Bochum/Essen. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen zwei Polizisten, die im April 2019 einen Jäger auf einem Friedhof erschossen, eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft Bochum stellt das Verfahren nach den tödlichen Schüssen auf dem Friedhof in Bochum-Gerthe ein. Am 18. April vergangenen Jahres war dort ein 77-jähriger Mann von einem Polizisten erschossen worden. Der ausgebildete Jäger, der prinzipiell von der Stadt die Genehmigung hatte, dort der Jagd nachzugehen, war mit einem Gewehr auf dem Friedhof unterwegs. Begleitet wurde er zur Tatzeit von seiner Frau. Zwei Schüsse aus Dienstwaffen der Polizisten waren abgegeben worden.

Bereits am 31. Januar hat die Staatsanwaltschaft Bochum das Verfahren wegen der Abgabe tödlicher Schüsse durch Polizeibeamte mangels hinreichenden Tatverdachtes eingestellt. Wie Oberstaatsanwalt Christian Kuhnert auf Anfrage dieser Zeitung mitteilt, habe die Witwe des Erschossenen jetzt noch die Möglichkeit, Beschwerde gegen diese Einstellung des Strafverfahrens einzulegen. „In diesem Fall geht die Akte des Falls zur Generalstaatsanwaltschaft nach Hamm. Dort wird dann geprüft, ob die Ermittlungen wieder aufgenommen werden.“

Umfangreiche Ermittlungen

Wörtlich teilt die Staatsanwaltschaft Bochum mit: „Nach den umfangreichen und sehr sorgfältig geführten Ermittlungen durch das Polizeipräsidium Essen, welches aus Gründen der Neutralität damit betraut war, ist davon auszugehen, dass die Beamten von einem gegenwärtigen Angriff ausgehen konnten und daher berechtigt waren, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.“

Auf 19 Friedhöfen darf gejagt werden

Auf insgesamt 19 Friedhöfen in Bochum dürfen Jäger die Jagd ausüben. Dafür gibt es allerdings ganz konkrete Anweisungen und Bedingungen.

Auch für die Begegnung mit Polizisten gibt es bestimmte Regeln bei der Jägerschaft. So berichtete ein Jäger kurz nach dem Unglück, dass sofort die Waffe heruntergenommen werden müsse. Bei Langwaffen (Gewehren) mit Knickläufen, sei es vorgesehen, dass das Gewehr geöffnet und der Lauf nach unten zeigen müsse.

Was war an jenem frühen Abend des Gründonnerstags 2019 passiert? Gegen 18 Uhr wurde die Polizei von einem in der Nähe wohnhaften Jäger alarmiert, dass sich jemand mit einem geladenen Gewehr auf dem Friedhof aufhielt. Zu dieser Jahreszeit war es noch hell. Außerdem sollen sich weitere Menschen zu dieser Zeit auf dem Friedhof aufgehalten haben. Als sich zwei uniformierte Polizeibeamte näherten, wurde der 77-Jährige zweimal aufgefordert, sofort seine Waffe hinzulegen.

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Von Markus Rensinghoff, Jürgen Stahl & Michael Weeke

Eine Kugel schlug in einen Baum ein

Als er trotzdem die Waffe hob, so die Staatsanwaltschaft, hätten beide beide Beamte geschossen. Eine Kugel traf den 77-Jährigen und verletzte ihn so schwer, dass er trotz sofort eingeleiteter Rettungsmaßnahmen am 20. April in einem Bochumer Krankenhaus verstorben ist. Dies, so die Staatsanwaltschaft, konnte aufgrund der Angaben der beschuldigten Polizeibeamten festgestellt werden, die sie sich mit den Angaben weiterer neutraler Zeugen und objektiven Spuren deckten.

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Eine auch in der Öffentlichkeit vorgebrachte gegenteilige These, wonach der Jäger zum Zeitpunkt der Schussabgabe gekniet haben soll, konnte jedenfalls nach Ermittlungen der Essener Polizei ausgeschlossen werden. „Zum einen wies die Kleidung einen nahezu waagerechten Schusskanal auf und zum anderen traf das Projektil in großer Entfernung in einer Höhe von 1,58 m einen Baum“, so die Erklärung der Staatsanwaltschaft.

Staatsanwaltschaft sieht Notwehrsituation

Auch konnte in den Ermittlungen nicht festgestellt werden, dass der Geschädigte seine Waffe vor Schussabgabe weggeworfen habe. Dagegen sprechen alle Angaben der beteiligten Beamten und auch die Tatsache, dass die beiden weit voneinander entfernt stehenden beschuldigten Polizisten gleichzeitig von einer konkreten Bedrohungslage ausgingen und zeitgleich schossen. Insgesamt war von einer Notwehrsituation auszugehen. Daher sieht die Staatswaltschaft das Verhalten der Beamten als gerechtfertigt an.

In Bochum hatte sich nach den tragischen Schüssen eine Diskussion entwickelt. Hierbei ging es darum, ob der Jäger dort auf dem Friedhof rechtmäßig der Jagd nachgegangen sei. Auch das Verhalten eines Jägers in einer solchen Situation spielte dabei eine Rolle.

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