Bochum. Die Bochumer Behinderten-Werkstätten werden wegen des Coronavirus nun doch geschlossen. Für die Lebenshilfe NRW kommt das viel zu spät.

Werkstätten für behinderte Menschen in Bochum sind nun seit Mittwoch auch geschlossen. Für viele kommt das zu spät – die Lebenshilfe NRW befürchtet, die Werkstätten könnten in den vergangenen Tagen zu „Corona-Katalysatoren in der Eingliederungshilfe“ geworden sein.

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Am Dienstag erließ der NRW-Staatssekretär für Arbeit, Gesundheit und Soziales ein Betretungsverbot für Einrichtungen der Eingliederungshilfe wie Tagesstätten oder Werkstätten für behinderte Menschen. „Ich habe wirklich aufgeatmet, als der Erlass kam“, sagt Marita John, Geschäftsführerin in der Behindertenhilfe der Diakonie Ruhr, „Das war am Montag und Dienstag eine schwere Situation. Wir haben allen empfohlen zuhause zu bleiben, die meisten haben das auch getan.“ Sie betreibt in Bochum drei Werkstätten für behinderte Menschen.

Coronavirus: Drei Gruppen sind von Betretungsverbot ausgenommen

Ausgenommen von dem Verbot seien drei Gruppen, erklärt John. Das Betretungsverbot gelte nicht für behinderte Menschen, die von Angehörigen betreut werden, die in Berufen wie beispielsweise der Pflege arbeiten. Ausgenommen seien auch Menschen, deren Betreuung zu Hause nicht gewährleistet werden kann oder deren Betreuung mit intensivem persönlichen Aufwand verbunden ist.

„Die jeweilige Werkstattleitung prüft nun zusammen mit dem Sozialen Dienst, welche Menschen von diesen Ausnahmen betroffen sind – und berücksichtigt dabei auch die Wünsche der Eltern“, sagt John, „Heute waren das etwa fünf von insgesamt 680 Mitarbeitern in unseren Werkstätten.“

Lebenshilfe erklärt lange Unsicherheit mit Kosteneinsparungen

Die Lebenshilfe NRW erklärt sich die lange Unsicherheit in den Werkstätten für Behinderte mit Kosteneinsparungen. „Die Menschen mit Behinderung, die bekanntlich zur Risikogruppe gehören, können die Hygienevorgaben trotz Aufklärung nur schwer einhalten. Sie suchen gerade in solchen Ausnahmesituationen den Kontakt zu betreuenden Mitarbeitern und Kollegen“, teilt die Landesgeschäftsführerin der Lebenshilfe Bärbel Brüning mit.

Auch die Beförderung der Mitarbeiter auf dem Weg zu den Werkstätten in Fahrdiensten und Taxen sei eine „hochriskante Situation“. „Diese Menschen nehmen das Virus dann mit nach Hause und infizieren in den Familien Angehörige, oft ältere Eltern jenseits der 60 Jahre oder Betreuungspersonal in den Wohneinrichtungen“, so die Landesgeschäftsführerin.

Die Stadt Bochum teilt auf Anfrage mit, dass die Einrichtungen vorerst geöffnet geblieben seien, da es keinen Erlass von Bund oder Land gegeben habe und Menschen mit Behinderung ohnehin Betreuung benötigten – ob in den Werkstätten oder zu Hause in ihren Familien oder Wohngruppen.