Wattenscheid-Mitte. Der Hoftrödel 2020 fällt wegen Corona aus. Doch die Wattenscheider können auf eine Fortsetzung des nachbarschaftlichen Trödels in 2021 hoffen.
Die Premiere machte 2019 Lust auf mehr. Die Wattenscheider besuchten Höfe, Gärten und Garageneinfahrten – auf der Suche nach „’nem Fitsch“ oder auf einen Plausch bei Getränken, Gegrilltem und Gebäck. Ein wenig Hoffnung, dass die „Hofflohmärkte“ am 8. August auch 2020 wieder für nachbarschaftliches Leben in WAT-Mitte, vielleicht für etwas Normalität gesorgt hätten, gab es noch. Letztlich aber sei es zu riskant, begründet Initiator René Götz nun die komplette Absage.
Deutschlandweite Absagen
Nicht nur Wattenscheid ist davon betroffen. „Prinzipiell wurden zum großen Teil Hofflohmärkte in ganz Deutschland von mir abgesagt. Nur in München haben wir ein paar Testläufe veranstaltet, selbst vor Ort alles kontrolliert und dabei gesehen, wie schwierig die Durchführung und der Umgang mit der Pandemie ist.“ Götz erarbeitete und veröffentlichte Hygiene- und Sicherheitskonzepte, um Corona keine Angriffsflächen zu ermöglichen, Teilnehmer und Besucher zu schützen: auf den privaten Höfen muss ein Mindestabstand eingehalten werden, Mund- und Nasenschutz ist auch im Freien Pflicht, Hände sollen desinfiziert, kontaktlos bezahlt, Menschenmengen vermieden werden.
Nicht zu realisieren
„Hier bei uns in München haben wir alles selbst kontrollieren können, zwei Ordnungspersonen pro Ort gestellt. Es muss ein klares Konzept stehen und dafür ist der Aufwand enorm groß.“ Vor allem läge die Verantwortung bei den Hofbesitzern: „Als wir die Anforderungen veröffentlicht haben, gab es viel Feedback. Leider häufig auch die Meldung, dass man das nicht realisieren könne.“
Knapp über 30 Höfe beteiligten sich in WAT-Mitte vergangenes Jahr. Bereits im März, „quasi bis zum Lockdown, hatten wir fast die gleiche Zahl. An die 50 Standorte wären es bestimmt geworden“, schätzt Götz. Vor Ort hätte erneut das Citymanagement Wattenscheid-Mitte (Bochum Marketing) die Hofflohmärkte unterstützt.
Charakter ginge verloren
Mit den vielen Anforderungen, die im Sinne des Infektionsschutzes und der Gesundheit schlicht notwendig sind, sieht jedoch auch Götz die Leichtigkeit des nachbarschaftlichen Events schwinden. Der lockere Charakter, das ungezwungene Stöbern in entspannter Atmosphäre und nicht zuletzt der Austausch im Quartier ginge so fraglos ein Stück weit verloren.
Umbuchung möglich
Damit die Hofflohmärkte in Wattenscheid-Mitte weitergehen können und nicht als erfolgreiche Eintagsfliege verbucht werden müssen, haben die Planungen fürs nächste Jahr schon begonnen. Das Quartier soll am 14. August 2021 zum kreativen Trödelmarkt werden.
Wer bereits Hof, Einfahrt oder Garten für 2020 angemeldet hatte, kann sich kostenlos ummelden. Frühbucher zahlen bis zum 14. Februar 2021 nur 5 Euro. Anmeldungen und Fragen per E-Mail an rene.goetz@hofflohmaerkte.de. Weitere Infos online auf www.hofflohmaerkte.de.
Seit über 15 Jahren veranstaltet der Münchner als Ein-Mann-Unternehmen mit engagierten Helfern deutschlandweit seine Hofflohmärkte: „Nie ist in der Zeit etwas Gravierendes passiert. Mit Corona haben wir aber einen ganz anderen Gegner. Wir wissen nicht genug, es gibt Widersprüche und Unklarheiten, was die Übertragung des Virus angeht.“
Keine Risiken eingehen
Für die Nachbarn und Veranstalter tue es ihm leid: „Ich merke aber, das Projekt gerät in dieser Pandemie an seine Grenzen. Wir möchten niemanden gefährden oder in eine Zwickmühle bringen, wenn zum Beispiel auf einmal zu viele Menschen gleichzeitig auf einen Hof stürmen.“ Für 2021 hat Götz für eine verantwortungsbewusste Fortsetzung daher einen Wunsch: „Lokal-, Landes- und Bundespolitik müssen klare, allgemeingültige Voraussetzungen und einheitlichere Standards schaffen.“
Existenz gefährdet
Dass die Absage nicht leichtfiel, verdeutlicht seine Antwort auf die Frage, welche Auswirkungen die Ausfälle für ihn persönlich als selbstständigen Unternehmer haben: „Finanziell ist es eine Katastrophe, die Existenz massiv gefährdet. 300 Veranstaltungen waren 2020 in Deutschland geplant, davon werden nur zehn in München stattfinden, die ich auch persönlich als verantwortlicher Veranstalter vor Ort kontrollieren kann.“Düstere Zukunftsaussichten, mit denen er nicht alleine sei. „Die ganze Veranstaltungs- und Kulturbranche steht leider vor einem Scherbenhaufen.“
Über Crowdfounding habe man zwischenzeitlich Gelder gesammelt, bekommt zudem Unterstützung von den Händlern selbst: „Es gibt zum Glück viele Nachbarn, die seit über zehn Jahren dabei sind, nun ihren Beitrag gespendet und die Frühbucher-Option fürs nächste Jahr genutzt haben“, blickt Götz dennoch voraus.
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