Bochum. Eine Liebe, auf Herz und Nieren geprüft: Ein Bochumer Ehepaar fand bei einer Organtransplantation zueinander. Das große Glück währt bis heute.

„Ich lass ihn nie wieder los“, sagt Gabi Matena und streichelt zärtlich die Hand ihres Mannes Peter. Ihre Liebesgeschichte, eine der wohl außergewöhnlichsten in Bochum, begann an einem Ort, der unromantischer kaum sein kann: in einem Transplantationszentrum. Umso kräftiger ist das Band, das die Eheleute bis heute verbindet und Weihnachten als Fest der Liebe eine besondere Bedeutung verleiht.

Gabi Matena, geborene Harnacke, hat es nie einfach gehabt. Zwei Ehen scheitern. Mit 27 Jahren wird bei der gelernten Friseurin eine Schrumpfniere diagnostiziert. Die Krankheit prägt ihr Leben. Mit 37 muss sie regelmäßig zur Dialyse. Im Nierenzentrum an der Bergstraße fällt ihr ein Mitpatient ins Auge: Peter Matena, auch er mit einer Schrumpfniere, auch er seit Jahren auf die Dialyse angewiesen.

Zufall führt beide in der Klinik zusammen

Obwohl beide alleinstehend sind, ist die Bekanntschaft zunächst nur flüchtig. „Guten Tag, guten Weg, mehr war nicht“, sagt er. „Dabei habe ich so für seine herrlich blauen Augen geschwärmt“, lacht sie.

Der Zufall führt Gabi und Peter 2010 erneut zusammen. Im Knappschaftskrankenhaus Langendreer wird beiden eine Spenderniere verpflanzt. Unabhängig voneinander. Innerhalb von 14 Tagen. Peter ist zuerst an der Reihe. „Die kenne ich doch!“, staunt er, als er – fast schon wieder auf dem Heimweg – auf dem Flur Gabis Stimme vernimmt. Tatsächlich: Auch Frau Harnacke ist „im Knappes“, wie beide die Klinik nennen.

Ein Blumenstrauß aus Servietten

Was folgt, ist eine Love Story mit gleich zweifachem Happy End. Die Spendernieren funktionieren; die flüchtigen Dialyse-Bekannten nähern sich an. Nun zeigt auch Peter Interesse. Gabi ist dankbar. „Ich war wie das Häschen vor der Schlange, hatte große Angst vor dem Eingriff. Mit Peter konnte ich darüber reden. Das tat unglaublich gut.“

Das Aha-Erlebnis kommt nach der OP. Gabi muss wegen Komplikationen für einige Tage auf die Isolierstation. Pflanzen sind dort streng verboten. Peter faltet ihr aus Servietten einen Blumenstrauß. „Da“, sagt Gabi, „war es endgültig um mich geschehen.“ Die Krankenschwestern tuscheln: „Die sind verliebt.“ Stimmt. Denn auch Peter stellt endlich das Signal auf Grün. „Diesen Zug lasse ich nicht durchfahren“, denkt er. Dabei hatte er „Beziehungen eigentlich schon abgehakt“, hatte geglaubt, ewiger Junggeselle zu bleiben.

2014 heirateten Peter und Gabi Matena in der Dorfkirche Harpen.
2014 heirateten Peter und Gabi Matena in der Dorfkirche Harpen. © Matena

Heirat in der Harpener Dorfkirche

Nix da. Knapp zwei Monate nach ihrer Entlassung aus der Klinik zieht das Paar zusammen. Sie gibt ihre Wohnung in Kaltehardt auf und findet bei ihm daheim an der Augustinusstraße in Harpen ein neues Zuhause. Sechs Monate später sind sie verlobt. 2014 wird in der Harpener Dorfkirche geheiratet. Sie ganz in Weiß. „LOVE LIVES HERE“, prangt auf dem Foto, das über dem Esstisch hängt.

Klinik zählt zur deutschen Spitzengruppe

Das Transplantationszentrum des Knappschaftskrankenhauses Langendreer zählt zur deutschen Spitzengruppe. Jährlich werden hier rund 140 Nieren und Bauchspeicheldrüsen verpflanzt.

Die Transplantationsskandale der jüngsten Vergangenheit haben das Vertrauen in die gerechte Verteilung der Spenderorgane nachhaltig erschüttert. Die Zahlen sind gesunken. Die Wartezeit für eine neue Niere liegt inzwischen bei sechs Jahren. Ein Zeitraum, den viele Dialyse-Patienten nicht überleben.

Das Glück, das in den Momenten größten Leidens erwuchs, es währt bis heute. „Paare, die so etwas gemeinsam erlebt haben, bleiben für immer zusammen. Uns gibt’s nur im Doppelpack“, sagt die 57-Jährige, die bald zum sechsten Mal Großmutter wird. „Da kommt nichts mehr dazwischen“, bekräftigt der Lkw-Fahrer (51), und seine herrlich blauen Augen blitzen.

Paar will anderen Menschen Mut machen

Kürzlich waren die Bochumer im Fernsehen. In der SWR-Talkshow „Nachtcafe“ plauderten sie mit Moderator Michael Steinbrecher über das Thema „Von der Liebe überrascht“. Mut machen möchten sie mit ihrer Geschichte, sagen sie im WAZ-Gespräch. Gerade jetzt zu Weihnachten wollen sie kranken und einsamen Menschen vermitteln, dass auch am dunkelsten Horizont jederzeit ein helles Licht scheinen kann. Dass es immer eine Chance für eine neue Liebe gibt.

Die von Gabi und Peter ist sogar auf Herz und Nieren geprüft.