Bochum-Innenstadt. Das Arbeiterviertel Griesenbruch hat sich immer wieder verändert. Der Springerplatz, früher Moltkeplatz, ist nach wie vor sein Mittelpunkt.
Glaubt man Immobilienberatern, hat das Viertel rund um den Springerplatz Potenzial: Der Mix aus Multikulti und Kultur, Wohnen und Büros wertet das ehemalige Arbeiterquartier Griesenbruch zum zukunftsfähigen Hotspot auf. Der Springerplatz bleibt Ankerpunkt des Viertels, der er schon immer war. Allerdings hieß er früher Moltkeplatz, hier war immer viel los.
Heute verweist der exklusive freitägliche „Moltkemarkt“, der sich an dem alten Namen anlehnt, darauf, dass die Fläche zwischen Anna- und Metzstraße einst der größte Marktplatz Bochums war. Er erhielt seinen heutigen Namen 1947 zum Gedenken an Karl Springer, der vor 1933 Stadtverordneter war, und der von den Nazis in den Tod getrieben wurde.
Von großer Anziehungskraft
Alte Fotos zeigen den Platz in seiner ganzen Ausbreitung, bis zur heutigen Bessemerstraße. Das Areal war in den Gründerjahren nach 1870 angelegt worden und besaß spätestens seit der Jahrhundertwende im schon damals dicht besiedelten Griesenbruch große Anziehungskraft. Hier trafen sich die Schützen, die Feuerwehr unterhielt einen Übungsturm, Vieh- und Jahrmärkte wurden abgehalten, und während die Pferde an der Tränke des Platzes waren, suchten – und fanden – ihre Besitzer in den umliegenden Wirtschaften und Vergnügungsetablissements Zerstreuung.
Im „Lied der 1. Kompanie“ verewigt
Wer etwas erleben wollte, kam am Moltkemarkt immer auf seine Kosten. Varieté-Vorführungen, Damenringkämpfe, Hungerkünstler, der „Eisenkönig Breitbart“ und wie sie sich nannten, sorgten in den Bierschwemmen und Lokalen für die nötige Abwechslung. Unvergessen die Zeiten der 50er und 60er Jahre, als sich der Festzug der Maischützen am Maiabend-Tag von hier aus auf nach Harpen machte - „denn die 1. Kompanie, die kommt vom Moltkeplatz!, vom Moltkeplatz. So Kerle, jung und stramm, da ist ja schon was dran!“, wie es in einem gern gesungenen Maiabend-Lied heißt.
Abwechslung war auch nötig, denn der Alltag der Menschen vom „Molkenplatz“, wie der Volksmund den Namen verballhornte, war geprägt von der Maloche auf den Zechen und im Bochumer Verein, weshalb der Griesenbruch auch als „Blaubuxen-Viertel“ bekannt war. Hier lebten fast nur Familien von Arbeitern, deren blaue Buxen – die Arbeitshosen – ein Zeichen von Klassenbewusstsein waren.
Häuser in Schutt und Asche
Entsprechend galt die Gegend um den Moltkeplatz in den 1920/30er Jahren als „rot“ – hier lieferten sich KPD-Aktivisten mit der SA Straßenschlachten, und einmal musste ein NS-Fackelzug umgeleitet werden, weil die Arbeiter den Platz abgesperrt hatten. Mit der Gewalt der Diktatur wurde ab 1933 auch die „Gleichschaltung“ im Griesenbruch erzwungen. Nur zehn Jahr später fielen im Bombenkrieg die meisten Häuser in Schutt und Asche.
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Heute präsentiert sich das historische Viertel nach vielen Sanierungsmaßnahmen aufgefrischt und attraktiv. Zwar gibt es noch Schmuddelecken wie um die aufgelassene St.-Antonius-Kirche, aber der Mix zwischen alt und neu ist auch anregend, zumal für Kreative. So gibt’s sich rund um den Springerplatz von der Adhoc-Garagen-Galerie bis zum Architekturbüro im ehemaligen Bunker viel Abwechslung. Nur die Kneipendichte hat gelitten; allein der Edel-Italiener „Osteria al Vecchio Torchio“ hält noch die Flagge des Gastronomischen hoch.