Bochum. Obdachlose Menschen können während der Corona-Krise nicht im eigenen Zuhause Schutz suchen. Bochumer Versorgungsstellen ergreifen nun Maßnahmen.
Wie kommt man über die Runden, wenn man von Spenden der Passanten abhängig ist, doch das öffentliche Leben plötzlich eine Vollbremsung macht? Wo kommt man unter, wenn man keine feste Bleibe hat, doch jedermann aufgefordert wird, zu Hause zu bleiben? Diese Fragen stellen sich zurzeit viele wohnungslose Menschen, auch in Bochum.
Um Antworten haben sich in den letzten Wochen die verschiedenen Versorgungsstellen bemüht, die eng mit Wohnungslosen zusammenarbeiten. Während die Bahnhofsmission nun nur noch telefonisch und per Mail zu erreichen ist, öffnet die Übernachtungsstelle „Fliednerhaus“ neben dem Vonovia-Stadion nun, statt nur nachts, rund um die Uhr. Die Beratungsstelle Sprungbrett gibt derweil Lunchpakete übers Fenster aus. Überall gilt: Abstand halten und trotzdem diejenigen versorgen, die jetzt einmal mehr darauf angewiesen sind.
Der Verkauf des Straßenmagazins Bodo wurde eingestellt
Das COVID-19-Virus nimmt auch den meist obdachlosen Verkäufern des Straßenmagazins „Bodo“ eine wichtige Einnahmequelle, denn der Straßenverkauf wurde seit letzter Woche, auch zum Schutz der Verkäufer, eingestellt. „Wohnungs- und obdachlose Menschen sind von Corona und den jetzigen Maßnahmen umso stärker betroffen. Sie sind häufiger chronisch krank, und haben schwächere Abwehrkräfte, damit gehören auch sie zu den Risikogruppen“ meint Alexandra Gehrhardt, Redakteurin der Monatszeitschrift.
Trotzdem können Leser die, nun zeitweise arbeitslosen, Verkäufer durch den Kauf einer online Solidaritäts-Ausgabe unterstützen, das April-Heft soll dann zum ersten Mal in 25 Jahren nicht auf der Straße erhältlich sein, sondern direkt nach Hause geliefert werden. Was trotzdem fehle, sei der persönliche Kontakt zwischen Lesern und Verkäufern, so Gehrhardt.
Immer mehr Jugendliche verlassen das Elternhaus
Auch die Arbeit von Janine Düding ändert sich durch das Corona-Virus. Sie ist Bereichsleiterin der Notschlafstelle „Schlaf am Zug“ der Stiftung Overdyck. Normalerweise stellt das Haus acht bis neun Betten für Jugendliche bis 21 Jahren bereit, doch nun können nur noch Minderjährige aufgenommen werden. „Immer mehr Jugendlichen fällt zur Zeit zu Hause die Decke auf den Kopf“ erzählt Düding. Eltern, die nun von zu Hause aus arbeiten, der Unterrichtsausfall, die Furcht vor den Auswirkungen des Virus und das seit dem 21. März in Bochum bestehende Versammlungsverbot verursachen Spannungen, die die Unterbringung Minderjähriger in Notunterkünften in den letzten zwei Wochen extrem hat zunehmen lassen.
Viele Jugendliche, die zwischendurch zu Hause leben, bleiben jetzt länger bei „Schlaf am Zug“. Dort sei das Corona-Virus Dauerthema, so Janine Düding. Neben einer Händewaschpflicht und strengeren Hygienevorschriften, werde über Risiken und Vorsichtsmaßnahmen aufgeklärt, abends schaue man gemeinsam die Nachrichten und spreche über die Sorge um die Familienmitglieder, die zur Risikogruppe gehören.
Doch auch wenn junge Menschen über Nacht bei „Schlaf am Zug“ unterkommen, von 9 bis 20 Uhr schließt die Unterkunft. Dann wird das Ansammlungsverbot für die Jugendlichen, die sich draußen gerne in Gruppen aufhalten, zum Spießroutenlauf.
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