Bochum. Für die mehr als 30.000 Kinder aus den Grund- und weiterführenden Schulen in Bochum geht es jetzt darum, wie es nach den Osterferien weitergeht.
Wie die Entscheidung zur Öffnung oder Teilöffnung der Schulen auch immer ausfällt, Bochums Schuldezernent Dietmar Dieckmann (SPD) ist sich ganz sicher: „Das wird eine ganz knappe Kiste.“ Es geht um nicht weniger als um den Neustart des Schulsystems für weit mehr als 30.000 Schülerinnen und Schülern der Grundschulen und weiterführenden Schulen. Gar nicht eingerechnet sind darin die Berufs- und Förderschulen in Bochum. Es bleibt für die Stadt als Schulträger kaum Zeit, sich für ein womögliches Hochfahren des Systems unter bislang nie in dieser Form praktizierten Bedingungen, vorzubereiten.
Reinigung ab Freitag vorgesehen
Immerhin hilft die letzte sogenannte Schul-Mail aus Arnsberg vom 9. April, die zumindest für die Wiedereröffnung der Schulen einen Hygiene-Plan entwirft. „Wir sind derzeit mit unserem Gesundheitsamt dabei diese besondere Grundreinigung entsprechend vorzubereiten“, so Dieckmann. In der Mail aus Arnsberg ist von Grundreinigungen die Rede, die „den besonderen hygienischen Anforderungen der aktuellen Situation entsprechen“.
Allein, wie das konkret aussehen soll, ist der Stadt nicht ganz klar. Es gibt Hinweise des Robert-Koch-Institutes zur „Reinigung und Desinfektion von Oberflächen außerhalb von Gesundheitseinrichtung im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie“. Doch die Stadt wolle nun prüfen, wie dies bei Schulen Anwendung finden könne. Klar sei, so macht Diekmann deutlich, dass es darum gehen müsse, Mindestabstand und Hygieneregeln anzuwenden. „Das müssen wir als Schulträger sicherstellen können.“
Eine Reinigung aller Schule finde zwar ohnehin jeweils am Ende der Osterferien statt. Aber die Umstände sind heute natürlich völlig andere „Wir wollen das ab Freitag umsetzen“, so der Dezernent. „Was aber genau zu geschehen hat, hängt jetzt davon ab, wie das Land sich entscheiden wird.“
Weniger Waschbecken in den Klassen
„In vielen Klassenzimmern gibt es heute keine Waschbecken mehr“, erklärt Ulrich Kriegesmann vom Leitungsteam der GEW Bochum. Das liege etwa daran, dass etwa elektronische Tafeln nicht mehr nass gereinigt werden müssen. Nach Forderungen der Lehrer-Gewerkschaft müssten ausreichend Desinfektionsspender aufgestellt werden. Schon in der Vergangenheit kritisierte die GEW, dass die Reinigung der Schulen in der letzten Zeit immer weiter zurückgefahren worden sei.
Darüber hinaus stellen sich die Lehrer und Lehrerinnen Fragen. Eine Öffnung direkt nach den Osterferien hält die GEW nicht für sinnvoll. „Die Schulen brauchen mindestens eine Woche Zeit, um ansatzweise die entsprechenden Vorbereitungen treffen zu können“, so Kriegesmann. Unter den Lehrkräften gebe es einige, die aufgrund ihres Alters, Vorerkrankungen oder weiterer Umstände für den Unterricht nicht infrage kämen. Demnach müsse geregelt werden, ob beispielsweise für den Unterricht in kleineren Lerngruppen ausreichend Personal zur Verfügung stehe.
