Bochum. Das Bochumer Musical Starlight Express ist eng mit Großbritannien verknüpft. Umso spürbarer ist die Verunsicherung seit der jüngsten Brexit-Wahl.
Der Starlight Express in Bochum hält trotz Brexit am Engagement britischer Künstler fest. Unter den Darstellern von der Insel gebe es aber vor allem seit der jüngsten Wahl eine „erhebliche Verunsicherung“, sagt Guido Kissenbeck (49) vom Personalbüro des Musical-Theaters.
Die Bochumer Rollschuh-Revue ist eng mit Großbritannien verknüpft. Der Komponist Andrew Lloyd Webber ist ebenso Engländer wie ein Vielzahl der Tänzer und Sänger, die in den vergangenen 31 Jahren am Stadionring auf der Bühne standen. Aktuell haben 35 der mehr als 300 Mitarbeiter einen britischen Pass. Bei den 47 Darstellern sind die Briten schon traditionell in der Mehrheit. Das langjährige Emsemble-Mitglied Marc McFadyen (34), ein Schotte, kennt den Grund: „Im Großraum London gibt es eine Fülle renommierter Tanz- und Musicalschulen. Deshalb ist die Zahl der ausgebildeten und qualitativ hochwertigen Kolleginnen und Kollegen hier deutlich größer als in anderen Ländern.“
Wegfall der Freizügigkeit führt zu mehr Bürokratie
Durchweg negativ, berichtet Guido Kissenbeck, seien die Reaktionen auf den Urnengang in der vergangenen Woche ausgefallen, der Premierminister Boris Johnson und seinen Tories die absolute Mehrheit im Unterhaus bescherte. Der Austritt der Briten aus der Europäischen Union zum 31. Januar 2020 gilt damit als besiegelt.
„Mehr als drei Jahrzehnte haben wir von der Freizügigkeit unter EU-Partnern profitiert. Das wird bald anders. Und das bewegt derzeit das ganze Haus“, schildert Kissenbeck und blickt sorgenvoll drein. Spätestens ab 2021 komme sowohl auf das Theater als auch auf neue britische Mitarbeiter ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand zu. Zusätzliche Kosten ebenso.
Stadt verlangt Aufenthaltstitel
Einen Vorgeschmack liefert ein Schreiben, das die Stadt Bochum bereits im März an die britischen Starlight-Beschäftigten verschickt hatte. Mit Blick auf einen sich abzeichnenden Brexit kündigt das Ausländerbüro an, dass britische Staatsangehörige zukünftig „einen Aufenthaltstitel oder einen anderen Nachweis über ihr Aufenthaltsrecht benötigen“. Im Falle eines harten Brexit müsse dies innerhalb von drei Monaten geschehen.
„Natürlich sorgen derartige Briefe für große Unruhe. Da geht es um Politik und weniger um die Menschen. Gut, dass wir niemanden alleine lassen, sondern alle Kollegen nach Kräften unterstützen“, betont Guido Kissenbeck. „Stimmt“, bestätigt Marc McFayden. „Wer die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrscht und sich rechtlich nicht auskennt, wäre sonst auch total überfordert.“ Seine Konsequenz: Er will alsbald die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen.
„Brexit“ nimmt sich selbst aus dem Rennen
Voraussichtlich noch nach altem Muster erfolgt im Februar 2020 der nächste große Wechsel des Starlight-Ensembles. 30 neue Künstler nehmen das Rollschuhtraining und die Proben auf, um drei Monate später in die Show einzusteigen – voraussichtlich 20 davon aus Großbritannien.
Brexit hin oder her: Die Produktionsgesellschaft Mehr Entertainment setze auch künftig auf die top qualifizierten Briten, wird unterm Sternenhimmel bekräftigt. Ins Abseits soll sich nur der Zug nach Nirgendwo katapultieren, den Andrew Lloyd Webber in böser Voraussicht zum 30. Starlight-Geburtstag 2018 mit in den Starlight-Fuhrpark aufgenommen hat. Er heißt „Brexit“, trägt Schiebermütze auf dem Kopf und Union Jack auf der Brust – und nimmt sich im Laufe der Show selbst aus dem Rennen.