Bochum-Dahlhausen. 64 neue Häuser sollen in Bochum-Dahlhausen auf Grabeland gebaut werden. Nachbarn versuchen nun, auf das Bauprojekt noch Einfluss zu nehmen.

Die Stadt Bochum hält weiterhin an ihrem Ziel aus dem Wohnbaulandkonzept fest, pro Jahr 800 neue Wohnungen auf Stadtgebiet entstehen zu lassen. 64 davon sind „unten“ an der Ruhr vorgesehen, an der Straße Am Ruhrort. 2,7 Hektar groß ist das Grabeland, auf dem die Wilma Immobilien AG Reihen-, Doppel- und Einfamilienhäuser bauen will. Einigen der Anwohner gefällt das, einigen aber auch nicht. Die Gegner des geplanten Neubaugebiets versuchen nun, im Rahmen des Bebauungsplan-Verfahrens noch Einfluss nehmen zu können. Dabei verfolgen sie unterschiedliche Ziele.

Umstritten: Alte Gärten sollen in Bochum-Dahlhausen Platz machen für 64 neue Häuser

Das Ehepaar Marina Elmentaler und Horst Petzker ist nicht generell gegen neue Nachbarn und hat sich damit abgefunden, künftig nicht mehr auf Kleingärten zu gucken, sondern auf Häuser. Doch erscheint ihnen das Neubaugebiet zu groß. Und sie wünschen sich mehr Abstand zwischen dem eigenen Grund und der neuen Nachbarschaft.

Stadtplaner Klaus Kleine bei der Bürgerversammlung zur geplanten Bebauung des Grabelandes am Ruhrort in Bochum-Dahlhausen im Juni 2018. Neben ihm hängt der Plan, wie die Häuser angeordnet sein sollen.
Stadtplaner Klaus Kleine bei der Bürgerversammlung zur geplanten Bebauung des Grabelandes am Ruhrort in Bochum-Dahlhausen im Juni 2018. Neben ihm hängt der Plan, wie die Häuser angeordnet sein sollen. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Den Anwohnern – auch ihnen – werde laut Planung „die nördliche Erschließungsstraße auf den Grenzstein gesetzt“, kritisieren Elmentaler und Petzker in einem Offenen Brief an die Verwaltung. Sie fordern deshalb, dass ein drei Meter breiter Böschungsstreifen als Puffer erhalten bleibt. Das würde einen Verlust von lediglich drei Wohneinheiten zur Folge haben, den jetzigen Anwohnern aber mehr Luft zum Atmen verschaffen.

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Ebenso raten sie davon ab, mit der Bebauung mehr Abstand zum bewaldeten Hang im Norden zu wahren. „Bäume mit ihren weit ausladenden Ästen neigen sich stark in das Plangebiet und somit über die Gebäude.“ Auch hier solle ein drei Meter breiter Streifen bestehen bleiben, was ebenfalls nur drei bis vier Wohneinheiten weniger bedeute.

Ganz auf das geplante Neubaugebiet verzichten könnte Anwohnerin Heike Schick, die im Rahmen der Bürgerbeteiligung eine Stellungnahme an die Verwaltung geschickt hat. Darin hat sie den Umweltbericht, der zur Umsetzung des Bebauungsplans Nr. 997 „Am Ruhrort“ erstellt wurde, auseinandergepflückt.

Wurden keine alternativen Flächen geprüft?

Obwohl die Stadt den Klimanotstand ausgerufen habe, habe sie der Bebauung des Grabelandes zugestimmt, kritisiert Heike Schick. Denn es handele sich hierbei sowohl um ein Kaltluftsammelgebiet, das jetzt schon der Überhitzung durch die zunehmende Erderwärmung entgegenwirke, als auch um ein Trittsteinbiotop, das es Tierpopulationen erlaube, sich auch über weit auseinander liegenden Gebieten hinaus zu vernetzen und deren Lebensgrundlage zu erhalten.

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Der Boden, wie man ihn hier vorfinde, habe die Eigenschaft, CO2 zu speichern und somit zur Verringerung der Treibhausgasemission beizutragen. „Diese Informationen wurden im 68-seitigen Umweltbericht nicht berücksichtigt“, kritisiert Heike Schick, viele Informationen würden verharmlost und an manchen Stellen schlichtweg falsch dargestellt.

Stadt will sorgfältig prüfen

Aus Sicht von Heike Schick scheint das einzige Argument für die Bebauung am Ruhrort das Handlungskonzept Wohnen Bochum zu sein. Ob ihre Stellungnahme irgendetwas bewirken kann, bezweifelt sie: „Es scheint schon eine klare Vorabentscheidung zugunsten der Bebauung zu bestehen, zumal sich an keiner Stelle der offengelegten Unterlagen der Stadt Bochum ein Hinweis darauf findet, dass sich in einer Petition über 1600 Bürger für den Erhalt des Grabelandes aus Klimaschutzgründen aussprechen.“

Klaus Kleine vom Stadtplanungsamt verspricht, alle eingegangenen Stellungnahmen sorgfältig zu prüfen. Und natürlich könne es dann „vielleicht Dinge geben, die wir in der Verwaltung anschließend anders bewerten“. Darüber werde dann die Politik informiert.

Weiter moniert Heike Schick, dass keine alternativen Flächen für eine mögliche Bebauung geprüft worden seien. Sie verweist auf das Bundesbodenschutzgesetz, in dem dies vorgeschrieben sei. Stattdessen werde das Grabeland abgewertet. „Etwa 90 Prozent der Fläche befanden sich zum Zeitpunkt der Begehungen in „kleingärtnerischer“ Nutzung“, heißt es im Umweltbericht. Es handele sich jedoch nicht um eine Kleingartenanlage im Sinne des Bundeskleingartengesetzes.

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Schick weist weiter auf den Fachbeitrag des Geologischen Dienstes für den Bebauungsplanes Nr. 997 hin, der „auf schutzwürdigen Boden, der aufgrund seiner hohen Fruchtbarkeit Berücksichtigung finden sollten“, hinweise. Auch sei der Ruhrort „ein hochwassergefährdetes Gebiet“. Aus diesem Grund soll der Bereich der Wohnbebauung um ca. zwei Meter aufgeschüttet werden. „Das an sich sollte einem zu denken geben: Um überhaupt das Land bebauen zu können, müssen erstmal 5400 Kubikmeter Material aufgeschüttet werden.“

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