Bochum. Für seine Wiener Aufführung von „Woyzeck“ wird der Bochumer Theaterleiter ausgezeichnet. Auch Ensemblemitglied Steven Scharf darf sich freuen.

Ein ereignisreiches Wochenende liegt hinter dem Schauspielhaus: Zunächst hielt das viertägige Dive-Festival mit herausfordernder Multimedia-Kunst das Theater mächtig auf Trab – und dann ereilte die Bühne am späten Sonntagabend eine Nachricht, über die es sich wirklich zu freuen lohnt. Im fernen Wien wird Intendant Johan Simons mit dem renommierten Nestroy-Preis geehrt. Er erhält die wichtigste Auszeichnung, die das österreichische Theater zu vergeben hat, für seine Inszenierung von Büchners „Woyzeck“ im Wiener Akademietheater in der Kategorie „Beste Regie“.

Für Simons ist dies bereits der zweite Nestroy-Preis, den der niederländische Theatermacher in seiner langen Karriere bekommt. Den ersten erhielt er 2004 für „Elementarteilchen“ am Schauspielhaus Zürich – doch von Routine fehlt bei ihm jede Spur: Ausgelassen freut er sich über die große Auszeichnung bei der feierlichen Preisverleihung auf der Bühne im Theater an der Wien. „Mein Gott! Das habe ich überhaupt nicht erwartet. Das ist mein zweiter Nestroy! Mein Gott, ist das gut!“ zitiert die Wiener Zeitung den Bochumer Theaterleiter.

Szene aus „Woyzeck“ mit Steven Scharf und Anna Drexler. Im Frühjahr kommt die Inszenierung ins Schauspielhaus.
Szene aus „Woyzeck“ mit Steven Scharf und Anna Drexler. Im Frühjahr kommt die Inszenierung ins Schauspielhaus. © Akademietheater Wien | Reinhard Maximilian Werner

Steven Scharf wird „bester Schauspieler“

Auch Ensemblemitglied Steven Scharf, der gerade als „Judas“ im Schauspielhaus zu sehen ist, hat allen Grund zur Freude: Für seine Verkörperung der Titelfigur des Woyzeck wird der 44-Jährige als „bester Schauspieler“ geehrt. Die Jury bezeichnet seine Darstellung des armen Soldaten als „Theatersternstunde“. „Steven Scharf zählt zweifellos zu den erstklassigen Bühnenkräften des deutschsprachigen Theaters“, heißt es in der Begründung. Scharf erhält den Preis zudem für seine Rolle in „Medea“ am Wiener Burgtheater.

Kritiker loben den Wiener „Woyzeck“

Johan Simons Wiener „Woyzeck“ sorgte bereits bei der Premiere im April für einige Furore. Die Kritiken waren durchweg positiv: Eine „anmutige Mischung aus Neugier und Zerstörungslust“ bestimme den Verlauf des Abend, urteilte etwa die Süddeutsche Zeitung. Die FAZ lobte vor allem das „phantastische Schauspielerpaar Steven Scharf und Anna Drexler“. Auch Drexler, die ebenfalls am Schauspielhaus engagiert ist, war für einen „Nestroy“ als „beste Schauspielerin“ nominiert, ging aber leer aus. Sie spielt im „Woyzeck“ die Rolle der Marie.

Auch Andrea Breth wird mit einem „Nestroy“ geehrt

Der österreichische Theaterpreis „Nestroy“ ist nach dem Wiener Dichter Johann Nepomuk Nestroy (1801-1862) benannt und wird seit dem Jahr 2000 jährlich verliehen. Er ist der Nachfolger der traditionsreichen Kainz-Medaille der Stadt Wien.

Mit einem „Nestroy“ für ihr Lebenswerk geehrt wurde in diesem Jahr die Regisseurin Andrea Breth, an die sich die Bochumer Theatergänger gern erinnern. Während der Intendanz von Frank-Patrick Steckel sorgte sie am Schauspielhaus für manch unvergessene Theaterstunde (u.a. in „Süden“ und „Die Letzten“).

Wann genau die Aufführung nach Bochum kommt, steht leider noch nicht fest. Im Frühjahr, so teilt das Schauspielhaus mit, werde der „Woyzeck“ an der Königsallee zu sehen sein. Ein Grund dafür ist die Schwangerschaftspause von Anna Drexler, die Mitte Oktober Mutter eines kleinen Jungen wurde. Ihr Lebenspartner ist übrigens auch ihr Spielpartner: Steven Scharf ließ am Tag der Geburt eine Vorstellung des „Judas“ ausfallen – aus verständlichen Gründen.

Intendant Simons steckt mitten in Probenarbeiten

Intendant Simons flog mit dem Preis im Gepäck bereits am Montagmittag aus Wien zurück, weil er am Schauspielhaus mitten in den Proben für „Iwanow“ (Premiere: 18. Januar) steckt. Auf seinen „Woyzeck“ dürfen die Bochumer sich freuen, verspricht der Intendant: „Ich habe den Woyzeck jetzt zum dritten Mal inszeniert. Zweimal war es schlecht, weil ich versucht habe, aus Büchners Fragmenten eine Geschichte zu formen“, sagt er. „Mein dritter Woyzeck verstärkt die fragmentarische Struktur und steckt voller Humor, auch dank der großartigen Schauspieler.“