Bochum. 148 Viertklässler wurden bei den Anmeldungen von Gesamtschulen in Bochum abgewiesen. Die Gewerkschaft GEW fordert weitere neue Gesamtschulen.
Es gibt eine weitere, die mittlerweile fünfte Gesamtschule in Bochum. Aber auch die könnte womöglich nicht reichen. Die jüngsten Anmeldezahlen für die weiterführenden Schulen sprechen jedenfalls für eine immer noch bestehende Unterversorgung mit Gesamtschulplätzen in der Stadt.
148 Viertklässler mussten die drei beliebtesten Gesamtschulen der Stadt diesmal abweisen. Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist das kein Wunder. Seit mindestens 15 Jahren fehle ein ausreichendes Angebot in der Stadt. „Wir haben es hier schon mit einer Tradition zu tun“, sagt Ulrich Kriegesmann, Sprecher der GEW Bochum. „Seit vielen Jahren ist es das gleiche Lied: Die Situation ist bekannt, Maßnahmen waren bisher allenfalls halbherzig.“
Gesamtschule platzt aus allen Nähten
Die Gründung mindestens einer weiteren Gesamtschule stehe zwar seit Langem auf der Tagesordnung, aber es gebe immer noch keinen konkreten politischen Willen, zur Tat zu schreiten. Geht es nach der GEW, reicht eine weitere Gesamtschule nicht einmal aus. Es könnten auch zwei sein. Eine davon solle auf jeden Fall in Wattenscheid entstehen. Die dort bestehende Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule "platzt aus allen Nähten".
Ob weitere Gesamtschulen zusätzlich zum bisherigen Schulangebot entstehen oder stattdessen Gymnasien weichen sollen, will GEW-Sprecher Kriegesmann erst einmal offen lassen. Die Nachfrage werde das entscheiden. Ein Tabu dürfte die Umwandlung eines Gymnasiums bzw. eine Schließung aber nicht sein; zumal es das in der Vergangenheit gegeben habe. So sei die Heinrich-Böll-Gesamtschule bis in die 1980er Jahre ein Gymnasium gewesen.
Weite Wege und Wechsel von Gebäuden
Der Mangel an genügend Plätzen an Gesamtschulen, diesmal wurden 746 von 843 Anwärtern genommen, habe Folgen. Angesichts der Erfordernisse modernen Unterrichts und des Ganztagsbetriebs reichten Raumkapazitäten nicht aus, Zusatzbauten wucherten um die Schulen herum. Kriegesmann: „An vier von fünf Gesamtschulen müssen Lehrkräfte und Kinder oft längere Wege zum Wechsel der Schulgebäude an einem Unterrichtstag zurücklegen, worunter auch die pädagogische Arbeit leidet.“
Eher bescheiden ist bislang die jüngste Gesamtschule Bochums, die Gesamtschule Mitte, gestartet. Gerade einmal 42 Anmeldungen gab es nach der ersten Runde. "Dabei macht die Schule super Arbeit", lobt der GEW-Sprecher. Während die Politik hofft, dass sich die neue Schule mit der Zeit etabliert und daher die Frage nach einer weiteren Gesamtschule erst mittelfristig beantwortet werden müsse, verweist Ulrich Kriegesmann auf den Standort in Hamme. Dort tue sich die neue Schule offenbar schwer. Ohnehin hätten es Gesamtschulen gegenüber Gymnasien oft schwerer, weil sie anders als diese eher selten zentral liegen.
Soziale Liste spricht von Versäumnissen
Auch die Soziale Liste spricht von Versäumnissen. „Der Umgang mit den Kindern und Eltern, die sich einen Gesamtschulplatz wünschen und der offensichtliche Unwille das Problem zu lösen, empfinde ich als einen Skandal“, sagt Günter Gleising, Ratsmitglied der Sozialen Liste. Seit 2007, als 132 Mädchen und Jungen nicht den gewünschten Gesamtschulplatz bekamen, mache sie auf die jedes Jahr wieder auftretende Diskrepanz zwischen Anmeldungen und zur Verfügung stehenden Plätzen aufmerksam. "Auch in den Kommunalwahlkämpfen wurde das Thema eingebracht. In den meisten Programmen wurde die Forderung aufgenommen. Doch gelöst wurde das Problem bis heute nicht", heißt es in einer Mitteilung der Sozialen Liste.