Bochum. Die Herbstumfrage der Arbeitgeberverbände in Bochum verheißt nichts Gutes: Das Wort von der Krise macht die Runde.
Nach dem Aufschwung ist vor der Krise. Auf diesen Nenner könnten sich die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen (AGV) bringen lassen. Aber noch will AGV-Hauptgeschäftsführer Dirk W. Erlhöfer nicht von einer Krise reden.
„Momentan würde ich von einer Normalkonjunktur sprechen. Aber wenn alle abgefragten Parameter wie erwartete Geschäfte, Erträge, Umsätze und Aufträge sowie die Beschäftigungsprognose rückläufig sind, können wir keine guten Nachrichten zum Jahresstart verkünden“, so Erlhöfer am Freitag (3.) bei der Vorstellung der Umfragedaten in Bochum. Sein Fazit lautet: „Einem durchwachsenen Jahr 2019 könnte ein echtes Krisen-Jahr 2020 folgen.“ Anzeichen dafür gebe es, der Konjunkturabschwung sei unübersehbar.
Negative Konjunkturaussichten
Vor allem in einer der Leitbranchen der Region, Metall und Elektro (M+E), ziehen offenbar graue Wolken auf. Nach einer kurzen Hochphase im vergangenen Jahr, in der die wirtschaftlichen Daten der Branche anders als sonst sogar besser waren als in allen vom AGV vertretenen Branchen insgesamt, registriert der Verband nun geradezu einen Absturz. Nur fünf Prozent der Unternehmen gehen von besseren Geschäften aus, 30 Prozent befürchten eine schlechtere wirtschaftliche Situation. Insgesamt 70 Prozent der Befragten sprechen für 2020 von negativen Konjunkturaussichten für 2020.
„In der Metall- und Elektrobranche ist im Moment vieles in Bewegung“, so der AGV-Hauptgeschäftsführer. Viele Autohersteller und -zulieferer geraten aufgrund der E-Mobilität unter Veränderungsdruck. Hinzu kommen die Herausforderungen der Digitalisierung, unruhige und zum Teil abgeschottete Märkte sowie ungelöste politische Konflikte. Insgesamt sind etwa 350 von 500 M+E-Unternehmen der Region mit etwa 55.000 Beschäftigten im Verband organisiert.
Anstehende Tarifverhandlungen
Sinkende Umsätze und trübe Konjunkturaussichten dürften die in zwei Monaten anstehenden Tarifverhandlungen erschweren. Schon jetzt kündigt der Verband an, bestenfalls moderate Verbesserungen für die Arbeitnehmer akzeptieren zu wollen. Dirk W. Erlhöfer: „Kostensteigerungen müssen weitgehend vermieden werden. Ich warne ausdrücklich davor, in der jetzigen Situation auch noch mit exorbitanten Tarifforderungen aufzuwarten.“ Den noch gültigen Tarifvertrag hatten Arbeitgeber und Gewerkschaft vor knapp zwei Jahren ausgehandelt.
Auch in den anderen im AGV organisierten Branchen zeigen die meisten relevanten Daten nach unten. Nur zwölf Prozent der befragten Unternehmen gehen von besseren Geschäften aus, rund 27 Prozent stellen sich auf zurückgehende Geschäftszahlen ein. Ein weiteres Drittel geht von gleichbleibend schlechter Geschäftslage aus. Eine Mehrheit von fast 60 Prozent der Befragten malt also ein düsteres Konjunkturbild 2020.
Personalbedarf sinkt
Allein die Daten für Beschäftigung und Ausbildung geben derzeit noch Anlass zum verhaltenen Optimismus. Die Rückgänge in beiden Bereichen sind längst nicht so stark wie etwa bei den Umsätzen, Investitionen und Aussichten. Die Erklärung liegt auf der Hand: „Angesichts des Fachkräftemangels bemühen sich die Unternehmen, ihr Personal zu behalten.“ Stattdessen werde versucht, die Phase der sinkenden Aufträge etwa über Arbeitszeitverkürzung oder Kurzarbeit zu überbrücken. Dennoch: „Nicht nur die großen Industrie- und Energie-Konzerne sehen weniger Personalbedarf. Das gilt auch für viele kleine und mittelständische Unternehmen“, so Erlhöfer.