Bochum. Nach rund vier Monaten ziehen die Anbieter für E-Scooter eine positive Bilanz. Überraschend ist die Zahl der Unfälle und Verletzungen in Bochum.

Seit Ende August 2019 rollen die E-Scooter durch Bochum. Den Start machte das Unternehmen Tier, es folgten die Anbieter Circ und Lime. Mittlerweile gibt es im Stadtgebiet mehr als 1000 der elektronisch betriebenen Leihroller. Nach rund vier Monaten zeigen sich die Anbieter sehr zufrieden; es gibt Pläne, das Angebot zu erhöhen. Die Zahl der Verkehrsunfälle und Verletzungen überrascht.

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„Wir sehen viele unterschiedliche Nutzer auf unseren E-Scootern. Wir verzeichnen (...) einen starken Anstieg an Fahrten, was auch auf eine vermehrte Nutzung der Scooter durch Pendler schließen lässt“, teilt ein Tier-Sprecher auf Anfrage der Redaktion mit. Das Unternehmen Lime listet in Bochum seit dem Start im September rund 55.000 Fahrten auf. Zwar gebe es an kalten und regnerischen Wintertagen einen Rückgang. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeige aber, dass die Zahl im Frühjahr wieder steigen werde. Der dritte Bochumer Anbieter Circ reagierte trotz mehrmaliger Versuche nicht auf die Anfrage dieser Redaktion.

Umsatz der E-Scooter-Anbieter in Bochum: Unternehmen machen keine Angabe

E-Scooter werden häufig nicht korrekt abgestellt. Zum Beispiel stehen oder liegen sie im Weg rum. Das zeigt ein Blick auf die Viktoriastraße in der Bochumer Innenstadt am Sonntag.
E-Scooter werden häufig nicht korrekt abgestellt. Zum Beispiel stehen oder liegen sie im Weg rum. Das zeigt ein Blick auf die Viktoriastraße in der Bochumer Innenstadt am Sonntag. © WAZ Bochum | Jürgen Stahl

Das Geschäft mit den E-Scootern scheint wirtschaftlich rentabel zu sein – in Bochum und in anderen Städten. Zum genauen Umsatz machen die Anbieter keine Angaben. „Lime macht aktuell in seinem Kerngeschäft keine Verluste mehr und ist ein halbes Jahr nach dem Start in Deutschland profitabel. Das gilt insgesamt und auch für die meisten der 15 deutschen Städte, in denen wir im Moment aktiv sind“, heißt es vom Unternehmen. Tier ist laut eigenen Angaben „in einer Reihe von Märkten bereits profitabel, das Gesamtgeschäft ist es noch nicht“, so der Sprecher. Diese Erwartungshaltung wäre aber auch vermessen.

Die Unternehmen sind zufrieden. Viele Bochumer aber ärgern sich über die E-Scooter. Das zeigt eine Umfrage im sozialen Netzwerk Facebook: „Überall stehen sie rum und das manchmal tagelang. Das ist echt ätzend“, kommentiert eine Userin. Eine junge Mutter ergänzt: „Ich komme mit dem Kinderwagen selten ohne Slalom durch.“ Die Roller seien Hindernisse auf den Bürgersteigen, die besonders für ältere Fußgänger, Rollstuhlfahrer oder Blinde sehr gefährlich seien. Der Unmut über E-Roller, die einfach mitten im Weg abgestellt werden, ist groß bei den Bochumern.

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Häufigster Beschwerdegrund sind falsch abgestellte E-Roller

„Falsches Parken ist ein komplexes Thema“, räumt auch der Sprecher des Anbieters Tier ein – ist aber optimistisch. „Die E-Scooter sind ein neues Verkehrsmittel und eine neue Form der Mobilität. Nutzer brauchen Zeit, um damit richtig umzugehen und andere Verkehrsteilnehmer brauchen Zeit, sich an den neuen Mitspieler zu gewöhnen“, so das Unternehmen. Der häufigste Beschwerdegrund seien falsch abgestellt E-Scooter auf Privatgrundstücken oder in Einfahrten. Dagegen gehe das Unternehmen mit Initiativen vor.

