Bochum. Bis zu einem Jahr müssen Nichtschwimmer in Bochum auf Kursplätze warten. Gründe sind vor allem schwindende Wasserkapazität und weniger Ausbilder.

Schwindende Wasserkapazitäten und weniger Ausbilder – das Leid der Bochumer Schwimmvereine ist groß. Weil sie viel zu selten in die Bäder können und die Zahl der Trainer sinkt, können viel weniger Kurse angeboten werden als nachgefragt werden. Die Zahlen erschrecken: Bis zu einem Jahr müssen Nichtschwimmer auf Plätze warten. Führen die Vereine Wartelisten, sind diese lang.

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Die DLRG-Ortsgruppen in Bochum bieten rund 100 Plätze für Kinder und 20 für Erwachsene an. Wer sich anmelden möchte, muss aber erst einmal warten: sechs bis neun Monate, teilt Torsten Kelle auf Anfrage mit. Der Bezirksleiter weiß: „Das variiert stark je nach Stadtteil und Wochentag und wird sehr stark durch den ungeplanten Ausfall von Wasserflächen aufgrund von technischen Defekten beeinflusst.“

SV Langendreer bedauert: In Bochum wurden viele Lehrschwimmbecken geschlossen

Hier liegen die Hauptprobleme. Genauso wie bei krankheitsbedingten Ausfällen von Hausmeistern der Schulen, was zu keinem Zutritt zu Lehrschwimmbecken führt, oder zu wenig Ausbildern. Auch späte Wasserzeiten nach 18 oder 19 Uhr würden dazu führen, dass die Wartezeit für Schwimmkurse so lang ist.

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    60 Kinder stehen auf der Warteliste des SV Langendreer 04. „Es dauert rund ein Jahr, bis Nichtschwimmer einen Platz haben“, sagt Kerstin Faust, zuständig für das Anfängerschwimmen. Das liege daran, dass es immer weniger räumliche Möglichkeiten gebe, Kurse anzubieten. „Es wurden viele Lernschwimmbecken geschlossen“, bedauert Faust. In Langendreer bleibt einzig und allein das Becken der Michael-Ende-Grundschule an der Somborner Straße übrig, das eigentlich auch geschlossen werden sollte.

    „Es ist erschreckend, wie viele Fünft- und Sechstklässler nicht schwimmen können“

    Dabei sei es so wichtig, dass in Bochum wieder mehr Kurse angeboten werden können. „Es ist erschreckend, wie viele Fünft- und Sechstklässler nicht schwimmen können“, bedauert Faust. Das sei zum einen gefährlich. Zum anderen grenze es die Schüler aus, zum Beispiel beim Schwimmunterricht. Faust: „Aber auch wenn die Klasse zusammen eine Kanutour macht, kann ein Kind, das nicht schwimmen kann, nicht mitmachen.“

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    Die Kurse des SV Blau-Weiß Bochum sind komplett ausgelastet. „Aus organisatorischen Gründen verzichten wir auf das Führen von Wartelisten. Unsere Kurse für Nichtschwimmer sind in der Regel binnen weniger Tage nach Veröffentlichung ausgebucht. In diesem Zeitraum müssen wir leider auch schon Kinder abweisen“, sagt Schwimmtrainer Stephan Herzog. Dazu kämen wöchentlich etliche Anfragen nach weiteren Kursen.

    Knappe Wasserkapazitäten, zu wenig Personal

    Gründe seien zum einen knappe Wasserkapazitäten, aber beispielsweise auch leerstehende Lehrschwimmbecken an Wochenenden, weil es kein Personal gebe, dass diese öffne. Zudem gebe es immer weniger qualifizierte Übungsleiter. „Die Veränderungen in unserer Gesellschaft führen dazu, dass jüngere Menschen weniger Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten aufbringen können oder wollen“, bedauert Herzog.

    Runder Tisch: „Schwimm mit“

    Beim runden Tisch „Schwimm mit“ des Referats für Sport und Bewegung der Stadt Bochum gab es laut Sportbildungswerk im vergangenen Jahr verschiedene Workshops.

    Dabei waren unter anderem DLRG, Bochumer Schulen, Politiker, die Fachschaft Schwimmen des Stadtsportbundes und das Jugendamt, die über das Thema Nichtschwimmer gesprochen haben.

    Um etwas zu ändern, müsse in Bochum an verschiedenen Stellschrauben angesetzt werden. Die Bädersituation müsse hinterfragt werden, sodass es mehr und bessere Schwimmflächen gebe. Der Trainer lobt, dass die Stadt Anfang 2019 das erste Bochumer Sportforum ausgerufen hat, dass sich mit dem Thema „Nichtschwimmer“ beschäftigt. Die Stadt habe Interesse gezeigt, die Situation zu verbessern. Allerdings, so Herzog: „Es kristallisierte sich auch heraus, dass die Mühlen einer Kommune langsam mahlen. Dadurch verstreicht unnötig Zeit, die wir nicht haben.“

    Eine gute schwimmerische Ausbildung kostet Geld

    Allen Beteiligten – ob Eltern oder Kommunen – müsse klar sein, dass eine gute schwimmerische Ausbildung Geld kostet. „Um einem Kind das Fahrradfahren beizubringen, muss auch erstmal ein solches angeschafft werden. Spielekonsolen, Moped- und Autoführerschein kosten ebenfalls eine Menge Geld. Bei der Ausbildung zu einem sicheren Schwimmer dürfen wir dieses Geld nicht einsparen“, appelliert der Schwimmtrainer.