Bochum. Die Bochumer Tafel nimmt keine Weihnachtspakete mehr an. Zu viele Menschen hatten zuletzt dreckige Kleidung und kaputtes Spielzeug abgegeben.

Die Wattenscheider Tafel hat einen Annahmestopp für Weihnachtspäckchen verhängt. Immer wieder hätten Bürger in der Vergangenheit Geschenkpakete mit Uralt-Kleidung oder kaputtem Spielzeug abgegeben, beklagt der Vorsitzende Manfred Baasner. „Dafür muss man sich schämen.“ Deshalb werden in diesem Jahr grundsätzlich keine Päckchen mehr für Bedürftige entgegengenommen. Dass darunter auch Spender mit neuwertigen Präsenten leiden, sei sehr bedauerlich, aber unvermeidbar.

„Wir dachten, wir hören nicht richtig!“, schimpfen WAZ-Leser in Dahlhausen. Seit sechs Jahren unterstützt das Ehepaar (das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will) die Wattenscheider Tafel: das ganze Jahr über mit Lebensmitteln, zu Weihnachten mit Paketen. „Wir machen’s gern. Jedes Kind sollte sich zum Fest unterm Tannenbaum über Geschenke freuen dürfen, auch wenn die Eltern nur wenig Geld haben“, sagen die Eheleute.

60 Pakete im Wert von 350 Euro

Auch diesmal haben sie eifrig eingekauft. 60 Geschenke – 30 für Jungen, 30 für Mädchen – wurden eingepackt. Inhalt: Malblöcke und -stifte, kleine Puzzles, Handtaschen, Bücher und Süßigkeiten. „Alles neu im Discounter erworben, preiswert, aber qualitativ absolut in Ordnung“, betonen die Dahlhauser.

In dieser Woche wollten sie die Gaben in der Tafel-Zentrale an der Laubenstraße in Wattenscheid abgeben. „Wir baten telefonisch um einen Termin. Doch uns wurde mitgeteilt, dass unsere Päckchen nicht mehr erwünscht sind. Eltern hätten sich über die Qualität der Geschenke beschwert. Sie seien angeblich minderwertig und zu billig. Darüber sei man zwar selbst sehr traurig, könne aber nichts machen.“

Auch Handtaschen zählen zu den Präsenten, mit denen das Dahlhauser Ehepaar die Kinder beglücken wollte. Die Wattenscheider Tafel lehnte die Päckchen ab.
Auch Handtaschen zählen zu den Präsenten, mit denen das Dahlhauser Ehepaar die Kinder beglücken wollte. Die Wattenscheider Tafel lehnte die Päckchen ab. © FG

„Den Kram könnt ihr behalten!“

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Tafel-Chef Manfred Baasner bestätigt auf WAZ-Anfrage: „Es gibt in der Tat einen Beschluss, 2019 keine Weihnachtspakete mehr anzunehmen. Das wollen und schaffen wir nicht mehr.“ Es sei „unfassbar“, was in den vergangenen Jahren in vielen der bis zu 8000 abgelieferten Pakete zum Vorschein gekommen sei. Uralte und verschmutzte Kleidung, ausgetretene Schuhe, Spielzeugautos ohne Räder: „Da wurde reingepackt, was sonst wohl auf dem Müll gelandet wäre“, so Baasner.

Beschämend sei es gewesen, wenn Hilfsbedürftige die Päckchen vor Ort öffneten. „Die haben uns die Sachen vor die Füße geschmissen und gerufen: ,Den Kram könnt ihr behalten!’“ Eine vorherige Kontrolle habe es nicht gegeben. Baasner: „Wir haben vorher nicht reingeguckt, anschließend aber bitterböse Anrufe erhalten. Zehn Mitarbeiter waren derart frustriert, dass sie daraufhin ihre ehrenamtliche Arbeit beendeten. Nur fünf konnten wir wiedergewinnen.“

Hospizdienst nimmt die Päckchen gerne an

Der Annahmestopp „tut weh“, sei aber unausweichlich, bekräftigt Baasner. „Denn wir kriegen auf die Nase, nicht die Leute, die ihre Abfälle bei uns entsorgen.“ Die Gefahr sei groß, dass durch den ständigen Ärger noch mehr Personal verloren gehe – und das bei steigendem Bedarf für das Kerngeschäft: die Lebensmittelausgabe an wöchentlich bis zu 16.000 Bürger.

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Das Ehepaar in Dahlhausen hat inzwischen einen anderen, dankbaren Empfänger gefunden: „Das Kinderhospiz in Gelsenkirchen freut sich riesig über unsere 60 Päckchen. Die Mitarbeiter kommen in Kürze sogar zu uns und holen die Geschenke ab.“

Derweil hatte der Dachverband der deutschen Tafeln staatliche Unterstützung für die Verteilung von gespendeten Lebensmitteln an Bedürftige gefordert. „Schon heute mangelt es uns nicht an Lebensmittelspenden“, sagte Jochen Brühl, Vorsitzender des Vereins Die Tafel Deutschland, unserer Redaktion. „Vor allem große Mengen von Produzenten müssen wir mitunter ablehnen, weil unsere Infrastruktur dem nicht gewachsen ist“, beklagte Brühl. Bevor man über ein Gesetz diskutiere, das Lebensmittelhändler verpflichtet, ihre Überschüsse zu spenden, sei deshalb finanzielle Unterstützung vom Staat für die Rettung und Verteilung von Lebensmitteln nötig.