Bochum. Für Erfolgsserien wie „Mord mit Aussicht“ und „4 Blocks“ sind Benjamin Hessler glänzende Drehbücher gelungen. Jetzt erzählt er von Sigmund Freud.
Krimis wie „Mord mit Aussicht“, „4 Blocks“ und die enorm populären Tatort-Folgen aus Münster schauen im Fernsehen Millionen. Was aber kaum jemand weiß: Einer der kreativen Köpfe hinter diesen Erfolgsformaten ist ein echter Bochumer Junge. Benjamin Hessler (42) hat sich als findiger Drehbuchautor in den letzten Jahren in der Filmbranche einen ausgezeichneten Ruf erschrieben.
Seine jüngste Arbeit, die Hessler gemeinsam mit dem Regisseur Marvin Kren entwickelte, sorgt derzeit auf der Streaming-Plattform Netflix für Diskussionen: In der historischen Mystery-Serie „Freud“ jagt der junge Sigmund Freud einen sadistischen Killer. Die achtteilige Serie, die in zahlreichen Ländern zu sehen ist, schlägt hohe Wellen, findet Feinde und Verehrer. „Aber wenn etwas richtig kontrovers diskutiert wird, dann hat das für mich natürlich auch einen großen Reiz“, meint er.
Bochumer Autor entwickelt Drehbücher für Tatort und Netflix
Benjamin Hessler besuchte die Schiller-Schule. Nach dem Abitur studierte er zunächst in Münster, später an der Hamburg Media School im Fachbereich Drehbuch. Denn dass eines Tages ein Autor aus ihm werden würde, war ihm früh klar: „Ich hatte immer eine Leidenschaft für Literatur und Film“, erzählt er. Sein großer Traum, einmal einen dicken Roman auf den Weg zu bringen, blieb bis heute unerfüllt, dafür widmete sich Hessler weiter dem Verfassen von Drehbüchern.
Großes Glück für ihn: Direkt sein Uni-Abschlussfilm „Schautag“, gleichsam der Beginn seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Marvin Kren, gewann zahlreiche Preise: darunter den Max-Ophüls-Preis 2009. „Der Erfolg dieses Films war für mich der absolute Türöffner“, erinnert er sich. „Plötzlich begann die Branche, sich für mich zu interessieren.“
Luftsprünge für "Mord mit Aussicht"
Und Hessler sollte diese ungeheuer komplizierte Branche nicht enttäuschen: Acht Folgen schrieb er für die Krimi-Serie „Mord mit Aussicht“ mit Caroline Peters und Bjarne Mädel. „Als der Auftrag kam, habe ich Luftsprünge gemacht“, sagt er. „Denn genau dieser leichte, komödiantische Anschlag in der Serie ist absolut meins.“
„Treibjagd“ hieß dann 2018 sein erster Tatort mit Wotan Wilke Möhring als Kommissar, kurz darauf folgte „Spieglein Spieglein“ mit Jan Josef Liefers und Axel Prahl aus Münster. „Der Tatort ist das letzte große Lagerfeuer, das es überhaupt noch gibt“, sagt Hessler. „Da schauen sich dann 14 Millionen Menschen im Fernsehen an, was ich mir in meiner Dachkammer am Computer alles ausgedacht habe. Für mich ist das immer noch ein großes Wunder.“
Morgens um fünf gehen auch mal die Ideen aus
Dabei sei das Schreiben von Drehbüchern nicht nur reine Freude, sondern gern auch echter Kampf. Ob er nun selber die zündende Idee für einen neuen Film hat oder ein Redakteur das Thema gewissermaßen vorgibt – beides kommt vor. „Vom ersten Exposé bis zum fertigen Buch sind es dann immer mehrere Schritte.“
Früher seien seine Drehbücher gern mal in kräftezehrender Nachtarbeit entstanden: „Da sitzt man dann morgens um fünf und ist völlig verzweifelt, weil man keine Ideen mehr hat“, sagt er. „Manchmal ist das auch ein schwieriger Beruf und vor allem ist er sehr einsam.“ Seit er Vater von zwei Töchtern (drei und sechs Jahre) ist, versuche er aber, die nächtlichen Einsätze auf ein Mindestmaß zu reduzieren: „Aber es gelingt mir nicht immer.“
Neuer Münster-Tatort soll leicht ins Mittelalter führen
Wenn die Dreharbeiten beginnen, ist Benjamin Hesslers Job meist schon beendet – und eher gering ist sein Einfluss auf das, was aus seinen Kopfgeburten schließlich gemacht wird. Oft sieht Hessler die Filme erst, wenn sie im Fernsehen laufen. Auch hier liegen Wohl und Weh dicht beieinander: „Manchmal schimpfe ich schon, wenn meine absolute Lieblingsszene plötzlich fehlt, weil sie geschnitten wurde“, sagt er. „Andererseits entsteht ein Film aber auch erst im Schnitt. Dann kann ich die Entscheidung dann schon nachvollziehen.“
Seine jüngste Arbeit führt ihn erneut zum Tatort nach Münster: Benannt werden soll die Folge nach der kettenrauchenden Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (unnachahmlich gespielt von Mechthild Großmann) und trägt den Arbeitstitel „Klemm of Thrones“. „Das soll eine leichte Anbindung ans Mittelalter haben“, verrät er. Wegen der Corona-Krise sind die Dreharbeiten verschoben worden.