Bochum. Nicht alle Geschäfte senken ihre Preise wegen des Konjunkturpakets. Das schätzt die IBO, die zweifelt, dass der Konsum in Bochum künftig wächst.
Der Mehrwertsteuersatz in Deutschland sinkt zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember 2020 von 19 auf 16, der ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent. Die Bundesregierung hat am Donnerstag ein Konjunkturpaket beschlossen, um den Konsum zu steigern. Doch wird diese Steuersenkung auch bei den Verbrauchern in Bochum ankommen? In vielen Fällen nicht, schätzt Marc Mauer, Vorstandsvorsitzender der Initiative Bochumer City (IBO).
„Ich glaube, dass Drogerien und Lebensmittelmärkte ihre Preise anpassen werden, genauso wie Geschäfte in denen Preisverhandlungen möglich sind. In Textilhäusern zum Beispiel wird es aber sehr schwierig, die gesunkene Mehrwertsteuer an die Kunden weiterzugeben“, sagt Mauer. Das Problem: Eine Preisreduzierung sei mit großen Kosten verbunden. Am Ende würden die Unternehmen sogar Verluste machen, weil der Umsatz bei höheren Kosten gleich bleibt.
Ob Handel vom Konjunkturpaket profitiert, ist nicht absehbar
Dass der Konsum im Einzelhandel durch Preise, die um drei Prozentpunkte gesunken sind, steigt, bezweifelt Mauer: „Es kommt natürlich auf die Summe an, aber am einzelnen Preis machen die drei Prozentpunkte nicht so viel aus. Die Kunden werden nicht auf einmal drei Paar Schuhe kaufen.“ Ob der Handel am Ende profitiert, kann er zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Möglicherweise würden die Kunden jetzt mit hochwertigen Anschaffungen warten oder gerade im Dezember kaufen, kurz bevor der Mehrwertsteuersatz wieder steigt. „Der Konsum hängt nicht von Fakten, sondern von der Stimmungslage der Kunden ab“, meint Mauer.
Der Geschäftsführer der IBO wünscht sich eine faire Aufteilung zwischen Endkonsumenten und Unternehmen. „Die Unternehmen haben in den vergangenen Monaten große Einbußen hinnehmen müssen und dafür keine Entschädigungen bekommen. Das Geld könnte uns sehr helfen.“ Die Grundidee des Konjunkturpakets findet Mauer gut, allerdings hätte er eine andere Umsetzung gewünscht. Zum Beispiel eine Senkung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt, die es dann aber dauerhaft oder zumindest über mehrere Jahre gibt.
Preise im Modehaus Baltz sinken um mehr als drei Prozent
Andor Baltz, Geschäftsführer des gleichnamigen Modehauses in Bochum, begrüßt die Senkung der Mehrwertsteuer. „Insbesondere, weil durch die Senkung der Mehrwertsteuer alle Branchen davon partizipieren und nicht nur wenige“, teilt er auf Anfrage mit. Die Preise in seinem Geschäft werden in nächster Zeit ohnehin sinken, sogar um mehr als drei Prozentpunkte. Der Grund: „Durch die Schließung der Großflächen im Textilhandel und der damit fehlende Abverkauf gibt es zu viel Ware im Markt“, so Baltz.
Der Geschäftsführer glaubt, dass das Konjunkturpaket helfen wird, den Konsum in den Bochumer Geschäften zu steigern. Auch wenn die Umsätze nicht so wie vor der Coronakrise werden. Baltz:„Das wird erst gelingen, wenn es Medikamente für eine Behandlung oder einen Impfstoff gibt.“
Tiemeyer: „Gutes Paket, obwohl Kaufprämie leider nicht einführt wurde“
Lange gab es in den Medien eine Diskussion, ob eine Kaufprämie für abgasarme Benziner und Dieselautos eingeführt wird. Seit Donnerstag ist klar: Die Große Koalition hat sich dagegen entschieden. Stattdessen soll die Nachfrage in der Automobilbranche ebenfalls durch eine sinkende Mehrwertsteuer angekurbelt werden. „Diese geben wir natürlich an unsere Kunden weiter“, sagt Heinz-Dieter Tiemeyer, Vorstand des gleichnamigen Unternehmens, das nun beginnen will, die Preise auf der Homepage zu senken. „Dass die Kaufprämie nicht eingeführt wird ist für mich als Autohändler natürlich enttäuschend. Trotzdem finde ich das Paket gut. Ich denke, dass es zu Erfolg führen wird“, so Tiemeyer.
Klare Kritik gegenüber der Mehrwertsteuersenkung in Bochum übt die GLS Bank in Bochum. „Die Konsumförderung durch eine niedrigere Mehrwertsteuer ist kein Zukunftskonzept, sondern ein ,Weiter so!’ ohne klare Logik“, sagt Vorstandssprecher Thomas Jorberg. Es müsse Schluss sein mit einer Wirtschaftspolitik, die unsere natürlichen Lebensgrundlagen gefährdet. Stattdessen werde der Umstieg in eine CO²-arme Wirtschaft so verschoben und zukünftig teurer.
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