Weitmar-Bärendorf. Verlegte Haltestelle an der Schützenstraße ist aus Sicht der Anwohner falsch positioniert. Stadt Bochum und Bogestra reagieren auf die Vorwürfe.

Christiane Semrau ist verärgert: Da wurde ihr schon eine neue Bushaltestelle an der Schützenstraße vor die Haustür gesetzt, die künftig für mehr Lärm und Frequentierung sorgt, und ausgerechnet diese Bushaltestelle ist in ihren Augen auch noch falsch positioniert. Das gleich aus mehreren Gründen: „Sie ist ist viel zu eng gebaut. Mit Rollstuhl oder Kinderwagen kommt man nicht vorbei, wenn jemand sitzend wartet“, sagt Semrau und demonstriert mit einem Anwohner die zu geringe Durchgangsbreite.

Mehrere Kritikpunkte der Anwohner

Es werde gefährlich, wenn Kinder zum Ausweichen auf die Straße liefen. Nicht nur Semrau ist sauer: Acht weitere Anwohner hat sie zusammengetrommelt. „Wir können unsere Hecke nicht mehr schneiden und die Mauer nicht mehr streichen“, sagen Nevin und Mürsel Kalatas. Die Haltestelle stehe dicht genau davor.

Recht beengt gehe es an der Bushaltestelle zu, lautet die Kritik.
Recht beengt gehe es an der Bushaltestelle zu, lautet die Kritik. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Auch Jele Brückner ist sie ein Dorn im Auge: „Lärm und Abgase nehmen zu. Man kann nicht mehr nach vorne raus schlafen und lüften.“ Einen umweltschonenden Ausbau des Netzes begrüßen alle Anwohner, sagen aber: „Nicht auf Kosten der Menschen, die hier leben!“ Dann sollten wenigstens Elektrobusse eingesetzt werden.

Der Reihe nach: Die Bushaltestelle „Brantropstraße“ wurde aus der namensgebenden Straße wenige hundert Meter weiter an die Schützenstraße verlegt. Dort soll sie im Rahmen des neuen Liniennetzes künftig nicht mehr nur von der Linien 365 bedient werden, sondern auch von den Linien 352 und 355. „Für den Rummel ist die Haltestelle nicht geeignet. Gerade für eingeschränkte Menschen ist sie ein Problem“, kommentiert Semrau.

Barrierefreiheit als Priorität

Dabei soll genau das – die Barrierefreiheit – einer der Anlässe für die Verlegung und Neuerrichtung der Haltestelle gewesen sein, wie Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann auf Anfrage mitteilt. „Grundlage des ÖPNV-Angebots bildet der Nahverkehrsplan“, weist er zunächst hin. Weil sich die Stadt um die Fortschreibung des Nahverkehrsplans kümmert, nehmen Bogestra und Stadt gemeinsam Stellung.

Nahverkehrsplan für Bochum

Nahverkehrspläne bilden den Rahmen für die Entwicklungen des ÖPNV. Im Jahr 2009 wurde der Nahverkehrsplan für Bochum aus dem Jahr 1997 erstmalig fortgeschrieben.

Die zweite Fortschreibung wurde am 14. Dezember 2017 beschlossen. Sie ist auf der Website der Stadt Bochum abrufbar.

Um Barrierefreiheit zu gewährleisten, bemüht sich die Bogestra etwa um einen niveaugleichen Einstieg oder die Anzeige und Ansage von Haltestellen und Abfahrtszeiten.

Die aktuelle Fassung sei im Dezember 2017 vom Stadtrat beschlossen worden – nach umfangreichen Beratungen in der Kommunalpolitik und unter Bürgerbeteiligung. Oben auf die Prioritätenliste sei dabei der barrierefreie Ausbau von Bushaltestellen gesetzt worden. Die Bushaltestelle „Brantropstraße“ - an ihrer alten Position nicht barrierefrei - sei dabei in die Top 20 vorgerückt.

So waren etwa „taktile Leiteinrichtungen“ nicht vorhanden. 2018 wurde deshalb der „niederflurgerechte Umbau und die Verlegung der Haltestelle“ beschlossen. „Alle Beteiligten hätten sich andere bauliche Rahmenbedingungen gewünscht“, gibt Kollmann zu. Die hergestellte Haltestelle stelle aber die einzige Möglichkeit dar.

Nutzen überwiegt

„Bei der Einrichtung einer Haltestelle wird im Vorfeld geschaut, ob diese an dieser Stelle ihre Funktion erfüllen kann“, erklärt Kollmann. Das Fazit der beteiligten Akteure: „Der große Nutzen dieser in diesem Bereich nun existierenden barrierefreien Haltestelle überwiegt den Nachteil der im Vergleich zu anderen Haltestellenorten geringen Durchgangsbreite“, so Kollmann. Und weiter: „Der große Nutzen der Haltestelle ergibt sich auch daher, dass die neue Haltestelle von mehreren Buslinien angefahren wird“, erinnert Kollmann.

Aus Richtung Eppendorf und Weitmar kommend steuern die Linien 352, 355, und 365 künftig den Hauptbahnhof, Hofstede und Langendreer an. Semrau und ihre Mitstreiter wollen diese Argumentation nicht akzeptieren, wünschen einen Abriss der Haltestelle. „Man müsste wenige hundert Meter zur nächsten Haltestelle laufen“, sagt Mürsel Kalatas.

Witterungsschutz wichtig

Hätte der Busstopp ohne Fahrgastunterstand gebaut werden können? „Witterungsschutz an den Haltestellen ist für Fahrgäste wichtig“, sagt Kollmann. Dazu erhielte man immer wieder Rückmeldungen von Fahrgästen. Abriss und Umbau kommen aus Sicht der Stadt und der Bogestra nicht infrage. „Ein Messfehler bei der Errichtung konnte bei einer inzwischen erfolgten Überprüfung vor Ort nicht festgestellt werden“, verteidigt Kollmann die neue Haltestelle.