Wattenscheid. Die Ortskirchen reagieren auf die sinkenden Steuereinnahmen und Gemeindegliederzahlen. Jugendarbeit, Kirchenmusik und Soziales stehen im Fokus.
Jugendarbeit, Kirchenmusik und gesellschaftliche Verantwortung: Das sind die zukünftigen Schwerpunkte des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid. So hat es die Kreissynode, die Vollversammlung der Gemeindevertreter, gerade beschlossen.
Der einstimmigen Verabschiedung der Konzeption ist ein fast zweijähriger Beratungsprozess vorausgegangen. Es galt einerseits, inhaltliche Entscheidungen darüber zu treffen, welche Arbeitsfelder auf kreiskirchlicher Ebene erhalten und unter Umständen sogar noch gestärkt werden sollen. Andererseits mussten Wunsch und Wirklichkeit in Einklang gebracht werden.
Steuereinnahmen sinken
8,5 Prozent der gesamten Kirchensteuereinnahmen stehen jährlich für die kreiskirchlichen Referate zur Verfügung. Im Haushaltsplan 2020 sind das rund 1 Million Euro. Zehn Jahre später, im Jahr 2030, werden es nur noch rund 780.000 Euro sein. Zusätzlich muss von einer Steigerung der Personal- und Sachkosten um rund zwei Prozent pro Jahr ausgegangen werden. Damit wurde deutlich: Es können nicht alle Arbeitsfelder weitergeführt werden. Umso wichtiger war es, inhaltliche Prioritäten für die zukünftige Gestalt des Kirchenkreises zu setzen.
Aus dem bisherigen Industrie- und Sozialpfarramt wird das „Referat für gesellschaftliche Verantwortung“. Nachdem Industrie- und Sozialpfarrer Dieter Heisig schon vor einiger Zeit in den Ruhestand gegangen ist, wird die Pfarrstelle wiederbesetzt. Die kreiskirchliche Jugendarbeit wird deutlich gestärkt durch eine Pfarrstelle. Hier sollen neue Formen evangelischer Jugendarbeit entwickelt und ausprobiert werden.
Gemeinden schrumpfen
Der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid umfasst geografisch das Stadtgebiet Gelsenkirchen und vier Ortsteile in Wattenscheid. Von seinen neun Kirchengemeinden hat die kleinste 2172, die größte 14.952 Gemeindeglieder. Insgesamt sind es 83.649 Gemeindeglieder (Stand 31.12.17), listet das Büro des Superintendenten Heiner Montanus auf.
Die Hälfte der über 80-jährigen in diesem Bereich ist demnach evangelisch. Bei den unter 12-Jährigen sind es unter 20 Prozent. Das bedeutet: In absehbarer Zeit wird die Evangelische Kirche in Wattenscheid und Gelsenkirchen eine Minderheitenreligion sein. Die stetig sinkende Zahl der Gemeindeglieder ist in erster Linie demografisch bedingt: Es sterben mehr Evangelische als geboren und auch getauft werden. Es ziehen mehr Evangelische weg als kommen. Diese beiden Faktoren machen zusammen 84 Prozent der Gemeindegliederverluste aus, Austritte dagegen etwa 16 Prozent.
Das Kreiskantorat gewinnt in Zukunft weiter an Bedeutung, um die musikalische Gestaltung der Gottesdienste sicher zu stellen. Junge Menschen müssen dafür begeistert und ausgebildet werden.
Referate bleiben vorerst
Zusätzlich wurde beschlossen, das Öffentlichkeitsreferat mit einer Vollzeitstelle und einem halben Sekretariat weiterzuführen, wenn die derzeitigen Stelleninhaberinnen Ende 2021 in den Ruhestand gehen. Bleibt die Kirchensteuerentwicklung so wie derzeit prognostiziert, dann müssen in den nächsten drei bis fünf Jahren noch keine der übrigen Referate geschlossen werden.
Kindergärten mit eigenem Etat
Durch die Konzeption ist jetzt aber klar, an welchen Arbeitsfeldern der Kirchenkreis auf jeden Fall festhalten wird. Die 16 evangelischen Kindergärten, davon zwölf in Gelsenkirchen, vier in Wattenscheid, haben einen eigenen Haushalt. Hier werden jährlich zehn Prozent der Kirchensteuereinnahmen eingestellt. Sie sind daher, ebenso wie die Arbeit im Offenen Ganztag an Schulen, von den konzeptionellen Grundentscheidungen nicht betroffen.
Die Kirchenkreis-Konzeption ist derzeit in der Endredaktion und wird demnächst auf den Internetseiten kirchewattenscheid.de und kirchegelsenkirchen.de dargestellt.