Bochum. Annette Wieseotte blickt auf 50 Jahre als Fachverkäuferin im Modehaus Baltz in Bochum zurück. Anfangs bekam sie ihr Gehalt noch in der Lohntüte.
Gerade einmal 14 Jahre alt war Annette Wieseotte, als sie ihre Lehre zur Verkäuferin bei Baltz in Bochum anfing. Das war am 1. August 1970. Jetzt, 50 Jahre später, arbeitet sie immer noch in Bochums ältesten Modehaus und lässt ihr Berufsleben Revue passieren.
Mit den Eltern den Vertrag unterschrieben
Schon immer war sie stolz auf ihre Anstellung. „Für Bochum war Baltz die Top-Adresse. Es war eine Besonderheit, wenn man hier eine Stelle bekommen hat“, meint Wieseotte nachdrücklich. Ihren Ausbildungsvertrag musste sie aufgrund ihres jungen Alters damals noch gemeinsam mit ihren Eltern unterschreiben. Damit war sie nicht die Einzige. „Wir waren alle eine Altersgruppe“, erinnert sie sich. „25 Auszubildende waren wir“.
Stolz auf langjährige Mitarbeiter
Das Traditionshaus Baltz beschäftigt viele Mitarbeiter schon seit Jahren. „Wir sind froh, so viele treue Mitarbeiter zu haben“, betont Inhaber und Geschäftsführer Andor Baltz.
In diesem Jahr werden mit Annette Wieseotte insgesamt acht Jubilare gefeiert: Vier Angestellte feiern ihr 25-jähriges Jubiläum, zwei Angestellte sind seit 40 Jahren bei Baltz beschäftigt und eine weitere Angestellte feiert ihr 20-jähriges Jubiläum.
Alle werden im November bei einer Feier in der Firma geehrt.
Eigentlich wäre sie nach zwei Jahren fertig gewesen – doch Annette Wieseotte wollte mehr und verlängerte ihre Ausbildung. „Nur zwei Mädchen haben sich dazu entschieden, das dritte Ausbildungsjahr zu machen“, berichtet sie stolz.
Auch schweres Schleppen gehörte zur Ausbildung
In der Herrenabteilung begann ihre Laufbahn. Nach einem halben Jahr wechselte sie in die Stoffabteilung und lernte ihren Beruf lieben. Insgesamt 27 Jahre blieb sie dort. „Das ist meine Abteilung, hier bin ich gewachsen“, schwärmt sie. Noch heute schöpft sie aus ihrer Erfahrung im Stoffverkauf, zum Beispiel wenn sie Kunden berät. „Wenn man aus dieser Abteilung kommt, hat man einen anderen Bezug dazu, und das ist so wichtig. Ein Produkt besteht schließlich aus Stoff“, betont sie.
Die Arbeit mit den Stoffen bedeutete auch einen großen Anteil an körperlicher Betätigung. Die schweren Stoffballen mussten durchs ganze Haus getragen werden, auch von Annette Wieseotte. „Wir haben die dann so auf die Schulter genommen“, erklärt sie und simuliert die geübte Bewegung.
„Herausforderungen sind immer da“
„Es war schon eine körperliche Arbeit, aber es musste ja gemacht werden“, meint sie pragmatisch und zuckt mit den Schultern.
Auf die Frage, ob es in all den Jahren auch Herausforderungen in ihrem Beruf gab, weiß sie zunächst keine Antwort. „Es ist immer eine Herausforderung da. Ich bin eigentlich offen für alles, man muss flexibel sein“, antwortete sie schließlich.
So musste sie sich, nachdem die Stoffabteilung nicht mehr rentabel war, neu orientieren. Auf einen „kurzen Abstecher“ in die Damen-Oberbekleidung folgte ihre Mitarbeit in der Haustextilabteilung, in der sie bis heute gerne arbeitet.
Gehalt gab’s an der Hauptkasse
In all den Jahren hat sich vieles geändert. „Wir haben unser Gehalt noch in Tüten bekommen“, sagt Wieseotte lachend. „Darauf standen unser Name und unsere Personalnummer und wir mussten sie einmal im Monat an der Hauptkasse abholen“, erklärt sie belustigt. Dann wird sie etwas ernster. „Was wir im ersten Ausbildungsjahr bekommen haben, da konnte man aber nicht von leben. 142 D-Mark.“
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Seitdem ist sie einen weiten Weg gegangen, ihre Anfangsjahre im Unternehmen hat sie jedoch immer noch klar vor Augen. Inhaber und Geschäftsführer Andor Baltz schätzt die langjährige Mitarbeiterin besonders. „Frau Wieseotte hatte letztes Jahr die Möglichkeit aufzuhören und ist trotzdem noch geblieben“, erzählt er anerkennend.
Im Oktober hört die 64-Jährige nach 50 Jahren im Beruf aber dann doch auf. Annette Wieseotte ist zufrieden mit ihrer Laufbahn: „Es gab so viele schöne Momente, sonst wäre ich nicht so lange hiergeblieben.“