Auf seinem Balkon in Bochum singt der gefragte Opernsänger Nicolai Karnolsky eine Arie aus Verdis „Nabucco“. Es geht um Hoffnung und um ein Wunder.
Bochum/Gelsenkirchen. Eigentlich müsste Nicolai Karnolsky jetzt in Nürnberg sein. Auf der Probenbühne des renommierten Nürnberger Staatstheaters. Der 48-jährige gebürtige Bulgare ist ein gefragter Opernsänger. Doch anstatt jetzt für die Premiere von Anton Rubinsteins Oper „Dämon“ am 4. April zu proben oder sich für die Wiederaufnahme von Mozarts „Zauberflöte“ am 11. April vorzubereiten, ist er nun zu Hause in Bochum. Seit vielen Jahren lebt Karnolsky in Deutschland. Er hätte sich so gefreut auf die Premiere. Doch dafür wird sein heimischer Balkon zur Bühne, jetzt in Zeiten der Corona-Krise.
Viele Jahre im Gelsenkirchener Musiktheater gesungen
Der Bass steht in der Tradition der großen bulgarischen Bässe Boris Christow oder Nikolaj Gjaurow. Ein nicht minder bekannter Bass, Nicola Ghiuselev, war sein Lehrer. Er vertauscht die große Bühne mit seinem Balkon. Anstelle der Opernkenner im Fränkischen, sind nun seine Familie, die Nachbarn und die ersten Frühlingsblumen im Garten seine Zuhörer. Nur wenige Minuten dauerte der Auftritt, dass Echo kam dafür umso lebhafter. Aus den Nachbargärten klatschten die Leute. „Zugabe“, riefen sie, und „Noch mehr“. Doch für diesmal blieb es dabei. Wer weiß, Wiederholung nicht ausgeschlossen...
Nicolai Karnolsky, der schon auf vielen großen Opernbühnen Europas brillierte, macht kein großes Aufheben um seine Person. In der Semperoper sang er den Sparafucil im Rigoletto, er stand sogar im Petersdom in Rom auf der Bühne, für eine Aufnahme des bulgarischen Rundfunks unter der Schirmherrschaft von Papst Johannes Paul II. Dankbar ist er sogar im berühmten Theatro Regio in Turin gesungen zu haben, immerhin hinter der Mailänder Scala das renommierteste italienische Opernhaus.
Das Publikum im Ruhrgebiet kennt Nicolai Karnolsky sehr gut. Bis zu seinem Wechsel nach Nürnberg war er zwischen 2001 und 2008 Ensemblemitglied im Musiktheater im Revier (MiR) in Gelsenkirchen. Aus im Aalto oder im Dortmunder Opernhaus stand er schon auf der Bühne. Geholt hatte ihn der damalige Intendant Peter Theiler, den Karnolsky bereits aus dem schweizerischen Biel kannte. Theiler war es auch, der ihm den Wechsel nach Nürnberg ermöglichte. Mittlerweile ist Theiler an der Semperoper und in Nürnberg hat Jens-Daniel Herzog den Intendantenstuhl eingenommen.
Durchbruch schon in jungen Jahren
Jetzt der heimische Balkon: „Ich habe eine Arie aus Verdis Nabucco ausgewählt. Da geht es um die Hoffnung, ja, und um Wunder. Beiden können wir in dieser Zeit gut gebrauchen“, sagt Nicolai Karnolsky. Die Nabucco-Vorstellungen in Nürnberg waren allesamt mit rund 1000 Zuschauern ausverkauft. Noch nicht einmal Restkarten gab es.
Die Musik war ihm eigentlich nicht in die Wiege gelegt. Zunächst lernte er Klavier, später entdeckte er die Geige für sich, die er heute noch spielt. Als Jugendlicher begann er in einem Chor mitzusingen. „Dort lernte ich die traditionellen bulgarisch-orthodoxen Gesänge kennen. Sie haben mich bis heute tief geprägt.“ Später ging er auf Konservatorium. Für drei Jahre reiste er danach mit den Don Kosaken durch Deutschland, stand auf vielen Bühnen.
Ein bulgarischer Bass, fest im Revier verwurzelt
Der bulgarische Bass Nikolai Karnolsky wurde in Sofia geboren. Nach seiner Schul- und Studienzeit besuchte er die Musikakademie in seiner Heimatstadt.
Nach Konzerten in Griechenland, Italien, Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern kam er nach seinem ersten Engagement in der Schweiz ans Musiktheater Gelsenkirchen (MiR). Seit dem Jahr 2008 ist er Ensemblemitglied am Staatstheater Nürnberg. Er steht aber immer wieder auch auf anderen großen Bühnen. Nikolai Karnolsky lebt in Bochum und Nürnberg.
Seinen Durchbruch erlebte er im jungen Alter von 26 Jahren – sehr früh für einen Bass – als in Bulgarien einen wichtigen Opernpreis gewann. Er hatte sehr präsent Philipp II. in Verdis „Don Carlos“ gesungen. Er ging in die Schweiz, hatte Engagements in Biel und Solothurn, um dann schließlich nach Gelsenkirchen zu kommen.
Musik bringt auf andere Gedanken
Was Musik, Gesang in diesen Zeiten bedeutet, wollen wir von ihm wissen: „Wenn ich singe, bin ich sehr glücklich, fühle mich dann in meinem Element, so wohl wie ein Fisch im Wasser“, sagt er. Doch jedermann, ob Profi oder nicht, könne doch singen. Da ist sich Nicolai Karnolsky ganz sicher: „Und wenn es nur ein paar Minuten sind. Aber in dieser Zeit denken wir nicht an Corona.“
Vorhang auf für Verdis Nabucco, als Miniatur-Oper in der Krise.