Bochum. Die Stadt Bochum wird die Schließungen in Handel und Gastronomie streng kontrollieren. Das kündigt Stadtdirektor Kopietz im WAZ-Gespräch an.
Stadt und Polizei in Bochum werden die verfügten Schließungen im Handel und in der Gastronomie streng kontrollieren. Das kündigt Stadtdirektor Sebastian Kopietz gegenüber der WAZ an. Inmitten von Corona-Dauersitzungen nahm sich Kopietz im Rathaus Zeit für ein Interview mit WAZ-Redakteur Jürgen Stahl.
Herr Kopietz, die Stadt befindet sich im Corona-Krisenmodus. Was ist Ihre wichtigste Botschaft an die Bochumer Bürger?
Mir ist völlig klar, dass wir mit unseren drastischen Maßnahmen den Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmern im Moment viel zumuten. Letztlich sind es aber Maßnahmen, bei denen sich alle - Bund, Land, Kommunen, medizinische Experten - einig sind, dass sie zwingend erforderlich sind, um die Ausbreitung des Virus so weit zu verlangsamen, dass das medizinische System damit umgehen kann. Das ist unsere oberste Prämisse bei allen Maßnahmen in Bochum. Das müssen jetzt alle Bürger verstehen, beherzigen und ihre sozialen Kontakte auf ein Minimum einschränken!
Aktuell gibt es 61 bestätigte Infektionen in Bochum. Hinzu kommen mehr als 200 Verdachtsfälle. Über 100 Bürger sind in häuslicher Quarantäne. Welche Entwicklung erwarten Sie?
Durch unser Drei-Wege-System mit der neu eingerichteten Drive-in-Teststelle am Harpener Feld, dem Diagnostikzentrum und einem mobilen Team gibt es jetzt stetig mehr Testungen. Das bedeutet in der Konsequenz auch, dass automatisch die Zahl der Infektionen nach oben geht.
Coronavirus in Bochum: Notfallbetreuung wird mäßig genutzt
In welchem Maße wird die Notfallbetreuung in Kitas und Schulen genutzt?
Relativ gering. Viele Eltern aus den Berufsgruppen, die das Angebot nutzen könnten, haben die Kinderbetreuung offenbar anderweitig organisieren können. Wir haben im Moment in Kitas 300 Kinder untergebracht, zusätzlich 120 bei Tagespflegepersonen. An Schulen, ausschließlich an Grundschulen, sind es 180 Kinder.
Ist gesichert, dass die Kita-Gebühren für April nicht eingezogen werden?
Ja, ebenso wie für die Tagespflegepersonen. Diesen Beschluss haben wir am Dienstag bereits vor einem entsprechenden Landeserlass getroffen. Das bietet zunächst Sicherheit für die Eltern.
Klare Regeln für Handel und Gastronomie
Wie sind aktuell die Verbote für Einzelhandel und Gastronomie geregelt?
Die Erlasse aus Bund und Land kamen zuletzt täglich, wenn nicht gar stündlich. Deshalb haben wir uns entschlossen, eine sehr umfängliche Allgemeinverfügung in Bochum auf den Weg zu bringen, die das alles nochmal sortiert.
Es herrscht vielfach Unsicherheit, wer schließen muss und wer nicht.
Es gibt jetzt klare Regelungen, die auch durchsetzbar sind. Alles, was nicht der Daseinsfürsorge bedarf, bleibt geschlossen. Beispiel: eine Bäckerei mit eigenem Café. Dort gilt: Der Verkauf kann weitergehen, das Café muss schließen. Oder Pommesbuden: Sie müssen schließen, dürfen aber einen Lieferdienst vorhalten. Der stationäre Verkauf ist hier verboten. Das Ziel der Maßnahmen ist immer, Menschenansammlungen zu vermeiden.
Massive Kontrollen haben begonnen
Können die Verbote auch nur ansatzweise kontrolliert und sanktioniert werden?
Natürlich steht hinter jeder Verfügung auch der Appell, sich an die Vorgaben zu halten, um damit die Hauptrisikogruppen zu schützen. Wir sind aber darauf vorbereitet, die Durchsetzung im Handel und in der Gastronomie massiv zu kontrollieren. Dazu wurde unser Ordnungsdienst von zwölf auf 24 Mitarbeiter verdoppelt. Die Polizei leistet Amtshilfe. Anfangs bleibt es meist bei einer Ermahnung. Aber das wird sehr schnell anders sein. Dann drohen Ordnungsgelder (Hinweis der Red.: Nach dem Interview teilte die Stadt mit, dass allein am Mittwoch 500 Kontrollen vorgenommen wurden).
Viele Bürger beschweren sich, dass sie an der städtischen Hotline nicht durchkommen.
Wir sind stark belastet, die Anfragen gehen durch die Decke (allein am Mittwoch waren es 5000, die Red.). Ich kann sehr gut verstehen, dass die Bürger viele Fragen haben. Das bekommen wir über eine zentrale Hotline nicht mehr abgebildet, obwohl dort inzwischen 18 Mitarbeiter im Einsatz sind. Wir machen aus der 0234/910 55 55 deshalb jetzt die Hotline ausschließlich für Bürger, die glauben, sich infiziert zu haben. Zusätzlich haben wir die Kita-Hotline 0234/910 12 23 für alle Fragen rund um die Kita-Betreuung eingerichtet. Zudem gibt es die Hotline 0234/610 577 80 und -81 der Bochumer Wirtschaftsentwicklung für Bochumer Unternehmer: vom kleinen Café-Betreiber bis zum großen Industrieunternehmen. Ganz wichtig: Die 112 ist nur für medizinische Notfälle bestimmt!
Hochzeit nur noch mit Trauzeugen
Wie stellt sich in diesen Tagen die Arbeit der Verwaltung dar?
Das Kerngeschäft wird aufrecht erhalten. Das klappt, indem wir Mitarbeiter, die an ihren originären Arbeitsplätzen derzeit nicht benötigt werden, an anderen Stellen einsetzen, etwa für die Aufgaben des Gesundheitsamtes. Das betrifft zum Beispiel Kollegen aus Kultureinrichtungen oder Freizeithäusern. Dazu gibt es dankenswerterweise eine hohe Bereitschaft.
Welche Einschränkungen gibt es für Bürger?
Termine, etwa beim Einwohnermeldeamt, sind grundsätzlich nur nach telefonischer Absprache möglich. Wann immer es geht, sollen unsere Online-Dienstleistungen genutzt werden. Andere Dienstleistungen laufen unter besonderen Bedingungen weiter. So gibt es zwar keine Absage bei den standesamtlichen Trauungen. Das Brautpaar darf derzeit aber nur von seinen Trauzeugen begleitet werden.