Bochum. Die Zahl der Wohnungslosen in Bochum steigt dramatisch. Stadt und Sozialverbände wollen mit Hilfe vom Land gegensteuern. Neue Hilfen sollen her.

Immer mehr Menschen in Bochum sind wohnungslos. Von 2013 bis 2019 stieg allein die Zahl der Menschen, die regelmäßig bei der Stadt Unterkunft suchen, von 27 auf 281. „Wir müssen dringend etwas tun“, sagt Andrea Henze. Im August will die Leiterin des Sozialamtes neue Hilfen vorstellen.

„Der Anstieg ist dramatisch“, so Henze, die seit Januar das Bochumer Amt leitet. Die Wohnungslosenzahl, die die Stadt in ihrer Statistik führt, spiegelt aber nur einen Teil der Situation. Hinzu kommen die Menschen, die von den Wohlfahrtsverbänden betreut werden – und eine Dunkelziffer von Obdachlosen, die ohne jegliche Anbindung auf der Straße leben und die in keiner Statistik auftauchen.

Zahl der Wohnungslosen in Bochum steigt dramatisch an

Der Sozialbericht des Landes ist alarmierend. Im Sommer 2018 lebten demnach 44.000 Menschen ohne eigene Wohnung in Nordrhein-Westfalen. In der Stadt Bochum waren es 875. Lediglich ein Drittel, 291, waren es sechs Jahre zuvor.

Das Land führt den starken Anstieg der Wohnungslosenzahl auch darauf zurück, „dass anerkannte Asylbewerberinnen und -bewerber für die auf einem angespannten Wohnungsmarkt kein bezahlbarer Wohnungsraum zu finden ist, z.B. in (Not-)Unterkünften untergebracht werden müssen“.

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Mit der Initiative „Endlich ein Zuhause“ unterstützt das Land 20 Städte mit besonders hoher Wohnungslosenzahl. Auch Bochum steht auf dieser traurigen Liste. Mit dem Zusatztitel „Shelter“ – Englisch für Schutz – läuft das Programm seit November bei der Stadt. 300.000 Euro für Personal- und Sachkosten erhält die Stadt aus Düsseldorf.

Stadt arbeitet eng mit Wohnungsunternehmen zusammen

Die zusätzlichen Mitarbeiter, Sozialarbeiter und Streetworker, begleiten zurzeit 50 Wohnungslose. Die Stadt arbeitet dabei eng mit Wohnungsunternehmen und privaten Vermietern zusammen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung von alleinstehenden Frauen.

Erste Erfolge gibt es – trotz der Corona-Pandemie: „Wir konnten über unser Projekt Shelter zwei alleinerziehende Frauen mit Kind, eine alleinstehende Frau sowie zwei alleinstehende Herren erfolgreich in Wohnungen vermitteln“, teilte Henze auf Anfrage mit.

Diakonie und Vonovia melden Erfolg bei der Wohnungsvermittlung

Benjamin Schäfer (links) ist der erste Mieter, dem Diakonie und Vonovia im Rahmen des Projektes Housing First eine Wohnung zur Verfügung stellten. Mit im Bild Michael Klöpsch (Vonovia) und Christiane Caldow (Diakonie)
Benjamin Schäfer (links) ist der erste Mieter, dem Diakonie und Vonovia im Rahmen des Projektes Housing First eine Wohnung zur Verfügung stellten. Mit im Bild Michael Klöpsch (Vonovia) und Christiane Caldow (Diakonie) © Simon Bierwald | INDEED Photography

Auch die Diakonie nimmt an dem Landesprogramm teil – unter dem Motto „Housing First“. Mitte Mai vermittelte der Wohlfahrtsverband einen ersten Mieter in Zusammenarbeit mit dem Wohnungsunternehmen Vonovia. „Eine obdachlose Person oder Familie braucht als erstes und wichtigstes Ziel eine stabile Unterkunft“, sagt Christiane Caldow, Leiterin Existenzsicherung/Wohnungslosenhilfe der Inneren Mission der Diakonie.

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Überschuldung, Mietrückstände, Krankheit, Arbeitslosigkeit, der Verlust des Partners – Menschen verlieren aus verschiedensten Gründen ihre Wohnung und werden obdachlos. „Viele sind zudem sozial isoliert und haben kein Netzwerk von Freunden oder eine Familie, die sie auffängt“, erklärt Caldow.

Wohnraum für Asylbewerber fehlt

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Den Kontakt zwischen Diakonie und Vonovia vermittelte der SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel: „Es ist mutig und wichtig, dass Vonovia als größtes Wohnungsbauunternehmen Deutschlands hier einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit leistet und somit soziale Verantwortung übernimmt.“

Corona-Pandemie wirkt sich negativ auf Projekt aus

In zehn Städten arbeitet Vonovia mittlerweile an dem Thema. Während in Essen schon zehn Menschen untergebracht werden konnten, ist es in Bochum bislang nur einer. „Corona hat uns hier voll erwischt“, sagt

Stadt kündigt für Herbst weitere Hilfsprojekte an

Die Diakonie reagierte im Frühjahr zügig auf die Corona-Pandemie. Obdachlose konnten bis zum 30. Juni die Herberge im Fliednerhaus nicht nur von 18 bis 8 Uhr aufsuchen sondern rund um die Uhr.

Die Stadt will im Herbst weitere Pläne vorstellen, wie sie wohnungslose Menschen beraten und in Wohnungen vermitteln will. Das kündigte Sozialdezernentin Britta Anger Anfang Juli in einem Pressegespräch an.

Dazu gehören soll ein neues Projekt, das sich an wohnungslose Frauen richtet. Bereits jetzt werden diese an der Uhlandstraße von der Diakonie beraten.

Regionalbereichsleiter Michael Klöpsch. „Wir konnten lange Zeit keine Wohnungen besichtigen.“

Untergebracht werden die Obdachlosen in Mehrfamilienhäusern, aber immer nur maximal eine Person. Klöpsch: „In der Regel kommen die Wohnungslosen in ein Haus mit vier bis fünf anderen Mietparteien.“ Vermittelt werden würden kleine Wohnungen bis 50 Quadratmeter in einem ordentlichen Zustand. „Das sind keine Notunterkünfte“, so Klöpsch.

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