Bochum-Hordel. „Kraut und Rüben“ wächst in Bochum-Hordel komplett ökologisch. Zwei Bienenvölker wurden angesiedelt, ein Lehmofen wartet auf den ersten Einsatz.

Ein besonderes klein-bäuerliches Kleinod erstreckt sich auf 40.000 Quadratmeter entlang des Naturschutzgebietes „Am Blumenkamp“. Dort treibt der ökologische, naturnahe Ansatz aus und trägt Früchte. Nicht nur in Hordel und im angrenzenden Günnigfeld hat sich die Ökologische Dauerkleingartenanlage (DKA) „Kraut & Rüben“ einen Namen gemacht. Auch bei der Landesgartenschau in Kamp-Lintfort wird der Verein stellvertretend für 1600 Kleingarten-Anlagen in NRW als Beispiel für „unschätzbaren ökologischen und sozialen Wert“ aufgeführt.

Noch mehr Vielfalt in der Bochumer Anlage

An der Günnigfelder Straße wusste man nichts davon, Teil der Ausstellung zu sein. Eigene Projekte stehen bei Kraut und Rüben im Vordergrund. Die vielfältige Anlage wird neuerdings um einen Lehmofen und zwei Bienenvölker erweitert. Die emsigen Insekten haben in direkter Nachbarschaft zu sieben Kamerunschafen und einer Ziege die Produktion von Honig, Wachs und Waben aufgenommen.

Leckeres aus dem Lehmofen

Im neuen Ofen backen bald Flammkuchen und Pizzen. „Sobald Vereinsfeste wieder möglich sind“, wird Damaris Reinke (36) etwas genauer. Seit knapp elf Jahren bewirtschaftet sie ihre Parzelle und ist eins von vier gleichberechtigten geschäftsführenden Mitgliedern bei Kraut und Rüben.

Damaris Reinke zeigt den neuen Lehmofen, der bei Vereinsfesten – sobald sie wieder möglich sind – zum Einsatz kommen soll.
Damaris Reinke zeigt den neuen Lehmofen, der bei Vereinsfesten – sobald sie wieder möglich sind – zum Einsatz kommen soll. © FUNKE Foto Services | Gero Helm



https://www.waz.de/staedte/bochum/nord/sieben-auf-einen-streich-beziehen-stallung-id10181097.htmlDer Lehmofen und seine hölzerne Behausung entsprechen dem in der Vereinssatzung festgeschriebenen Naturschutz. „Gebaut wurde er gemeinsam mit einem Profi aus Bruchstein und Lehm aus unserer Anlage. Jetzt fehlen nur noch eine Zierschicht und die Tür.“ Das Dach wird – wie die meisten Lauben – begrünt, Regenwasser aufgefangen und über Wasserrohre in zwei große Behälter geleitet.

Regen wird genutzt

„Unsere Hütten, alle aus Holz, haben weder Strom, noch fließend Wasser“, erzählt Dirk Wondorf (62). Es gehört zum Konzept, möglichst viel Regen aufzufangen und so den Kreislauf der Natur beim Gießen zu unterstützen. Lediglich auf den idyllischen Wegen sind einige Wasserstellen verteilt. Nicht selten wachsen Wildblumenwiesen mit Dost, Nelken, Johanniskraut und anderen nahrhaften Pflanzen um sie herum. Wo der Mensch an trockenen Tagen Wasser schöpft, sammeln Insekten ihre Nahrung.

Dirk Wondorf schaut nach den beiden Bienenvölkern, die seit kurzem zur Kleingartenanlage gehören.
Dirk Wondorf schaut nach den beiden Bienenvölkern, die seit kurzem zur Kleingartenanlage gehören. © FUNKE Foto Services | Gero Helm



https://www.waz.de/staedte/bochum/froesche-und-geigen-liefern-eine-eigene-nachmusik-id214402637.htmlWCs gibt’s nur am Vereinsheim. Einige Mitglieder setzen auf Trocken- oder Kompost-Toiletten. Selbstgebaute Gewächshäuser „lehnen“ direkt an den Lauben. So kann die vorhandene Wärme genutzt werden, um das Wachstum zu fördern, erklären Reinke und Wondorf.

Lebensraum erhalten

Gepflegt sei die Anlage auf jeden Fall: „Nur anders, als manche Leute denken, eben naturnah.“ So setzt man zum Beispiel auf Totholzhecken, hohes Gras darf wachsen. Reinke: „Das ist ein Lebensraum, der immer weiter zurückgedrängt wurde.“


https://www.waz.de/staedte/bochum/langer-tag-der-stadtnatur-hat-in-bochum-begonnen-id226174989.htmlFrösche, Echsen und Glühwürmchen finden dort eine schützende Heimat. In einem Teich, der sich in einer der 50 Parzellen befindet, schwimmen Moderlieschen. Die Eier der Kleinfische wurden von Wasservögeln ins Gewässer eingebracht. Reinke und die anderen Kleingärtner hoffen, dass auch die streng geschützten Geburtshelferkröten den Weg vom Naturschutzgebiet zum Teich und dort neuen Lebensraum finden.

Gemeinsam Natur erleben

Neben dem Schutz der Natur – chemische Dünge- und Pflanzenschutzmittel sind verboten, auf Torf wird verzichtet – steht die Gemeinschaft im Zentrum. Innerhalb des Vereins und mit anderen Verbänden. Reinke: „Bei uns soll man die Natur erleben. Es gibt Aktionen und Workshops, etwa mit der Biologischen Station Östliches Ruhrgebiet und dem Progressiven Eltern- und Erzieherverband, PEV, aus Gelsenkirchen.“

Eingebunden werden speziell auch die Kinder. Die jungen Kleingärtner haben eine eigene Parzelle, ein Weidentipi sowie eine Igelburg aus Laub und Ästen gebaut und sogar ihr eigenes Beet mit Kartoffeln bepflanzt. Viele Familien finden bei Kraut und Rüben zurück zur Natur. Daher liegt das „Durchschnittsalter bei uns auch knapp unter 50“, so Wondorf, der sich mit seinen 62 Jahren „zu den wohl ältesten Mitgliedern“ zählt.

Lange Warteliste

Wer nun den Ruf der Natur hört und sich nach einer Parzelle mit eigenem Obst, Gemüse, Kräutern, Insektenhotels und mehr sehnt, den muss Vorstandsmitglied Damaris Reinke vertrösten: „Alle Parzellen sind vermietet und wir haben bereits eine lange Warteliste.“