Bochum. Die Kirchen sollen sich lauter als bisher für den Klimaschutz stark machen. Diese Botschaft ging vom ökumenischen Neujahrsempfang in Bochum aus.

Die Kirchen sollen in der Debatte um den Klimaschutz lauter ihre Stimmen erheben. Diese Botschaft ging vom ökumenischen Neujahrsempfang am Samstag im Bochumer Bergbaumuseum aus.

Auf Einladung des Evangelischen Kirchenkreises und der katholischen Stadtkirche füllten mehr als 300 Haupt- und Ehrenamtler aus den Gemeinden, Pfarreien, Verbänden und Einrichtungen den Veranstaltungssaal des Museums. Manche Besucher mussten stehen. „Wenn’s am Thema liegt, weiß die Kirche jetzt, wie sie ihre Häuser vollkriegt. Viel Spaß dabei!“, sagte Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) in seiner Begrüßung.

Neujahrsempfang in Bochum: Boykott-Aufruf wird erwogen

In der Tat: So politisch und kritisch war der Neujahrsempfang der Kirchen selten. „Life for Future“: So lautete der Titel in Anlehnung an die seit einem Jahr laufenden „Fridays for Future“-Schülerdemonstrationen. „Die Jugend öffnet uns die Augen. Wir alle können uns nicht mehr blind stellen“, mahnte Lothar Gräfingholt, Vorsitzender des Bochumer Katholikenrates. Gerade die Kirchen könnten beim Einsatz zur Bewahrung der Schöpfung „einen entscheidenden Beitrag leisten“.

Beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) ist die Botschaft angekommen. In der Kinder- und Jugendarbeit, etwa bei den Pfadfindern, würden Umweltschutz und Nachhaltigkeit täglich neu gelebt, betonte die Stadtvorsitzende Christina Behrens in einer Podiumsdiskussion. Es gelte nun, dieses Engagement auch vernehmbarer politisch umzusetzen. Aktuell werde beim BDKJ über einen Aufruf zum Boykott von Produkten des Nestlè-Konzerns beraten. Zudem unterstütze die katholische Jugend die „Fridays for Future“-Initiative.

Erstmals seit dem Beginn des Umbaus 2017 war das Bochumer Bergbaumuseum wieder Gastgeber des ökumenischen Neujahrsempfangs. Die Sitzplätze im Veranstaltungssaal reichten nicht für alle Besucher aus,
Erstmals seit dem Beginn des Umbaus 2017 war das Bochumer Bergbaumuseum wieder Gastgeber des ökumenischen Neujahrsempfangs. Die Sitzplätze im Veranstaltungssaal reichten nicht für alle Besucher aus, © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Streit um Kohleausstieg und Datteln 4

Das freut Kurt Cáceres. Die Kirche könne „ein guter Antreiber und gesellschaftlicher Motor“ für die Ziele der wiedererstarkten Umweltbewegung sein, sagte der „Fridays for Future“-Aktivist. In den Kirchengemeinden könnten Menschen erreicht werden, mit denen die demonstrierenden Schüler sonst kaum in Kontakt kämen. Dadurch erhielte der „Kampf gegen bestehende Geschäftsmodelle“ eine breitere gesellschaftliche Basis.

Vor einem Jahr begann „Fridays for Future“

Vor einem Jahr kamen in Bochum erstmals Schüler zu einer „Fridays for Future“-Demonstration zusammen. Daran erinnert Ingo Franke vom Arbeitskreis Umweltschutz (AKU), der zu den Initiatoren zählte.

Am 25. November 2019 versammelten sich 300 Jugendliche mehrerer Bochumer Schulen vor dem Technischen Rathaus. Eine Woche später waren es bereits mehr als 1000 Teilnehmer. Es war der Auftakt für die wöchentlichen Demos für einen besseren Klimaschutz.

Inzwischen habe die Bochumer Politik „zwar den Klimanotstand ausgerufen, handelt aber nicht entsprechend“, so Franke. „Die Bevölkerung fliegt immer häufiger, fährt immer mehr SUV‘s und isst Käse und andere Milchprodukte in großen Mengen. Die Klimakatastrophe schreitet anscheinend unaufhaltsam voran“, so Franke und appelliert: „Sie können das ändern!“

Wie tief die Kluft zwischen „Fridays for Future“ und der NRW-Landesregierung ist, zeigte die Kontroverse zwischen Kurt Cáceres und Umweltministerin Ursula Heinen-Esser. Beim Neujahrsempfang fand die CDU-Politikern zwar ausdrücklich lobende Worte für die protestierenden Schüler: „Ohne die wöchentlichen Demonstrationen hätte die Bundesregierung das Klimapaket 2019 niemals auf den Weg gebracht.“ Stets müsse aber ein gesellschaftlicher Konsens gefunden werden. Nachdrücklich verteidigte Heinen-Esser daher den Kohlekompromiss und die geplante Betriebsaufnahme des Kraftwerks Datteln 4.

Klima-Aktivist: Wir haben keine Zeit mehr

„Ein Unding“, entgegnete Kurt Cáceres. Er kritisiert nicht nur das zu lange Festhalten an der Kohle, sondern auch Reglementierungen wie den 1000-Meter-Abstand, der zwischen Windrädern und Wohnbebauung liegen soll. „Für Datteln hieße das: Wenn man das Kraftwerk abreißen würde und dort ein Windrad aufstellten wollte, ginge das gar nicht.“ Wahnsinn, so der „Fridays“-Aktivist. „Wir haben keine Zeit mehr!“

Eines der aktuell wichtigsten Ziele der Klimaschützer sei, „Datteln 4 zu verhindern“ – möglichst mit Unterstützung einer lauter werdenden Kirche.