Arnsberg wartet auf Nachrichten
Auf genau diese Nachricht wartet in diesen Minuten auch die für Bochum zuständige Bezirksregierung in Arnsberg. „Wir gehen davon aus, dass wir eine sogenannte ‘Schul-Mail’ aus Düsseldorf erhalten. Dann geht von uns eine weitere Mail an alle Schulen, das ist dann eine Sache von Sekunden.“
Der Krisenstab in Arnsberg, der in diesen Tagen, anders als etwa in den Zeiten der Flüchtlingskrise 2015/16 eher koordinierende Aufgaben hat, ist nun zum Warten vergattert. „Wir haben eine Kontaktperson aus unserer Schulabteilung, die ständig dort teilnimmt. Sie wird uns dann informieren.“
Schulleiter treffen sich zur Videokonferenz
Die Schulen in Bochum selbst warten auf eine klare Richtlinie, um mit der Planung des Unterrichtes nach den Osterferien zu beginnen. „Heute Nachmittag machen wir eine Videokonferenz. Entweder sitzen wir mit Stundenplanern oder mit dem Medienteam zusammen und besprechen, wie wir das gemeinsam anpacken können“, sagt Birte Güting, Leiterin der Schiller-Schule.
Auch die stellvertretende Schulleiterin der Erich-Kästner-Gesamtschule, Ute Dörnemann, bestätigt, dass sie erst einmal die offizielle Entscheidung abwarten. „Wir haben mögliche Verfahrenspläne im Kopf. Daran werden auch die Hygienemaßnahmen angepasst“, sagt Dörnemann. Je nachdem, ob der Unterricht in Gruppen mit 15 Schülern oder mit der Oberstufe stattfinden soll, müssten verschiedene Konzepte gefahren werden, so die stellvertretende Leiterin weiter.
Unterricht in den eigenen vier Wänden
Die Umstellung auf das Lernen zu Hause habe überraschend gut geklappt: „Die Lehrer haben sich unglaublich reingekniet. Sie haben tolle Sachen angefertigt“, sagt sie. Auch die Schüler hätten gut mitgearbeitet, so Dörnemann. Zusätzlich gehe es neben der Planung des Unterrichtes auch darum, Hygienevorschriften zu überprüfen und weiterhin umzusetzen, berichtet der kommissarische Schulleiter der Graf-Engelbert-Schule, Robert Bunse. Auch an dem Gymnasium funktioniere das digitale Lernen. „Die meisten möchten ganz gerne in die Schule zurück. Die sozialen Kontakte fallen ja weg“, berichtet der Lehrer.
Nicht alle Schüler haben Laptops oder Tablets
An der Schiller-Schule sind die Jahrgänge fünf und sieben mit I-Pads ausgestattet. Die Schule hat eine eigene digitale Kommunikationsplattformen. Das Unterrichten über das Internet habe auch hier gut geklappt, so Schulleiterin Birte Güting. „Einige Schüler haben nur das Smartphone als Endgerät. Das war ein großer Knackpunkt“, sagt Güting. Ihrer Meinung nach müssten über das Bildungs- und Teilhabegesetz mehr Endgeräte angeschafft werden. Um die Situation an ihrer Schule besser einschätzen zu können, habe das Kollegium eine Umfrage unter den Eltern und Schülern gemacht. „Aus den Ergebnissen lassen sich neue Methoden erarbeiten“, so Güting.
Herausforderung für die Eltern
Für Eltern, die die Kinder Zuhause betreuen müssen und auch im Homeoffice arbeiten, kann der Unterricht daheim schnell zu einer Herausforderung werden. Insbesondere jüngere Schulkinder brauchen mehr Unterstützung bei der Erledigung der Aufgaben. Diese Erfahrung macht auch gerade die Mutter Christiane Niesel, die an der Ruhr-Universität Bochum als Sekretärin arbeitet. „Wir haben einen umfangreichen Plan für die drei Wochen vor den Osterferien bekommen. Für die Kinder ist es schwierig, wenn sie den ganzen Tag zu Hause sind. Wenn sie dann zwei Stunden etwas für die Schule machen sollen, ist es schwer“, berichtet Christiane Niesel.
Ihr neunjähriger Sohn geht gerade in die vierte Klasse der Frauenlobschule in Hiltrop. Für die Familie sei der Unterricht zwar machbar, aber dennoch mache sie sich Sorgen, „ob die Kinder nach den Sommerferien alle Anforderungen der weiterführenden Schule erfüllen können“. Wenn sich der Schulstart weiter nach hinten verschiebt, würde sie sich wünschen, dass noch mehr digitale Lehrformen zum Einsatz kommen.