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Der Konkurrent Lime geht noch einen Schritt weiter. 98 Prozent der Kunden in Deutschland hielten sich an die Regeln und würden korrekt parken. „Um den verbleibenden Anteil an falsch abgestellten E-Scootern und Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung zu minimieren, haben wir uns entschlossen, unsere Kunden für Verwarn- und Bußgelder haftbar zu machen“, so ein Sprecher. Die Ordnungsämter sollen so entlastet, die Nutzer sensibler werden. Denn: „Vielen scheint es nicht bewusst zu sein, dass Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, wie das Überfahren einer roten Ampel, Strafen und Bußgelder zur Folge haben“, heißt es von Lime.

E-Scooter in Bochum: 2019 gab es sieben Verkehrsunfälle

Die häufigsten Ursachen für E-Scooter-Unfälle in Bochum

Eine häufige Ursache für E-Scooter-Unfälle ist laut Polizei Bochum die Nutzung von Gehwegen, oft in die verkehrte Richtung. Da es sich bei den elektronischen Rollern um ein Kleinstfahrzeug mit Straßenzulassung handle, müssten die Fahrer die Straße nutzen.

Auch das Fahren unter Alkoholeinfluss führe zu Problemen. Die Begrenzung ist für E-Roller-Fahrer dieselbe wie beim Auto. Ein Alkoholanteil von über 0,5 Promille im Blut ist verboten.

Die Polizei veranstaltet schon seit es die E-Scooter in Bochum gibt immer wieder Präventionsaktionen. Im Januar soll ein Austausch mit den drei Anbietern und der Stadt stattfinden, bei dem es u.a. um eine mögliche Geschwindigkeitsbegrenzung geht.

Die Bochumer Polizei sensibilisiert mit Aktionen immer wieder für Gefahren, die durch die Nutzung der E-Roller entstehen. Trotzdem kann sie beruhigen: „Im Jahr 2019 gab es in Bochum sieben Verkehrsunfälle. In sechs Fällen war der Fahrer der Verursacher, in einem der Mitverursacher“, sagt ein Polizeisprecher. Keiner dieser Unfälle sei aber schwer gewesen. Zwar werde die Zahl in diesem Jahr vermutlich steigen, da es die E-Scooter in Bochum erst seit Mitte 2019 gibt, aber: „Grundsätzlich sind die Roller noch kein Problem“, so der Sprecher.

Die Zahl der Verletzungen durch E-Scooter ist ebenfalls überraschend gering. „Es gibt keine signifikante Häufung, es sind eher vereinzelte Fälle“, teilt ein Sprecher des Katholischen Klinikums Bochum mit. Bei der Mehrzahl der Unfälle handle es sich um Abschürfungen und nicht um Knochenbrüche oder Schlimmeres.

Keine Bilanz der Stadt Bochum zu E-Rollern im Stadtgebiet

Nach rund vier Monaten sind Anbieter, Polizei und Feuerwehr recht positiv gestimmt. Von Seiten der Stadt Bochum gab es auf Anfrage der Redaktion keine Bilanz. Auch die Frage, ob es für die Zukunft Überlegungen gibt, das Abstellen oder das Fahren der Roller in bestimmten Bereichen zu verbieten, konnte die Stadt innerhalb einer Woche nicht beantworten.

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Die Bochumer haben unterschiedliche Meinungen zu den elektronischen Rollern. Während viele verärgert sind, gibt es aber auch positives Feedback: „Ich finde die Idee ganz spannend und möchte demnächst auch mal einen ausprobieren. Die Dinger sind nicht angewurzelt oder fest geschraubt. Wenn sie im Weg stehen, kann man sie anfassen und an die Seite stellen“, meint ein User bei Facebook.

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