Bochum. In Bochum ärgern sich Abiturienten darüber, dass die Abi-Prüfungen trotz Corona stattfinden. Das sei sozial ungerecht und für einige gefährlich.
Während die Politik über weitere Schul-Öffnungen diskutiert, wird aus Reihen Bochumer Abschluss-Schüler massive Kritik an den trotz des Coronavirus stattfindenden Prüfungen laut. „Die Prüfungen durchzuziehen wie geplant, ist sozial ungerecht und gefährlich“, sagt Abiturient Till Alexander Traute, der sich in der Bezirksschülervertretung Bochum engagiert. Der 19-Jährige formuliert deutlich: „Für das Abitur wird unsere Gesundheit aufs Spiel gesetzt.“
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Der Gesamtschüler steht kurz vor seinen Abitur-Prüfungen an der Bochumer Matthias-Claudius-Schule. In drei seiner vier Abiturfächer gebe es noch Unterricht – mit großen Unterschieden. Während der Deutsch-Unterricht in einer riesigen Video-Konferenz laufe, in der der Lehrer vorbereitete Fragen beantworte, treffe sich der kleine Physik-Kurs regelmäßig in der Schule, um noch Experimente durchzusprechen. Doch das Lernen sei schwierig. „In Mathe hatten wir Lerngruppen gegründet, die sich jetzt nicht treffen können. Und wer eine schlechte Internetverbindung hat, bekommt in den Videokonferenzen oft gar nichts mit.“
Bochumer Schüler aus Risikogruppen machen sich wegen des Coronavirus Sorgen
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Der Unterricht sei an vielen Stellen nicht sinnhaft. „Die Lehrer sind ängstlich und wissen nicht, was sie machen sollen.“ Till Alexander Traute hält es für unmöglich, dass unter diesen Umständen ein faires Abitur stattfinden könne. Viele Schüler würden sich außerdem Gedanken über eine mögliche Ansteckung mit dem Coronavirus machen. „Wir machen uns auch Sorgen um unsere Familien. Ich wohne mit meinen Großeltern in einem Haus. Natürlich sehe ich sie ab und zu.“
Und es sei längst nicht so, dass Schüler sich nur Sorgen um ältere Verwandte machen müssten. „Allein in meinem engeren Bekanntenkreis habe ich drei Schüler aus einer Risikogruppe: Einen Asthmatiker, einen Diabetiker und eine Freundin, deren Mutter schwer krebskrank ist. Die sind eigentlich komplett isoliert, seit Wochen.“ Die Freundin, die ebenfalls kurz vor dem Abitur steht, müsse nun die Entscheidung treffen: Gesundheit oder Bildung? „Die Freiwilligkeit, die uns suggeriert wird, ist relativ. Es will ja auch niemand den Stoff verpassen.“
Schüler ärgern sich über Kritik an „geschenktem Abitur“
Viele seiner Mitschüler hätten damit gerechnet, dass es ein Durchschnittsabitur ohne Prüfungen gibt. „Dass das auf einmal vom Tisch war, war ein großer Schlag für uns.“ Viele Schüler hätten diese Lösung gefordert. „Wir verzichten gerne auf Mottowoche und Abifeier, wenn wir auch unsere Prüfungen nicht schreiben müssen.“ Er ärgert sich über Kritiker, die von einem „geschenkten Abitur“ sprechen. „Das ist völliger Quatsch!“
Die Schulen fangen wieder an
Der 19-jährige Bochumer macht sich auch Sorgen um seine jüngeren Mitschüler. „An der Matthias-Claudius-Schule sind wir ganz gut aufgestellt, das ist aber die absolute Ausnahme. Es gibt genügend Schulen, die nach der ersten Pause ohne Klopapier und grundsätzlich mit zu wenig Seifenspendern ausgestattet sind. Wie soll da die Hygiene gewährleistet werden?“
Manch eine Schule lege ihren Schülern eine Maskenpflicht nahe, viele arbeiteten mit Markierungen auf dem Boden, nummerierten Tischen und einer Händewaschen-Pflicht vor Unterrichtsbeginn. „Momentan – mit den wenigen Schülern – halten sich alle dran. Ich will nicht wissen, was passiert, wenn alle wieder in die Schule müssen...“