmen vorgestellt, die alle fraglos sofort hätten umgesetzt werden können, von denen die Koalition dann jedoch leider gleich 16 abgelehnt hat. Immer dann, wenn es für die eigene Verantwortung unangenehm wird, darf man sich nicht wegducken, finde ich. So hatten wir etwa gefordert, dass die kommunalen Unternehmen in ihren Berichten auch ihre Umweltbilanz mit aufnehmen, damit Politik in ihrer Funktion als Aufsicht über die kommunalen Unternehmen einfach und transparent auch umweltpolitische Aspekte überprüfen und direkt nachsteuern kann. Überhaupt muss die Stadt in vielen Dingen einfach pragmatisch vorangehen: Zum Beispiel bei der energetischen Sanierung ihrer eigenen Gebäude.“
Günter Gleising (Soziale Liste):
„Die Ausrufung des Klimanotstandes ist ein erster Schritt, Taten müssen folgen. Ein sauberes Bochum bekommen wir nur, wenn die Müllberge geringer und die Umweltvergiftung energisch bekämpft werden. Wir brauchen Energiesparmaßnahmen, Deckelung von Autobahnen in dicht besiedelten Wohngebieten. Außerdem sind mir der Erhalt und Ausbau der Grün- und Waldflächen sowie die Sicherung der Landwirtschaft in der Stadt wichtig. Massentierhaltung etwa von Hühnern und Schweinen darf es im Raum Bochum nicht mehr geben. Die Innenstadt wird durch das gewaltige Umbauprogramm weiter versiegelt. Vor Jahren haben wir vorgeschlagen, auf dem Gelände des früheren Justizzentrums auf Bebauung zu verzichten und stattdessen eine Grünanlage zu schaffen. Heute würde ein solches Vorhaben eine breite Diskussion hervorrufen.“
Volker Steude (Die Stadtgestalter):
„Die Stadt muss bis spätestens zum Jahr 2040 klimaneutral sein. Dieses Ziel muss nach der Wahl als eines der ersten im Stadtrat beschlossen werden. Dazu muss ein ehrgeiziges Klimakonzept mit Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die sicher stellen, dass das Ziel so schnell wie möglich erreicht wird.
Für die Umsetzung der Maßnahmen muss es einen verbindlichen Zeitplan geben. Die Realisierung wird mittels eines Controlling-Systems nachverfolgt, der Stand der Umsetzung muss für die Bürger transparent nachverfolgbar sein. Mit Priorität müssen die Maßnahmen mit dem höchsten Nutzen verfolgt werden.
Die bisherige Klimaschutzpolitik, die allein auf Pressewirksamkeit ausgerichtet ist und in kaum mehr als Ankündigungen besteht, wird beendet.“
Thomas Eiskirch (Kandidat von SPD und Grünen):
„Der Auftrag ist klar: konkretes Handeln vor Ort in Verantwortung für unser Klima. Das gilt in Bochum genau wie in jeder anderen Stadt. Diese Notwendigkeit bietet gleichzeitig eine große Chance für eine Stadtgestaltung, die zu mehr Lebensqualität führt. So pflanzen wir jedes Jahr tausende Bäume, schaffen neuen Wald und begrünen Dächer. Als Schwammstadt nutzen wir neue Möglichkeiten, um Wasser dort zu speichern, wo es gebraucht wird, um die Straßenbäume vor Trockenheit zu schützen, und setzen auf Brunnen für eine urbane Aufenthaltsqualität. Der Stadtwerke-Strom soll bereits 2022 zu 75 Prozent aus Ökostrom bestehen – ambitioniert, aber machbar. Wir werden unsere Parks auf Vordermann bringen und in den Wohnquartieren ,Pocket Parks’ als grüne Aufenthaltsflächen schaffen.“
Felix Haltt (FDP):
„Das Ausrufen des Klimanotstandes war reine Symbolpolitik, wir brauchen konkrete Maßnahmen. Mein Ziel ist es, eine klima- und umweltneutrale Stadt zu schaffen, die gleichzeitig Industrie, Wirtschaft und Arbeitsplätze ermöglicht. Dazu müssen wir auf Technologien und Innovationen setzen und Bochum zu einer Pionierstadt bei Pilotprojekten machen. Unsere Stadt soll eine moderne Müll- und Wertstoffstrategie unter Einbeziehung smarter Technologien bekommen, um die Müllgebühren niedrig zu halten, die Müllmengen zu reduzieren und die Umwelt zu schonen. Übermäßige Flächenversiegelungen müssen vermieden werden. Alle Baumaßnahmen sollen künftig Versiegelungsausgleiche vorlegen und bestehende Versiegelungen durch Ausgleichskonzepte begrünt werden. Kommunale Gebäude müssen energetisch saniert werden.“
Außerdem kandidiert die Rechtsanwältin Ariane Meise für die NPD.