Bochum. Es gibt keinen Ansturm auf Lokale und Cafés in Bochum. Die Gäste freuen sich über die Öffnung, sorgen sich aber auch über die Lockerungen.
„Endlich.“ Rieke Everaers-Mallon sitzt draußen vor dem Eiscafé Cortina in der Innenstadt von Bochum vor ihrem Cappuccino und strahlt mit der Mittagssonne um die Wette. „Wir sind begeistert“, sagt sie – auch im Namen ihrer Begleiterin. Seit Montag dürfen Restaurants, Gaststätten, Cafés und andere Verzehrbetriebe in NRW wieder öffnen. In Bochum haben viele von ihnen am Mittwoch aufgemacht.
Und damit offenbar genau den Nerv der Menschen getroffen. „Ich bin so froh dass man sich wieder treffen und zusammen Kaffee trinken kann“, sagt Claudia Lopatniuk, die gemeinsam mit einer Freundin vor dem „Hans im Glück“ auf der Kortumstraße sitzt. Im Alten Brauhaus Rietkötter an der Große Beckstraße freuen sich Kerstin Rexin und ihre Tochter Hannan auf das Mittagessen. „Das hat einfach gefehlt“, sagt die Mutter. „Endlich mal wieder Essen gehen, sich spontan treffen und dann einfach raus. Das hat auch einen psychologischen Moment.“
Richtlinien umfassen 18 Punkte
Für Rieke Everaers-Mallon war der Shutdown ganz besonders schwierig. Seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten komme ich jeden Tag ins Eiscafé Cortina, trinke einen Cappuccino und rauche zwei, drei Zigaretten. Man trifft viele Leute, erzählt sich etwas. Herrlich.“ Das geht jetzt wieder.
Inhaber Federico da Col ist überrascht, „wie viele Leute schon kommen. Ich dachte es hätten viel mehr Angst.“ Und doch ist die Wiedereröffnung nach acht Wochen Shutdown eine Herausforderung für Wirte und Cafebetreiber. „Man muss auf so vieles achten“, so da Col. 18 Punkte umfassen die Richtlinien von Land und Stadt an die Betreiber. Nicht alle Gäste würden verstehen, dass im Lokal bis zum Tisch und auf dem Weg zur Toilette Maskenpflicht herrscht. „Und die Daten frage ich auch nicht aus Eigeninteresse ab.“ Er setze halte nur die Anforderungen des NRW-Gesundheitsministeriums um.
Die meisten Gäste haben Verständnis
90 Plätze hat das Cortina sonst draußen. Maximal ein Viertel davon dürfen jetzt gestellt und belegt werden. Eine Batterie von Stühlen ist aufgestapelt und wird wohl den Sommer über abseits stehen bleiben. „So ist das. Wir haben Hochsaison, die gleichen Kosten, aber vielleicht nur ein Viertel Umsatz. Das ist schon schwierig“, sagt der Eiscafé-Besitzer, der in diesen Tagen die Flasche mit dem Desinfektionsmittel kaum aus dem Händen lässt und darauf achtet, dass sich seine Mitarbeiter ebenso wie die Kunden an die Corona-Schutzmaßnahmen halten.
Das Prozedere ist bei vielen Betrieben gleich. „Wer bei uns reinkommt, muss eine Maske tragen, sich erst die Hände desinfizieren und wird dann von einem Mitarbeiter an den Platz geführt“, erklärt Sebastian Schrade, Franchisenehmer und Mitinhaber des „Hans im Glück“. Er hat schon am Montag geöffnet – „weil es der 11. war und wir auch an einem 11. aufgemacht haben“. Die meisten Kunden hätten Verständnis für die neuen Regeln, „die haben wir uns ja nicht ausgedacht“. Aber einen Gast, der partout keine Maske tragen mochte, habe er schon des Ladens verweisen müssen. Er selbst setzt auf Infos, Infos und noch mal Infos. „Wir verwandeln den Birkenwald gerade in einen Schilderwald“, ulkt Schrade und zeigt auf die für das Lokal typische Birken, an denen zum Teil schon Hinweisschilder gepappt sind. Weitere sollen folgen.
Weit entfernt vom üblichen Umsatz
Noch sind die Umsätze eher schmal, auch wenn das „Hans im Glück“ weiterhin ausliefert und bestellte Speisen auch an der Kortumstraße abgeholt werden können. „Wir haben 300 Plätze und die sind sonst an den Wochenenden mehrfach besetzt“, so Schrade und deutet damit an, wieviel Umsatz ihm im Shutdown durch die Lappen gegangen und wie weit er auch jetzt von den üblichen Zahlen ist.
Aber es geht wieder los. Das war auch im Brauhaus Rietkötter wichtig. „Uns war klar, dass es zu Beginn keinen Ansturm geben würde“ sagt Koch Sebastian Müller. Mittags sei der Betrieb ganz ordentlich, aber nach 17 Uhr komme niemand mehr.
Sorge über zu frühe Lockerungen
Ohnehin fällt auf, dass noch zahlreiche Lokale geschlossen und draußen Tische und Stühle hochgestellt sind. In den geöffneten Häusern herrscht nicht gerade Trubel. Was wohl auch damit zu tun hat, dass viele potenzielle Mittagsgäste momentan gar nicht in der Stadt sind, weil sie daheim im Homeoffice arbeiten.
Zu sehen ist dafür satte Zufriedenheit. Wie bei jenem Mann, der gerade bei Rietkötter zur Tür herauskommt und sagt: „Es wir mir ein echtes Bedürfnis hierhin zu gehen.“ Nur eine Sorge treiben ihn und einige andere Befragte um: „Die Lockerungen kommen vielleicht etwas zu schnell. Ich hoffe das geht gut.“ Ein neuerlicher Shutdown, da sind sich Gäste wie Wirte einige, wäre fatal.
Weitere Nachrichten aus Bochum lesen Sie hier.