Bochum. 528 Euro Bußgeld muss ein Bochumer Optiker bezahlen. Er hatte Corona-Auflagen zu spät erfüllt. “Wo bleibt das Wir-Gefühl?“, klagt der Händler.

Michael Marondel ist in der Corona-Krise dankbar für jeden Kunden. Mehr als zwei bis vier pro Tag seien es derzeit nicht, berichtet der Augenoptikermeister. An Abstandsmarkierungen vor seinem Geschäft habe er deshalb anfangs nicht gedacht. Dafür wird der 60-Jährige nun zur Kasse gebeten. Die Stadt hat ihm ein Bußgeld von 528,50 Euro aufgebrummt. Ja, er habe einen Fehler gemacht, sagt Marondel. "Aber wo, bitteschön, bleibt das aktuell so oft beschworene Bochumer Wir-Gefühl?" Die Stadt bekräftigt ihr Vorgehen.

Seit 19 Jahren betreibt der Bochumer ein Optik-Fachgeschäft an der Brückstraße. "Desaströs" seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie, berichtet Michael Marondel. Zwar musste er seinen Laden (Stichwort: Grundversorgung) nicht schließen. Dennoch seien 65 Prozent des Umsatzes weggebrochen.

Optiker: Von Bußgeld war keine Rede

Die Abstands- und Hygieneregeln zählten angesichts wachsender Zukunftsängste nicht zu seinen größten Sorgen. "Ich habe schlicht nicht rechtzeitig daran gedacht", sagt Michael Marondel und "bedauert", dass er die geforderten Klebestreifen vor dem Geschäft nicht rechtzeitig aufgeklebt hat, "obwohl von Warteschlangen bei mir ja wahrlich keine Rede sein kann".

Auch eine Schutzvorrichtung an der Kasse fehlte, als am 23. April zwei Kontrolleure des Ordnungsamtes im Laden standen. "Sie wiesen mich kurz auf die Mängel hin. Ich nahm oben auf der Galerie gerade eine Sehschärfemessung und versprach, das schnell nachzuholen. Von einem Bußgeld war keine Rede", schildert Michael Marondel.

Bescheid folgt eine Woche später

Sofort am nächsten Tag, versichert der Händler, habe er sowohl die Abstandslinien als auch eine Schutzvorrichtung an der Kasse angebracht. Umso erzürnter war er, als er am 29. April Post aus dem Rathaus erhielt. Inhalt: ein Bußgeldbescheid über 500 Euro plus 28,50 Euro Gebühr und Auslagen. "Tatvorwurf: Sie haben nicht die erforderlichen Vorkehrungen zur Hygiene getroffen."

Mit großer Sympathie hat der Optiker in den vergangenen Wochen die Solidaritätsbekundungen der Stadt gelesen. Motto: "Hier, wo das Wir noch zählt." Warum, so fragt er sich, geht die Verwaltung zugleich derart rigide gegen den Einzelhandel vor, der vielfach einen Überlebenskampf führt? "Eine Ermahnung und Belehrung bei der ersten Kontrolle und eine Überprüfung wenig später hätten es auch getan."

Bisher 40 Verfahren in Bochum

Genau dies habe man in den ersten Wochen der Corona-Pandemie beherzigt, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk. Nach wie vor setze man auf Einsicht und Verständnis statt allein auf Strafen. "Damit erreicht man mehr." Inzwischen müssten die Regeln aber jedem Händler bekannt sein. Zwar hätten die Kontrolleure einen Ermessensspielraum. Es gebe "keinen Automatismus". Doch: "Wer jetzt noch gegen die Auflagen verstößt, kann nicht mehr mit der Kulanz rechnen wie am Anfang."

Dabei ist Michael Marondel kein Einzelfall. Bislang hat die Stadt 40 weitere Bußgeldverfahren gegen Einzelhändler eingeleitet: bei 15 bis 20 Kontrollen täglich. Das Strafmaß liegt bei 500 bis 1000 Euro, im Höchstfall sogar bei 25.000 Euro.

IBO stellt sich hinter die Stadt

Die "Initiative Bochumer City" (IBO) stellt sich hinter die Stadt. Man könne darüber diskutieren, ob die Höhe des Bußgeldes angemessen ist. "Solidarität in Corona-Zeiten heißt aber auch, dass sich alle an die Regeln halten. Dazu hat jeder Händler reichlich Zeit und Gelegenheit gehabt", betont IBO-Vorstand Marc Mauer. Es gelte, "das Vertrauen der Kunden in ein sicheres Einkaufserlebnis zurück zu gewinnen". Dabei müsse die Stadt konsequent vorgehen.

Michael Marondel hat die 528,50 Euro bezahlt. "Ich habe anderes zu tun, als mich auf einen Rechtsstreit einzulassen", sagt er. Einen Brief an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) wolle er er aber in jedem Falle schreiben - und ihn fragen, wie das mit dem "Wir in Bochum" in dieser schweren Zeit eigentlich gemeint sei.